Cameron Carpenter bewies an der Klais-Orgel der Kölner Philharmonie sein ganzes Können.
Cameron Carpenter in der Kölner PhilharmonieStehende Ovationen für den Star an der Orgel
Dieser Musiker ist mit jeder Faser seines Geistes und Körpers mit der Orgel verwachsen. Er beherrscht den komplexen Apparat vollkommen, so dass man bei dieser sagenhaften Mensch- Maschine-Einheit nur mechanische Laden und Registerzüge klappern hört, nicht aber einen humanen Makel. Nach seinem letzten Gastspiel 2019 war Cameron Carpenter erneut auf der Klais-Orgel der Kölner Philharmonie zu erleben. Er begeisterte seine zahlreich erschienene Fan-Gemeinde mit einem dramaturgisch wirkungsvoll gesteigerten Programm.
César Francks Choral b-Moll aus dessen Sterbejahr 1890 ist eine eigenwillige Verbindung von Bachs Choral- und Variationskunst mit Beethovens motivisch-thematischer Arbeit. Der belgische Komponist verwandelt ein Viertonmotiv durch jeweils andere Stellung, Rhythmik, Harmonik, Dynamik und Registrierung zu erstaunlich unterschiedlichen Charakteren. Ebenfalls ein Alterswerk sind die Elf Choralvorspiele von Johannes Brahms, 1896 ein Jahr vor dessen Tod als letztes Werk komponiert. Sobald Carpenter einen Fuß auf den Pedalen frei hatte, arbeitete er mit dem Fußschweller, um melodische Phrasen und sanft verklingende Schlussakkorde zu gestalten sowie kontrapunktische Linien und Oberstimmen dynamisch zu verdeutlichen. Brahms ausgenommen spielte er sonst alles auswendig.
Stehende Ovationen für Organist Cameron Carpenter in der Kölner Philharmonie
Der 1981 in Pennsylvania geborene Organist stellte seine volle Virtuosität ohne Starallüren in den Dienst von Bachs Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552. Drei zuerst nacheinander fugierte Themen werden hier am Schluss gleichzeitig zu einer ungemein dichten Tripelfuge kombiniert. Ebenso flink wie mit Händen und Fingern agierte Carpenter mit den Füßen bei schnellen Läufen und Trillern auf den Pedalen. Doch wer meinte, diese überragende Spieltechnik sei nicht mehr zu übertreffen, wurde durch Carpenters eigene Orgel-Adaption von Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ eines Besseren belehrt.
Neben dem Original für Klavier stützt sich der Organist vor allem auf Ravels vielfarbige Orchestrierung, deren Instrumentation er mit häufigen Registerwechseln nachzeichnet. Der groteske „Gnomus“ lebt von extremen Farb- und Dynamikwechseln sowie fantastisch weich schleichendem Legatospiel. Beim Ochsenkarren „Bydlo“ meint man neben Ravels klagender Tuba vor allem das Schnaufen der Tiere und Ächzen des altersschwachen Gefährts zu hören. Umso lebhafter flitzen dann die munteren „Küchlein“ in Holzbläserregistern zwischen allen drei Manualen hin und her. Dem hektischen Wimmelbild des „Marktplatz von Limoges“ folgt am Ende als organistischer Höchstleistungssport „Das große Tor von Kiew“ mit vollgriffigen Akkorden und Dauer-Tremolo auf den Basspedalen. Verdiente stehende Ovationen für den Ausnahmemusiker.