Kölner c/o-pop-Chef zu Corona-Folgen„Auch Konzert- und Festivaltickets werden teurer“
Mit der c/o pop wird ab Mittwoch, 21. April, in Köln bundesweit die Popmusikfestival-Saison eröffnet. Festivalchef Norbert Oberhaus spricht im Interview (das Sie hier auch als Podcast hören können) über das Programm des Festivals, gefühlten Neustart nach der Pandemie, völlig ausgebuchte Konzertsäle, die vollen Tourkalender für Bands und zunehmend rare Techniker.
Herr Oberhaus, das Kölner Musikfestival c/o pop startet. Worauf freuen Sie sich besonders?
Das ist eine schwere Frage bei insgesamt 170 Bands. Ich freue mich vor allem, dass das Festival wieder live stattfindet.
Viele in der Kulturbranche machen die Erfahrung, dass der Run auf Tickets noch ausbleibt. Spüren Sie die Zurückhaltung auch bei der c/o pop?
Wir spüren die Verunsicherung definitiv auch. Unser Eröffnungskonzert in der Philharmonie ist zum Glück ausverkauft. Ob die Leute trotz gekaufter Tickets kommen, ist eine offene Frage.
Bei der c/o pop spielen viele Newcomer und Bands im mittleren Segment. Wie geht es denen nach der Pandemie?
Die freuen sich wahnsinnig drauf, wieder live spielen zu dürfen und auch eine Gage zu bekommen. Die c/o pop ist deutschlandweit das erste Musikfestival, das ohne größere Beschränkungen wieder stattfinden kann. Das wird eine richtige Explosion geben.
Wie geht es der c/o pop finanziell?
Wir sind zum Glück auch gefördert worden und haben viele treue Partner. Die ganze Kulturbranche hat von den reichhaltigen Corona-Hilfen enorm profitiert, auch wenn vieles bürokratisch, nicht immer zielgerichtet oder schnell genug war. Jetzt muss man abwarten, wie die Spätfolgen der Corona-Krise sind. Ich gehe davon aus, dass viele Gelder in der Zukunft nicht mehr ausgezahlt werden, obwohl man von Clubs und Konzertveranstaltern nicht erwarten kann, dass sie aus dem Stand den gleichen Programmumfang generieren können wie vor Corona. Viele haben ihre Reserven aufgebraucht. Da werden wir sicherlich Spätfolgen erleben.
Also nicht nur Post Covid, sondern auch Long Covid in der Musikbranche?
Ja. Zumal aufgrund des Ukraine-Kriegs momentan viele Gelder bewegt werden sollen wie zum Beispiel für den Verteidigungshaushalt. Unabhängig davon, ob das sinnvoll ist, ist klar, dass dafür Gelder woanders nicht mehr so umfangreich fließen können wie bislang. Ich fürchte einen Verteilungskampf.
Es fällt auf, dass mit Ausnahme der Band Bilderbuch im Programm der c/o pop große Namen fehlen. Warum?
Wir mussten vor über einem halben Jahr entscheiden, wie die c/o pop 2022 stattfindet. Die Umstände waren noch bis vor sechs Wochen sehr unsicher wegen Corona. Mehr bekannte Namen zu buchen wäre für uns mit großen Risiken behaftet gewesen. Es war für uns auch schon im Herbst nicht mehr möglich, Konzertsäle zu buchen, weil so viele Konzerte verschoben worden sind, dass die Kalender voll sind. Im Sommer wird es massenhaft Konzerte und damit eine riesige Konkurrenzsituation geben.
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Corona-Pandemie und Krieg führen zu Preissteigerungen. Werden auch Musikfestivals künftig mehr Geld kosten?
Davon gehe ich aus. Die Bands, die jetzt Tourverpflichtungen aus den letzten zwei Jahren nachholen müssen, haben damit viel weniger Zeit, auf Festivals zu spielen. Es wird ein Hauen und Stechen um die großen Bands geben. Und Planungssicherheit gibt es immer noch nicht. Wir haben nächstes Jahr 20-jähriges Jubiläum. In der Philharmonie kriegen wir jetzt schon keine Termine mehr dafür. Bei dem Überangebot frage ich mich schon, wie das alles bezahlt und geguckt werden soll. Es wird auf jeden Fall Ausfälle geben, befürchte ich.
Parallel zum Festival gibt es wieder die c/o pop-Convention. Da wird das PopBoard NRW, eine neue Interessensvertretung der Popmusik in NRW vorgestellt. Sie sind Geschäftsführer. Wofür braucht es das?
Popkultur hat in der Kulturpolitik in NRW bislang zu wenig Gehör gefunden. Das ist in anderen Ländern und auf Bundesebene anders. Darum haben sich jetzt neun Akteure der Popmusik aus NRW zusammengefunden als Interessensgemeinschaft. Wir haben das über zwei Jahre geplant. Erster Schritt war für uns, eine Erhebung durchzuführen und zu gucken, was es im Land unter anderem an Labels, Proberäumen, Festivals und Clubs gibt. Das sind beeindruckende Zahlen: 20 bis 30 Prozent aller Clubs bundesweit sind in NRW. Das wusste so noch niemand, und es findet zu wenig Niederschlag in der Kulturpolitik.
Ebenfalls auf der c/o pop Convention vorgestellt wird ein neues Stipendienprogramm für Musikerinnen und Musiker. Wer kann sich dafür bewerben?
Eine Gruppe ist in der Pandemie rausgefallen aus dem Förderungsraster: Nachwuchsmusiker, die gerade erst angefangen haben, Musik zu machen oder die gerade ihr Musikstudium beendet haben. Darum gibt es jetzt von dem BV Pop (Bundesverband Popularmusik) ein Programm über fünf Millionen Euro, mit dem bundesweit mehr als achthundert Musiker mit je fünftausend Euro über vier Monate unterstützt werden können.