Kölner Kunsthochschule für MedienDas sind die Pläne der neuen Rektorin
- Kerstin Stutterheim, die neue Rektorin der Kunsthochschule für Medien, erzählt im Interview über ihre Pläne für die Hochschule.
- Außerdem bewertet sie Köln als Kulturstadt und äußert sich zur Diskussion über den Standort der KHM.
- Lesen Sie hier das ganze Interview.
Köln – Frau Stutterheim, was hat Sie daran gereizt, als Rektorin an die Kunsthochschule für Medien (KHM) in Köln zu kommen?
Was mich vor allem gereizt hat, ist die Vielfalt der Künste und der Schwerpunkt der medialen Künste, die besondere Ausrichtung und die Bedeutung der KHM. Ich habe in den zurückliegenden Jahren viel über das Bauhaus gearbeitet – für mich besitzt die KHM eine große Nähe zu dem, was das Bauhaus pädagogisch und künstlerisch geleistet hat. Mich interessiert in diesem Zusammenhang, welche Aspekte der Bauhaus-Pädagogik im 21. Jahrhundert sich in Kunsthochschulen noch gehalten haben und welche Ansätze man darüber hinaus adaptieren und kreativ einsetzen könnte.
Können Sie dafür ein Beispiel bringen?
Zum Beispiel die Freiheit der Wahl der Studienschwerpunkte während des Studiums. Es geht nicht darum, schon bei Studienbeginn zu wissen, was man später werden will, auf welches Gewerk man sich schon festlegen sollte – sondern, dass man seine Talente entdecken und entfalten kann. Der pädagogische Ansatz, der gerade für das 21. Jahrhundert trägt, ist die Offenheit zwischen den Künsten, und das ist es auch, was auch das Bauhaus ausmachte. Ich hatte das Glück, davon noch im Gespräch mit ehemaligen Studierenden des „historischen Bauhauses“ zu erfahren und auch an ihren Biografien zu sehen, wie diese Pädagogik ihnen ermöglicht hat, sich trotz verändernden Umständen, Migration und Ähnlichem, künstlerisch weiter kreativ und erfolgreich arbeiten zu können.
Gibt es Bereiche, in denen die KHM in dieser Hinsicht noch stärker werden könnte?
Virtual Reality ist da einer der Bereiche. Ich möchte unterstützen, dass sich das Portfolio in diese Richtung erweitert oder es besser etabliert wird. Denn einige Lehrende gehen ja schon in diese Richtung. Ich habe ja die letzten Jahre in Großbritannien gelebt und unterrichtet, so weiß ich zum Beispiel, dass in London VR bereits als eigenständiger Studiengang angeboten wird.
Ist man in dieser Beziehung also in anderen Ländern weiter?
Mein Eindruck ist der, dass Deutschland sehr durch die Trennung zwischen U und E geprägt ist, was sich gelegentlich ungünstig auswirkt. Diese Unterscheidung gibt es in den meisten Regionen der Welt nicht. Gerade für VR trifft die Unterscheidung so nicht mehr zu. In der Phase der coronabedingten Schließungen haben wir die Erfahrung machen können, wie viele Museen Virtual Reality entdeckten und zu virtuellen Spaziergängen durch ihre Ausstellungen luden.
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Es gibt in Deutschland recht viele Film- und Kunsthochschulen – zu viele?
Ich würde nicht sagen, es gibt zu viele Kunsthochschulen, sondern zu wenig korrekt bezahlte Arbeit in diesem Bereich. In diesem Zusammenhang ist es eine meiner Überlegungen, den Kontakt zu Institutionen aufzunehmen, die sich naturwissenschaftlich den Folgen des Klimawandels widmen und in einen Austausch zu treten, darüber nachzudenken, wie Künstlerinnen und Künstler mit Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern zusammenarbeiten können. Dies geht in die Richtung der künstlerischen Forschung, meinem zweiten Schwerpunkt in meiner nunmehr fast 20-jährigen Lehrtätigkeit. Eine solche Kollaboration könnte auch für die Künstlerinnen und Künstler neue Formen von Verdienstmöglichkeiten eröffnen. Eine meiner ehemaligen Kolleginnen in Großbritannien zum Beispiel arbeitet derzeit mit Krebsforschern in Arizona zusammen, da geht es um modellbildendes Verstehen und um emotionale Intelligenz. So könnte man auch auf neue Weise Möglichkeiten erschließen, die unseren Absolventen erlauben, mit ihrer Kunst Geld zu verdienen, ohne dabei die Kunst aufzugeben. Es geht nicht um Illustrationen, sondern um künstlerische Ausdrucksformen, die das Verständnis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse ergänzend darstellen können.
Zur Person
Kerstin Stutterheim ist promovierte Film- und Theaterwissenschaftlerin, Professorin, Filmemacherin, Dramaturgin, Autorin. Von 2015 bis zum ihrem Antritt als Rektorin der KHM am 1. April 2020 arbeitete sie als Professorin für Media and Cultural Studies an der Bournemouth University in Großbritannien, wo sie zudem das Research Centre for Film and TV leitete. Von 2006 bis 2015 war sie Professorin für Dramaturgie der audiovisuellen Medien an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf und dort Gründungsdirektorin des Instituts für künstlerische Forschung (IKF). Von 2001 bis 2006 wirkte sie als Professorin für Film/Video an der Fakultät für Gestaltung der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt.
Aufgrund der Corona-Pandemie werden die KHM-Diplomanden ihre Werke dieses Jahr nicht bei einem Rundgang, sondern im Rahmen einer Ausstellung vom 15. bis 19. Juli präsentieren.
Wie finden Sie Köln?
Ich finde Köln als Stadt absolut interessant und bin gerne hier. Ich bin seit Januar im Zuge meines Umzugs immer mal wieder phasenweise hier gewesen und hatte noch das Glück, ein paar Tage lebendiges Kulturleben mitzubekommen. Ich konnte noch das Dokumentarfilmfestival „Stranger than Fiction“ erleben, schon seit langem mag ich insbesondere das Museum Ludwig. Was mir die Stadt so sympathisch macht, ist die große Vielfalt, die es hier gibt. Gerne hätte ich noch mehr Kunst- und Kulturstätten kennengelernt und Kontakte geknüpft. Zudem ist in Köln alles gut erreichbar, ich erlebe eine große Aufgeschlossenheit und Neugierde.
Sie erben die Diskussion über den Standort der KHM.
Diese Diskussion ist wichtig. Es würde den „Bauhaus-Charakter“ der KHM sicher unterstützen, wenn sich die einzelnen Bereiche der Schule unter einem Dach befänden. Für das Prinzip der Durchlässigkeit des Curriculums wäre es förderlich, wenn wir uns alle auf einem einzigen Campus wiederfänden, in Ruf- und Laufweite, mit einer gemeinsamen Mensa als Zentrum.
Das Gespräch führte Frank Olbert