Die Kölner Akademie mit Mozart und Wiederentdeckungen von Farrenc und Wilms.
Kölner AkademieEindrucksvolle Aufführung in der Philharmonie

Ronald Brautigam
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Die Entdeckung des Abends war die 1. Symphonie der französischen Komponistin Louise Farrenc. Zu Anfang der langsamen Einleitung strahlte die Klarinette über dunkel bewegter Cello- und Bratschen-Grundierung. Immer wieder bildeten Holzbläser und Streicher effektvolle Farbe- und Charakterwechsel zwischen Idyllik und Dramatik. Im „Adagio cantabile“ kreisen unter sanglichem Hauptthema dunkel bohrende Bässe und Pauken, als gälte es das vordergründig ungetrübte Glück zu unterminieren. Das Menuett gleicht mehr einem Beethovenschen Scherzos mit obsessiver rhythmischer Zelle und häufigen zweizeitigen Versetzungen im Dreivierteltakt.
Nach der Uraufführung 1845 verschwand das Manuskript des Werks für lange Zeit in der Pariser Nationalbibliothek. Erst Mitte der 1990er Jahre wurde es wiederentdeckt und mithilfe der Musikwissenschaft an der Universität Oldenburg 1998 wiederaufgeführt. Die 1804 geborene Komponistin hatte Unterricht bei Anton Reicha, einem Kollegen Beethovens in der Bonner Hofkapelle. Farrenc war in Paris auch als Klaviervirtuosin erfolgreich und eine der ersten Professorinnen am dortigen Conservatoire. Zu einer direkten Antwort auf Beethovens berühmte 5. Symphonie wird ihr ebenfalls in c-Moll stehendes Werk erst im Finalsatz. Die Exposition des Sonatenhauptsatzes führt überraschend verfrüht ins triumphale Dur, doch am Satzende dann umso tragischer wieder nach c-Moll zurück. So verkehrt Farrenc das Beethoven-Motto „per aspera ad astra“ ins gerade Gegenteil: „Durch Licht zur Nacht“.
Durch das Licht zur Nacht
Die eindrucksvolle Aufführung verdankte sich der auf historischen Instrumenten spielenden Kölner Akademie unter Leitung ihres Gründern Michael Alexander Willens. Das schlank besetzte Ensemble entfaltete einen ebenso klaren wie stellenweise dramatisch forcierten Klang, insgesamt aber zu wenig sprechend differenzierte Artikulation. Bei Mozarts Klavierkonzert G-Dur KV 453 erwies sich die Formation als ebenbürtiger Partner von Solist Ronald Brautigam.
Der niederländische Pianist spielte auf einem von Paul McNulty angefertigten Nachbau eines historischen Hammerklaviers des Wiener Klavierbauers Anton Walter von 1794. Instrument wie Spieler überzeugten gleichermaßen mit glockenhellem Klang und perlende Geläufigkeit bei freilich zu geringer dynamischer Bandbreite für die große Philharmonie.
Eröffnet wurde das Konzert der Reihe „Sonntags um vier“ mit der Ouvertüre f-Moll des zwei Jahre nach Beethoven geborenen Johann Wilhelm Wilms. Das Stück beginnt düster brütend, schwillt plötzlich zum Tutti an und schlägt dann in einen Allegro-Hauptteil um. Der heute vergessene Musiker war zu seiner Zeit in Amsterdam ein gefeierter Komponist, Pianist, Organist, Flötist, Lehrer und Kritiker. Im Vergleich mit Beethoven – der damals hoch hängenden Messlatte – wirkt Wilmsʼ Musik in Form, Harmonik, Themenbildung und -verarbeitung jedoch weniger eigenständig und dramatisch.