Ein Redakteur hat den WDR wegen Nichtbeschäftigung verklagt. Bei einem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht zeigt sich: Die Fronten sind verhärtet.
Gütetermin im Arbeitsgericht„Der WDR stiehlt mir die letzten Jahre meines Berufslebens“
Vermutlich hatte niemand der Beteiligten erwartet, dass dieser Gütetermin mit einer gütlichen Einigung enden würde. Am Mittwochmorgen trafen sich der Klimaexperte Jürgen Döschner und sein Arbeitgeber, der öffentlich-rechtliche WDR, zum ersten Mal vor dem Kölner Arbeitsgericht.
Döschner verklagt den WDR auf 75 000 Euro Schadensersatz wegen einer „schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts“. Er wirft dem Sender vor, ihn in den vergangenen drei Jahren systematisch nicht beschäftigt zu haben. Er arbeite im Monat nur maximal fünf Stunden. Und das bei einem Jahresgehalt von rund 100 000 Euro. Döschners Anwalt Jasper Prigge sprach von einem „drastischen Abfall von Arbeitszeit“.
Er sei von einem programmprägenden Mitarbeiter zu jemandem gemacht worden, der gelegentlich zu sehen oder zu hören sei, sagte Döschner. „Das ist kaltstellen“. Er sprach von einer „bewussten und gezielten Nichtbeschäftigung“. Und das in einer Zeit, in der seine Expertise als Klimaexperte und ehemaliger Russlandkorrespondent in der Berichterstattung über den Ukrainekrieg dem WDR geholfen hätte. „Ich habe meinen Beruf immer als Dienst an der Gesellschaft verstanden.“ Ihn über diesen Konflikt nicht berichten zu lassen, sei eine ungeheuerliche Entscheidung des WDR und schmerze ihn sehr. „Der WDR stiehlt mir die letzten Jahre meines Berufslebens.“
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Der WDR widersprach dieser Darstellung. Joachim Ebhardt aus dem Justiziariat des Senders sagte, man habe nach Auflösung der Investigativ-Redaktion, in der Döschner bis dahin arbeitete, in „unzähligen Gesprächen“ versucht, eine gute Lösung für beide Seiten über die künftige Beschäftigung zu finden. Auch Arbeitsrechtler Herbert Hetzfeld von der Kanzlei Küttner, der neben Ebhardt für den Beklagten erschienen war, sprach von zahlreichen Bemühungen vonseiten des WDR, zu einer „gedeihlichen Zusammenarbeit“ zu kommen.
WDR sieht keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Döschners Persönlichkeitsrecht sei nicht verletzt worden, sagte Hetzfeldt. Es sei zudem falsch, dass der Kläger der Versetzung zu der WDR-Welle Cosmo nicht zugestimmt habe. Döschner hingegen betonte, dies sei nur „unter Vorbehalt geschehen“. Er habe alle Möglichkeiten ausgeschöpft, im WDR eine Lösung herbeizuführen. Er müsse auch der Aussage widersprechen, es habe unzählige Gespräche gegeben. „Die kann ich an einer Hand abzählen“. Er habe vielmehr oft um Gespräche gebeten, die nicht zustande gekommen seien.
Richter Ralph Heiden sprach von einem „interessanten Verfahren“. Eine Beurteilung der Frage, welche Inhalte der WDR behandeln müsse, sei jedoch nicht Aufgabe des Gerichts. „Wir werden nicht darüber entscheiden, was der Rundfunk zu senden hat.“ Das sei im Binnenverhältnis zu klären. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts liege nur vor, wenn etwa ein Arbeitnehmer gemobbt werde oder ein Arbeitsplatz nicht mehr zur Verfügung stehe, so Heiden.
„Gibt es Ansprüche darauf, dass bestimmte redaktionelle Inhalte gesendet werden? Wahrscheinlich nicht.“ Döschner könne im Zweifel nicht verlangen, dass der WDR ihn beschäftige, wo er eingesetzt werden wolle. Daraufhin betonte Döschner, es gehe nicht um einzelne Beiträge: „Ich beklage, dass ich die letzten drei Jahre nicht beschäftigt wurde.“ Richter Heiden stellte ein moderiertes Trennungsverfahren als Option in den Raum und zielte besonders auf die Frage ab, wie Jürgen Döschner sich sein Arbeitsverhältnis bis zu seinem Renteneintritt im Mai des kommenden Jahres vorstelle. „Es geht nicht darum, was war.“ Eine Freistellung etwa sei ein klassisches Vereinbarungsziel.
Doch das sahen sowohl die Vertreter des WDR als auch Döschner und sein Anwalt anders. Und so werden sich die beiden Parteien am 15. März bei einem Kammertermin wiedersehen. Dann geht der Fall in eine neue , entscheidende Runde.
Der WDR-Rundfunkrat hat in seiner Dezember-Sitzung dem Haushalt des WDR für das kommende Jahr und der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2022 bis 2026 zugestimmt. Im Betriebshaushalt für 2023 stehen laut einer Mitteilung des Gremiums Erträgen von rund 1,53 Milliarden Euro Aufwendungen von rund 1,59 Milliarden Euro gegenüber. Nach Abzug rein kalkulatorischer Positionen (zum Bespiel Abschreibungen) verbleibe ein Minus von 48,3 Mio. Euro, das der Ausgleichsrücklage entnommen werde.
Der WDR teilte mit, er halte trotz massiver Preissteigerungen an seinen Sparbeschlüssen fest. Der WDR treibe außerdem den Ausbau im Digitalen voran. Um Mittel fürs Digitale bereitzustellen, würden Ressourcen aus dem Linearen umgeschichtet. (ksta)