Kölner FernsehserieDer Wahnsinn mit den Helikoptereltern
- In der ersten Staffel der Mockumentary „Andere Eltern“ konnte man Nippeser Eltern dabei zuschauen, wie sie eine Kita, die „Krimskramkids“ gründeten.
- Den Wahnsinn des Lebens von Helikoptereltern fingen die Macher von der in Nippes ansässigen Produktionsfirma Eitelsonnenschein mit einem improvisierenden Ensemble auf das Schönste ein.
- Jetzt geht „Andere Eltern“ in die zweite Staffel. Warum sich die Serie weiterhin lohnt.
Köln – Urlaub mit anderen Eltern? Musikmanagerin Nike (Henny Reents) hat da eine klare Meinung: „Das ist wie Swingerclub ohne Sex. Sinnlos.“ Und deshalb fährt sie auch nicht mit zum Segeltrip nach Holland, den die anderen Mütter und Väter in der zweiten Staffel von „Andere Eltern“, die am Dienstag, 10. März, um 20.15 Uhr bei TNT Comedy startet, geplant haben. Die anderen – ihr Bruder Malte (Daniel Zillmann), Jannos (Jasin Challah) und Nina (Lavinia Wilson, Björn (Serkan Kaya), Anita (Nadja Becker) und Lars (Sebastian Schwarz) – schon. Und dass das Ganze nicht gut enden wird, ahnt man schon, als die immer alles bestimmende Nina verkündet, dass dieser Urlaub alkohol-, zucker- und weißmehlfrei werden soll.
Im vergangenen Jahr konnten die Zuschauer in der ersten Staffel der Mockumentary den Nippeser Eltern dabei zuschauen, wie sie eine Kita, die „Krimskramkids“ gründeten. Den Wahnsinn des Lebens von Helikoptereltern fingen Regisseur Lutz Heineking jr. und Autor Sebastian Züger von der in Nippes ansässigen Produktionsfirma Eitelsonnenschein mit dem improvisierenden Ensemble auf das Schönste ein. Und zwischen veganer Ernährung, Globuli und Schamanismus konnte man auf sehr, sehr unterhaltsame Weise viel über unsere Gesellschaft lernen.
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Die Kritiken waren sehr gut, es gab eine Nominierung für den Grimme-Preis. Jetzt geht die Serie in die zweite Staffel. Das Prinzip bleibt dasselbe. „Andere Eltern“ begleitet Ninas Mutter Ini (Johanna Gastdorf) dabei, wie sie eine Doku über die Eltern dreht. Denn die Kita ist da, der Wahnsinn geht weiter. Dass die Serie in Nippes spielt, ist dabei kein Zufall. Denn erstens ist es Lutz Heinekings Zuhause und zweitens kann man die Folgen der Gentrifizierung dort auf das Schönste beobachten. Nun wäre es ein Leichtes, sich über Eltern lustig zu machen, deren größtes Problem darin besteht, dass im Biomarkt die Hafermilch ausgegangen ist. Doch so einfach macht es sich die Serie nicht.
Für Heineking, der selbst keine Kinder hat, ist die Serie auch ein Porträt seiner Generation. „Dieser Wohlstandsalltag, den wir haben, zeigt sich daran, wie wir das Optimieren der nächsten Generation als Hauptaufgabe sehen“, sagt der 45-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung. „Wir haben keine Kriege erlebt, keine großen Katastrophen. Wenn es einem nicht so gut geht, wird die Kindererziehung nicht zum Mittelpunkt des Alltags. Das hat ja damit zu tun, dass wir viel Luxus und Zeit haben, uns mit diesen Dingen zu beschäftigen.“ Er sehe das bei vielen Kindern in seinem Umkreis. „Die kriegen dann drei Getränke hingehalten und sollen sich entscheiden. Da gibt das Kind schon oft den Takt vor.“
Man macht oft einen Riesenbudenzauber um die Kinder, sagt Darstellerin Nadja Becker
Den Zuschauern begegnen in „Andere Eltern“ Mütter und Väter um die 40. Kein Zufall, wie Heineking sagt. „Ich habe es sehr bewusst gewählt, dass meine Generation dabei ist, dass es ältere Eltern sind, weil ich auch einen gewissen Wohlstand miterzählen wollte. Jemand, der abgesichert ist, hat mehr Zeit für dieses Absurde. Wir können uns nicht freisprechen davon, nicht zu wissen, wie schlimm wir sind.“ Nadja Becker spielt Anita. Lange wünschte diese sich vergeblich ein Kind, mit Ehemann Lars klappte es nicht. Nun hat der schwule Malte den Kinderwunsch erfüllt. Doch glücklich ist sie trotzdem nicht.
„Was ich an der Figur gut finde, ist, dass sie die Hilflosigkeit zeigt. Ihr Verhalten kommt aus der absoluten Überforderung“, sagt Becker. Das begegne ihr als Mutter schon oft. Auf dem Spielplatz höre man Horrorgeschichten, die einem in der Social-Media-Blase nicht begegneten. „Da ist immer alles einfach.“
Man kenne doch jeden der Charaktere, den es in der Serie gibt, auch im echten Leben. „Natürlich sind sie überzeichnet, aber nie Karikaturen. Sie sind immer noch Menschen. Wir sind witzig, und man kann viel und laut lachen. Aber am besten ist die Serie eigentlich immer dann, wenn sie tragisch ist.“ Für Becker, die aus Siegen stammt und schon lange in Köln lebt, hat der Optimierungswahn dieser Elterngeneration auch damit zu tun, dass die Leute früher mehrere Kinder hatten und heute oft nur noch eins. „Dann muss das eine Kind natürlich super und perfekt werden. Man hat weniger Fehlerspielraum. Ich sehe das auch bei mir, ich habe auch nur eins. Man macht oft einen Riesenbudenzauber um die Kinder.“ Bei diesen absoluten Wunschkindern sei es doch fast zwangsläufig so, dass dann alles total überhöht sei.
Autoren trieben Absurdität auf die Spitze
In der zweiten Staffel treiben Heineking und die anderen Autoren die Absurdität bewusst auf die Spitze. „Es hat etwas von einer Soap, denn die Figurenkonstellationen werden einfach wild durchmischt.“ Das ist aber kein Selbstzweck und nicht als Anlass für billige Lacher gedacht. „Das ist nur das Gerüst. Denn dann kommt die Improvisation. Deshalb bekommt das Ganze eine ganze andere Ebene. Durch die Verschiebung der Figurenkonstellationen wollen wir der Improvisation einen anderen Raum lassen.“
Und so schwankt man als Zuschauer auch in Staffel 2 dieser großartigen Serie ständig zwischen dem Wunsch, diese Irren, denen man da begegnet, zu schütteln, und dem Wissen, dass man sich vielleicht gerade deshalb so über sie aufregt, weil man ihnen in vielen Punkten erschreckend ähnelt.
„Andere Eltern“ startet am Dienstag, 10. März, um 20.15 Uhr bei TNT Comedy