KHM OpenKölner Kunststudenten zeigen, was sie wütend macht
Köln – In den Pendelzügen, die täglich Millionen Menschen durch die indische Metropole Mumbai transportieren, reisen die Geschlechter strikt getrennt. Es gibt Abteile für Frauen und für Männer, aber genau genommen müsste es heißen, dass es in den heillos überfüllten Zügen Schutzräume für Frauen gibt.
Für ihren Film „Ladies only“ ist die Kölner Regisseurin Rebana Liz John gemeinsam mit einer Kamera- und einer Tonfrau in diese für Frauen reservierten Abteile gestiegen, um einzelne Mitreisende zu fragen, was sie in ihrem Leben wütend macht. Die Frauen reagieren eher amüsiert, nehmen dann aber kein Blatt vor den Mund, wobei ihre Berichte aus dem patriarchalischen Indien wenige Zuschauer überraschen dürften. Man staunt eher darüber, wie vergnügt sich einige der Befragten in ihr wortreich beklagtes Schicksal zu fügen scheinen.
In „Ladies only“ lässt Rebana Liz John indische Frauen erzählen
Vielleicht macht aber gerade das die Qualität von „Ladies only“ aus. Rebana Liz John hat Antworten, die einer westliche Perspektive auf unterdrückte Frauen zuwiderlaufen, nicht aus dem Film verbannt, sondern als Teil eines weiten, in sich widersprüchlichen Gesellschaftspanoramas inszeniert. Es ist ein demokratischer, nicht verurteilender Blick auf eine ferne Welt, der durch die alles gleichmachende Schwarz-Weiß-Fotografie noch unterstrichen wird
„Ladies only“ ist eine Produktion der Kölner Kunsthochschule für Medien (KHM) und läuft im Filmprogramm der KHM Open, also der Leistungsschau, in der Absolventen ihre Diplomarbeiten präsentieren können. Im Vergleich zu den KHM-Rundgängen früherer Jahre sind die „Open“ ein eher spärlich dekoriertes Schaufenster – aber nach zwei Corona-Jahren ist die Hochschule schon froh, ihren Studenten überhaupt ein solches anbieten zu können.
Das Filmprogramm der KHM Open wird in diesem Jahr in der Hochschulaula und im Filmforum im Museum Ludwig gezeigt, die bildende Kunst findet sich wie gewohnt über den gesamten Campus verteilt. Allerdings hält sich an der KHM ohnehin niemand strikt an Gattungsgrenzen; auch in den Ausstellungen am innerstädtischen Filzengraben sind Film und Videos prominent vertreten.
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So könnte Hannah Nohs Experimentalfilm „An Uncontacted Tribe“ auch im Kinoprogramm laufen, wird aber von Noh als Teil einer Installation gezeigt. Im Film geht es um die demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea, die, als menschliches Niemandsland, nicht nur zur Heimat scheuer Tiere, sondern in Nohs Augen offenbar zu einem mythischen Sehnsuchtsort geworden ist. Dieses Nirwana erkundet sie in einer digitalen Animation, deren poetische Motivwelt im Projektionsraum auf reich verzierten Papierbahnen wiederkehrt.
Johann Husser geht es hingegen um das Grenzland zwischen architektonischen Wunschwelten, wie man sie etwa auf Visualisierungen von Bauprojekten findet, und der urbanen Wirklichkeit. Die Bilder ordentlich gerenderter Bürgerwelten mit überwiegend weißen Bewohnern setzt er auf digitalen Drucken neu zusammen, und zwar so, dass sie einem in ihrer Künstlichkeit eher unheimlich als erstrebenswert vorkommen.
Max Dauven widmet sich der der Meme-Kultur
Auch bei Max Dauven finden sich Spuren der digitalen Welt in aufwendig produzierten Fotoarbeiten. Für seine Werkreihe „Assuming Control“ baute er berühmte Internet-Bildwitze für Eingeweihte (Memes) physisch nach, um sie im Studio neu zu arrangieren und so auch für Kunsthistoriker lesbar zu machen. Wer in der Meme-Kultur nicht zu Hause ist, steht trotzdem ziemlich ratlos vor den bunten Inkjet-Prints. Aber vielleicht ist das ja genau der springende Punkt.
Gemälde und Skulpturen haben in der KHM Seltenheitswert, aber man findet sie. Rimma Arslanov malt Vorhänge in verschiedenen Hauttönen und mit kleinen Verletzungen, Hye Young Sin ließ sich vom Urban-Gardening-Trend zu Skulpturen aus Hacken oder Kartoffelhäuflern inspirieren. In einem gelb erleuchteten Gewächshaus sieht man einen krabbenartigen Roboter patrouillieren; die Zukunft der Selbstversorgung liegt in maschineller Hand.
Immerhin krabbelt bei ihr noch was – Katharina Mönkemöller nimmt in ihrer Installation zur „ökologischen Trauerarbeit“ den Tod bedrohter Tierarten vorweg. Aus Tierhaaren klöppelte sie kleine Gebilde, die sie auf Säulen drapiert und mit Scheinwerfern aus der Dunkelheit schält. Mönkemöller entschied sich bewusst für eine ebenfalls vom Aussterben bedrohte Handwerkstechnik – wie um zu zeigen, dass mit jeder Tierart auch ein Teil des menschlichen Kulturraums stirbt.
KHM Open, Campus am Filzengraben, täglich 14-20 Uhr, bis 17. Juli. Eintritt frei.