Der britische Puffin Verlag will wertende Wörter aus den Kinderbuchklassikern von Roald Dahl („Matilda“, „Charlie und die Schokoladenfabrik“) entfernen. Dabei geht es um viel Geld.
Kinderbuchautor Roald Dahl zensiertNein, mit Cancel-Kultur hat das nichts zu tun
Bevor wir die Debatte um die Streichung des N-Wortes in den Pippi-Langstrumpf-Büchern, oder die rassistischen Stereotypen in den „Winnetou“-Romanen wiederholen, sollten wir klarstellen: Wenn der britische Puffin Verlag in den Kinderbüchern von Roald Dahl potenziell verletzende Wörter wie „fett“ oder „hässlich“ streicht, ist das kein Fall von linker Cancel-Kultur.
Sondern eine unternehmerische Entscheidung. Es geht nämlich um sehr viel Geld. Vor anderthalb Jahren hat Netflix die Roald Dahl Story Company, Rechteinhaberin der Werke des Autors, für rund 570 Millionen Euro erworben.
Die Millennials sollen für ihre Kinder „Matilda“ kaufen
Jetzt geht es darum, die zwar bekannten, aber längst nicht mehr dem Zeitgeist entsprechenden Bücher Dahls einem neuen Publikum schmackhaft zu machen: Die Millennials sollen „Matilda“ oder „Charlie und die Schokoladenfabrik“ für ihre Kinder kaufen. Obwohl ihre Werte dem oft gehässigem Humor Dahls diametral entgegenstehen.
Salman Rushdie hat inhaltlich völlig recht, wenn er die Änderungen als „absurde Zensur“ bezeichnet, sie zeugen von moralisierender Pingeligkeit und mangelndem Sprachgefühl. Rushdies Intervention ist umso großherziger, als Dahl 1989 Verständnis für Ajatollah Khomeinis Todesurteil gegen den Autor zeigte und Rushdie einen „gefährlichen Opportunisten“ nannte.
Dabei war Opportunismus dem Kinderbuchautor keineswegs fremd: Ende der 60er stimmte er selbst Änderungen in seinen Büchern zu – die Umpa-Lumpas hatte er ursprünglich als Pygmäen beschrieben, die Willy Wonka aus dem „tiefsten und dunkelsten Dschungel Afrikas“ gelockt hatte, um sie in seiner Schokoladenfabrik zu versklaven.
Da liegt der wahre Sprengstoff vergraben – und in Roald Dahls notorischen Antisemitismus: „Sogar ein Taugenichts wie Hitler hackte nicht ohne Grund auf ihnen herum“, mutmaßte er 1982 über „die“ Juden. Hat das niemand Netflix erzählt?