Klaas Heufer-Umlauf über seine Rolle in „Der Schwarm“, Klimaproteste und Unterhaltung mit Haltung.
Klaas Heufer-Umlauf im Interview„Tomatensuppe schmeißen finde ich sehr witzig“
Herr Heufer-Umlauf, in Ihrer ProSieben-Show „Das Duell um die Welt“ haben Sie schon das ein oder andere zum Teil auch brenzlige Abenteurer auf und im Meer erlebt. War diese Rolle in „Der Schwarm“ als Tauchrobotik-Experte da eher Traum oder Alptraum?
Klaas Heufer-Umlauf: Ich wollte eigentlich nicht mehr in die Nähe von U-Booten gehen, weil ich schon mal in einem abgesoffen bin. Das Problem beim „Duell um die Welt“ ist immer, wenn wir etwas machen wollen, egal, ob es darum geht, einen Ring in den Vulkan zu werfen oder mit einem U-Boot zu tauchen, müssen wir es wirklich machen. Man muss nah ran an den Vulkan oder eben in diesem Fall tief rein ins Wasser. Bei einer fiktionalen Serie ist das zum Glück anders. Dank Unterstützung aus dem Computer kann man trotzdem 4000 Meter tief tauchen, aber eben ganz entspannt in Italien im Studio. Das hat meine Berührungsängste dann doch sehr schwinden lassen.
Sie haben über die Rolle gesagt, es habe sich ein wenig angefühlt, als hätten Sie sie in der „Hörzu“ gewonnen. Das ist natürlich übertrieben, aber es gab in der Tat sehr viel erfahrenere Schauspieler am Set. Wie sind Sie an die Produktion herangegangen?
Mit kompletter Ehrfurcht. Aber genau das hat es ja so spannend gemacht. Ich habe mir erstmal alles mit großen Augen angeschaut. Und dann wollte ich zumindest ein Wild-Card-Gewinner sein, der nicht rumnervt. Die vielen erfahrenen Schauspieler haben den Rahmen gesetzt, der es mir möglich machte, mich zurechtzufinden.
Eine Ihrer Stärken als Moderator ist sicher Schlagfertigkeit. Genau die hilft Ihnen beim Schauspiel aber eher nicht weiter.
Für mich ist genau das daran reizvoll. Ich moderiere ja weiterhin. Es ist nicht so, dass ich das eine gegen das andere eintausche. Aber etwas Großes zu schaffen, das auch länger dasteht, hat man beim Fernsehen eher nicht. Bei einer Serie und einem Film macht man etwas mit einem Anfang und einem Ende. Dann ist es in der Welt, und man kann es sich anschauen. Auch die Planbarkeit, genau zu wissen, wann man welchen Satz sagt, finde ich schön, weil ich das nicht kenne. Ich darf mich ausprobieren. Mir macht das einfach Spaß.
Ich habe den Roman kurz nach seinem Erscheinen gelesen und beim Anschauen der Serie gemerkt, wie sehr sich mein Bewusstsein für diese Umweltthemen gewandelt hat. Ging Ihnen das ähnlich?
Ja, mir ging das ähnlich. Heute setzte ich das in ein ganz anderes Verhältnis als vor knapp 20 Jahren. Aber auch die Gesellschaft hat sich verändert. Man weiß nicht nur durch die immer weiter voranschreitende Klimakrise, sondern auch durch die Pandemie, was es bedeutet, wenn die Welt aus- und wieder eingeschaltet wird. Das hielt man doch früher nicht für möglich. Die Berichterstattung wirkte wie eine Montage aus einem Katastrophenfilm, in dem im Epilog erzählt wird, was alles kaputt gegangen ist.
Können Sie vor diesem Hintergrund etwa die Aktivisten der Letzten Generation verstehen? Ist es richtig, Tomatensuppe auf Gemälde zu werfen oder sich irgendwo auf der Straße festzukleben?
