Hetze gegen HomosexuelleKatholischer Priester erhält Strafbefehl
Köln – Das Amtsgericht Köln hat einen Strafbefehl über 4800 Euro wegen Volksverhetzung gegen einen Artikel des polnischen Theologen und Philosophen Dariusz Oko in der rechtskatholischen Monatszeitschrift „Theologisches“ erlassen, die in Köln erscheint.
In einem weiteren Verfahren erging ein Strafbefehl auch gegen den verantwortlichen Redakteur des Blatts, den in Köln ansässigen Professor Johannes Stöhr. Er wirkt in der Opus-Dei-Pfarrei Sankt Pantaleon als Hilfsseelsorger.
Der 1960 geborene Oko, Priester des Erzbistums Krakau und Inhaber des Lehrstuhls für „Kognitive Philosophie an der dortigen Päpstlichen Universität „Johannes Paul II.“, hatte in der Januar/Februar-Ausgabe von „Theologisches“ im ersten Teil eines Aufsatzes unter dem Titel „Über die Notwendigkeit, homosexuelle Cliquen in der Kirche zu begrenzen“ Homosexuelle in der katholischen Kirche als „Plage“ und „Kolonie von Parasiten“ bezeichnet.
Sie wollten „auf einem niedrigeren Niveau, auf Materiellem und Sinnlichem stehen bleiben“, sie wollten „Luxus, Herrschaft, Macht und Karriere und oft auch ständige Ausschweifungen“. Wegen solcher Charakteristika, die sie von heterosexuellen Männern grundsätzlich unterschieden, dürften Homosexuelle nicht zur Priesterweihe zugelassen werden, argumentierte Oko.
Rechte Homosexueller Teil einer „Homo-Häresie“
Den Einsatz für die Rechte homosexueller Menschen bezeichnet Oko als „Homo-Ideologie“ und „Homo-Häresie“.
Weiter behauptet Oko, dass etwa 20 Prozent aller homosexuellen Männer eine „ephebophile oder päderastische Vorliebe“ hätten, was „eine ihrer typischen Störungen“ sei. Sexuelle Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche würden von homosexuellen Männern häufiger begangen als von heterosexuellen.
„Krebsgeschwür“ und „Metastasen“
Schwule Priester bezeichnet Oko „Krebsmetastasen“ und ein "Krebsgeschwür" für die katholische Kirche. Sie verführten andere Männer gegen ihren Willen oder vergewaltigten sie sogar. Indem homosexuelle Priester „ohne jeglichen Skrupel Positionen“ einnähmen, „die von weitaus besseren Geistlichen als sie eingenommen werden sollten", seien sie "der Mafia sehr ähnlich". Eine auch als „Lavendelmafia“ bezeichnete „Homoclique“ beherrsche die Kirche „wie die Cosa Nostra Sizilien, die Ndrangheta Kalabrien und die Camorra Kampanien“.
Der Münchner Priester Wolfgang Rothe (hier geht es zu Rothes Twitter-Account) und die katholische Basisbewegung „Wir sind Kirche“ hatten gegen Okos Beitrag und dessen Verbreitung Anzeige erstattet. Der auf Antrag der Kölner Staatsanwaltschaft erlassene Strafbefehl gegen Oko vom 5. Juli (Az 535 Cs 127/21) bezieht sich auf Paragraf 130 des Strafgesetzbesuchs. Oko habe mit seinem Beitrag „gegen einen Teil der Bevölkerung zum Hass aufgestachelt sowie die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen zu haben, dass Sie Teile der Bevölkerung beschimpften und böswillig verächtlich machten".
Einspruch eingelegt
Der Strafbefehl ist noch nicht rechtskräftig. Die Betroffenen hätten Einspruch eingelegt, sagte Gerichtssprecherin Maika Czerny auf Anfrage. Nächster Schritt sei eine Hauptverhandlung. Hier stellt der Strafbefehl dann die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft dar. Rothe sagte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, er sei sehr froh, „dass wir in Deutschland eine unabhängige Justiz haben, die konsequent gegen Hass und Hetze vorgeht“.
In der polnischen Öffentlichkeit rief der Vorgang ein starkes Echo hervor. Unter anderem berichtete die Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ (hier der Beitrag auf Polnisch).
Vize-Justizminister meldet sich zu Wort
Auch die konservative PiS-Regierung schaltete sich ein. Wie das Internetportal „katholisch.de“ (hier geht es zur Homepage) berichtet, schrieb Vize-Justizminister Marcin Romanowski auf Twitter, die deutsche Justiz habe die akademische Freiheit mit Füßen getreten und gezeigt, dass sie Täter mehr schütze als Opfer. Oko habe lediglich die Machenschaften einer Gruppe von Vergewaltigern dargestellt.
Katholisch.de zitierte auch eine empörte Reaktion Okos im polnischen Fernsehsender „TVP Info“ auf die Entscheidung des Kölner Gerichts: Die Deutschen wollten ihn ins Gefängnis stecken, obwohl seine Großeltern Juden vor den Nazis gerettet und dafür ihr Leben riskiert hätten. Er sei ähnlich entschlossen, die Kirche vor „Homocliquen“ zu retten.
Petition gegen „Zensur des Wortes“
Eine polnische Unterstützer-Webseite mit einer Petition zur Verteidigung Okos und gegen eine „Zensur des Wortes“ ist auch in deutscher Übersetzung zugänglich. Dort ist auch Okos Artikel in voller Länge zu lesen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Der Herausgeber von „Theologisches“, Manfred Hauke, verteidigte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Veröffentlichung von Okos Artikel. Schon der Titel zeige, dass er nicht gegen Homosexuelle generell gerichtet sei, „konkret gegen eine Clique, eine Lobby, die nicht vor kriminellen Methoden zurückschreckt“. Der Einspruch gegen den Strafbefehl sei berechtigt. Dass der deutsche Staat sexuellen Missbrauch bekämpfen wolle „und gleichzeitig kriminelle Lobbys verteidigt, scheint mir nicht logisch konsistent.“ Hauke brachte seine Hoffnung auf einen Freispruch für Oko und Stöhr zum Ausdruck.
Die 1970 gegründete Zeitschrift "Theologisches" wurde in den Jahren 2003 und 2010 von David Berger herausgeben, bis dieser sich in einem Beitrag für die „Frankfurter Rundschau“ als schwul outete.