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Kölner TheaterWarum Thor endlich seinen Hammer ablegen muss

Lesezeit 2 Minuten
„Surviving Men – Über die Natur von Vorurteilen“ von der Kölner Theatergruppe Futur3, im Februar 2024 im Orangerie-Theater im Kölner Volksgarten

Szene aus „Surviving Men – Über die Natur von Vorurteilen“

Die Kölner Gruppe Futur3 spielt in der Orangerie „Surviving Men – Über die Natur von Vorurteilen“. Unsere Kritik.

Für König Artus und Gott Thor geht es an diesem Abend in der Orangerie mal wieder in die Arena. Allerdings müssen die beiden männlichen Recken sich bei „Surviving Men – Über die Natur von Vorurteilen“ nicht gegen Drachen oder Riesen behaupten, sondern sich mit dem eigenen Selbstbild auseinandersetzen.

Das Kölner Künstlerkollektiv Futur3 und das Schweizer Ensemble Cie de Facto verorten die Helden aus mythischen Zeiten dafür in einem Computerspiel-Parcours. Hier haben die Autorin Manon Reith und die Regisseurin Nathalie Sandoz die Hürden für die Role Models des Patriarchats ganz schön hoch gesetzt, um nicht als archaisches Auslaufmodell ausgemustert zu werden. Bevor die Spiele beginnen, gilt es aber für die beiden Männer zuerst einmal, sich an die neue Umgebung und aneinander zu gewöhnen.

Autorin Manon Reith zeigt die mythischen Helden Artus und Thor als Auslaufmodelle

Dieses Abtasten gestalten Stefan H. Kraft als nordischer Gott und sein Schweizer gegenüber Sandro De Feo in Gestalt des hochherrschaftlichen Königs mit viel Sinn für Selbstironie und Humor. Wie zwei Hampelmänner, die von ihren tradierten Rollen geleitet werden, schwingen sie Hammer und Schwert gegeneinander, plustern sich dabei zu martialischen Posen auf, die sie das ein ums andere Mal lächerlich erscheinen lassen. Dass sie dabei nicht nur über männliche Stereotypen stolpern, sondern auch mit deutsch-französischen Sprachbarrieren zu kämpfen haben, verleiht dem Bühnengeschehen einen ganz besonderen Charme.

Da lässt es sich auch verkraften, dass bei diesem theatralen Game das interaktive Geplänkel zwischen Schauspiel und Publikum nicht so recht funktionieren will. Ohnehin ist spätestens dann Schluss mit lustig, wenn es darum geht, aufzuzeigen, wohin das Beharren auf tradierten männlichen Rollenbildern im Alltag führt. Eine zitatenreiche Videocollage über das toxische Rollback-Verhalten von Teilen einer verunsicherten Männerwelt belegt, welcher geistige Nährboden hier für Gewalt gegen Frauen bereitet wird. Von „harmlosen“ Witzen und „das-wird-Mann-doch-noch-sagen-dürfen“ ist der Schritt zu häuslicher Gewalt, Missbrauch und Femizid näher, als viele glauben.

Für die beiden geplagten Gamer ist hier der Moment gekommen, sich zu „entrüsten“ und nach Ablegen aller toxischen Tools wie Hammer und Schwert im Nachdenken über die eigenen Wurzeln neue Wege zu beschreiten. Dass diese Visionen sich hier im Stück – noch – sehr unverbindlich manifestieren und eher wie pädagogische Allgemeinplätze daher kommen, ist vielleicht der Komplexität der Sache geschuldet. Gefahr erkannt, aber beileibe nicht gebannt, könnte man sagen und das Theater mit genügend Gedankenmaterial verlassen.

Orangerie Theater, 29.2. – 2.3. 20 Uhr, 3.3., 18 Uhr