Tomatensuppe schmeißen finde ich sehr witzig, ehrlich gesagt. Protest funktioniert ja, wenn man mal grundsätzlich darüber nachdenkt, nur, wenn er eben nicht allen gefällt. Sonst ist es kein Protest. Er muss unbequem sein, alles andere ist vielleicht eine Kunstinstallation, die nicht viel bringt. Wenn man Aufmerksamkeit will, muss es rütteln. Insofern finde ich das effektiv.
Und wie gehen Sie mit der Frage um, ob man selbst genug tut, um das Klima zu schützen. Ist es etwa noch zeitgemäß für eine Unterhaltungsshow um die Welt zu fliegen?
Man muss genau diese Diskussion führen und sich fragen, in welchem Rahmen das stattfindet. Absolut. Ich kann nicht sagen, wo wir am Ende dieser Diskussion landen werden. Es gibt immer Verbesserungspotenzial. Deshalb würde ich mich auch nie auf eine Bühne stellen und sagen, bitte orientieren Sie sich an mir, was klimagerechtes Privatleben angeht. Dass da noch viel Luft nach oben ist, ist klar. Da weiß ich auch, an welchen Stellen ich eher ins Zwiegespräch mit mir selbst gehen muss, als laut irgendwo herumzupoltern.
Klaas Heufer-Umlauf (39) wurde an der Seite von Joko Winterscheidt als Moderator bekannt. Er singt, hat eine Late-Night-Show bei Pro Sieben und spielt eine Rolle in der ZDF-Serie „Der Schwarm“. Das ZDF zeigt die Serie im Free-TV ab Montag (20.15 Uhr) an vier Abenden in Doppelfolgen. Am Montag stellt Heufer-Umlauf bei der lit.Cologne die Bücher seines Lebens vor.
Dennoch stellt sich die Frage, wie viel Haltung Unterhaltung heute haben muss?
Ich glaube, es gibt genug Möglichkeiten, um seinen Eskapismus auszuleben, auch in allen Unterhaltungsangeboten. Aber es gibt eben auch einige Formate, die das miteinander vermengen, in die die Gegenwart Einzug hält. Und ich finde wichtig, dass man weiß, was passiert. Aber „Der Schwarm“ ist da das beste Beispiel. Man kann das gucken wie eine unterhaltsame Serie, wenn man will. Das funktioniert. Und jeder, der einen höheren Referenzrahmen für sich drum herumsetzt, weil er die Welt mit analytischeren Augen ansieht, wird Parallelen sehen.
Sie und Ihr Kollege Joko Winterscheidt positionieren sich in den vergangenen Jahren deutlich stärker politisch als früher. Warum ist Ihnen das wichtig?
Natürlich geht es immer noch um den eigentlichen Job, den man macht. Den darf man auch nicht vergessen oder falsch gewichten. Aber mit gewonnener Aufmerksamkeit sollte man auch etwas machen. Das ist aber meine persönliche Ansicht und meine eigene Entscheidung. Ich will daraus keine allgemeingültige Regel für andere Prominente ableiten. Aber für mich ist das der richtige Weg.
Wann hat sich das verändert? Früher waren Sie vor allem dafür bekannt, einen Kindergeburtstag für Erwachsene zu feiern. Heute machen Sie etwa in den gegen Pro Sieben gewonnen 15 Minuten Sendezeit auf die Lage von Geflüchteten oder auf Frauenfeindlichkeit aufmerksam. Und Sie haben Ihren Instagram-Account an iranische Aktivistinnen verschenkt.
Man sollte das auch nicht überbewerten. Wir machen immer noch super viel dummes Zeug. Und daran wird es auch in Zukunft nicht mangeln. Wir haben ja diese Aufmerksamkeit erlangt und mussten uns ihrer erstmal bewusstwerden. Dann gab es 2015 die große Fluchtbewegung nach Deutschland, aus nachvollziehbaren Gründen. Dazu wollte ich mich verhalten. Weil ja auch in den immer stärker werdenden sozialen Medien, zu denen man auch eine Haltung entwickeln muss, viel los war. Selbst auf unseren Plattformen kamen Kommentare, die ich nicht unterschreiben würde.
Warum wollten Sie darauf reagieren?
Wir machen eine Unterhaltungssendung, aber mir war klar, dass ich keinen Bock habe, sie für solche Leute zu machen. Und ich will, dass die das wissen. Ich will nicht, dass sie sich mit mir identifizieren und meine Sachen witzig finden, während sie auf einer Demo „Absaufen!“ schreien. Die sollen sich mir nicht nah fühlen. Und wenn sie das doch tun, sollen sie zumindest mal den Rat annehmen, ihre Meinung zu überdenken. Das ist eine sehr direkte Verantwortung, die ich wahrnehmen wollte. Ich vergesse trotzdem nicht, was mein Job ist.
Aber irgendwer muss es ja machen?
Ich würde mir wünschen, dass Typen wie ich so was nicht machen müssten. Aber wenn man das Gefühl hat, es gibt zu viele, die man überzeugen muss, müssen eben alle ran. Solange wir uns in der Öffentlichkeit mit diesen Parolen auseinandersetzen müssen, muss es auch Leute geben, die sich die Zeit nehmen und diese entkräften. Ja, das ist immer nervig, weil eine Parole schnell gesagt ist und die Entkräftung viel länger dauert und voraussetzt, dass man es wirklich verstanden hat. Eine Einordnung ist eben oft komplizierter, aber sie ist die Wahrheit. Diese Deutungshoheit zu haben, ist mir wichtig.
Und bei all dem Hass im Netz verspüren Sie nie den Impuls, sich zurückziehen und das zu ignorieren?
Das mach ich auch. Ich fange ja keine Diskussionen bei Twitter an, das macht auch überhaupt keinen Sinn. Ich lasse mich nicht darauf ein, mit irgendwelchen Trolls zu diskutieren. Ich will auch niemanden bekehren, der das nicht hören will. Es geht um Leute, die Orientierung suchen und vielleicht niemanden haben. Ich hatte immer das Glück, dass ich Freunde hatte, die mir Antworten gegeben haben. Andere haben das nicht und stehen allein da, wenn man im einzigen Jugendzentrum der Stadt nicht dem Stärksten und meistens auch Dümmsten hinterherläuft. Die brauchen jemanden, eine Identifikationsfigur. Und mittlerweile gibt es eben Möglichkeiten, sich verfügbar zu machen. Vielleicht nicht durch persönliche Ansprechbarkeit, aber zumindest durch Präsenz, eine klare Haltung und eine nachvollziehbare Positionierung zu gewissen Themen, die uns alle betreffen.
Und was sagen Sie zu dem Vorwurf, das sei doch „Gratismut“, wenn man sich hier im sicheren Deutschland etwa zu den Iran-Protesten äußert?
Damit bedient man ein rechtes Narrativ. Es gibt Situationen, in denen geht es um Aufmerksamkeit. Es geht nicht darum, das eigenen Tun mit dem Aktivismus im Iran gleichzusetzen. Es geht auch nicht darum, dass man sich zum Opfer einer Gewalt hochstilisiert. Man macht nur auf sie aufmerksam. Natürlich ist man da nicht in der direkten Auseinandersetzung. Das Regime dreht denen das Internet ab, damit sie sich nicht organisieren können und bestimmte Dinge nicht den Weg in die Öffentlichkeit finden. Sobald man weiß, wer da zum Tode verurteilt wird, entsteht überhaupt erst eine gesellschaftliche Position dazu. Ich finde es feige und ekelhaft, das zu verschweigen.
Und die Aufmerksamkeit kann etwas bewirken?
Es gibt in zögerlichen Zeiten, in denen verschiedene Regierungen einiger Länder mit dem Regime auf der anderen Seite noch etwas zu tun haben möchte, Hinterzimmer-Diplomatie, die Leute über die Klinge springen lässt. Es sei denn, es setzen sich ganz viele Menschen hin und sagen, wir wollen das nicht und eine feministische Außenpolitik, die mal versprochen wurde, bedeutet für uns dies oder das. Das geht aber nicht, wenn man gar nicht weiß, was los ist. Wenn Aufmerksamkeit ein wichtiges Instrument ist, lasse ich mir doch nicht vorwerfen, dass ich für diese sorge. Es liegt auf der Hand, was das bringt. Darüber muss ich nicht diskutieren.