Erste VisualisierungenSo ungewöhnlich wird die Kölner Zentralbibliothek aussehen
Köln – Kilometerweise Bücherregale, Arbeitstische und als Highlight eine einsame Grünpflanze: So sieht es auf einigen Etagen der Kölner Zentralbibliothek immer noch aus – und das soll sich grundlegend ändern. Ende 2026 soll das Gebäude am Neumarkt fertig saniert sein. Und dann nicht mehr viel zu tun haben mit einer klassischen Bibliothek als Ort zum Bücherausleihen, - lesen oder Recherchieren.
Stattdessen soll die Kölner Bibliothek ein Bildungs- und Begegnungsort werden. Ein Ort, an dem sich die Besucher gerne länger aufhalten. Zum Quatschen, Lernen, Spielen, Kaffee trinken und – tatsächlich - auch zum Lesen.
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Der Kreativdirektor Aat Vos nennt das „dritter Ort“ – ein Begriff aus der Soziologie, der dafür steht, dass Menschen in einer Stadt mehr Räume brauchen als bloß eine Wohnung und eine Arbeitsstelle. Er hat das Innere der neuen Bibliothek gestaltet. Und die Direktorin ist begeistert, als die die Visualisierungen nun zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert: „Der Papst der dritten Orte“ nennt Hannelore Vogt den Niederländer und „einen Zauberer der Aufenthaltsqualität“: „Die Anzahl Aufenthaltsplätze wurde verdoppelt.“
Aat Vos’ Spezialität sind Bibliotheken, die nicht aussehen wie Bibliotheken. Sondern eher wie eine Mischung aus Café, Hotellobby und modernem Wohnzimmer, wo zufällig auch noch Bücherregale herumstehen.
„Ist eine Bibliothek ein Bücherhaus? Meiner Meinung nach nicht“, sagt er. Er habe die Bibliothek mit der Idee gestaltet, dass sie ein Ort der Gemeinschaft sein soll, wo alle Menschen sich zuhause fühlen.
Räume ohne Konsumzwang
Ganz besonders hatte er aber zwei Zielgruppen im Blick: Ärmere und Junge. Menschen mit wenig Geld, sagt er, bräuchten öffentliche Räume, in denen sie nichts konsumieren müssen. Anders als beispielsweise im Café. Das gilt natürlich auch für viele Jugendliche, die zudem besonders unter der Corona-Pandemie leiden. Digitale Räume, sagt Aat Vos, seien gut und schön – könnten das Zusammensein aber nicht ersetzen.
Dass die visionären Ideen des Niederländers bestens zu den Vorstellungen der Bibliotheksdirektorin passen, zeigte ihre erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Stadtteilbibliothek Köln-Kalk, die 2018 eröffnete.
Zu Zeitplan, Kosten und zur Geschichte der Sanierung
Zum Zeitplan sagte Stephanie Brans von der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln: „Im Moment sind wir dabei, einen Generalunternehmer zu beauftragen und hoffen, im ersten Quartal 2023 mit den Baumaßnahmen beginnen zu können.“ Im vierten Quartal 2026 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.
Die Zentralbibliothek eröffnete 1979. 2018 beschloss der Rat eine Generalsanierung, die inzwischen rund 81,2 Millionen Euro kosten soll. Übergangsstandort soll ein Gebäude an der Hohen Straße sein. 2016 hatte das Büro UKW den Architektenwettbewerb für die Umgestaltung des Innenbereichs gewonnen. 2018 stieg Aat Vos in das Projekt ein, nachdem die Bibliothek Nachbesserungen gefordert hatte. Seine Ideen werden umgesetzt von den Architekturbüros includi und MARS Interieurarchitecten in Zusammenarbeit mit Pell Architekten.
www.stbib-koeln.de/generalsanierung
„Wir haben da einfach gesehen, dass dieses Modell des dritten Ortes aufgeht. Wir wurden so überrannt und hatten damit so eine große Akzeptanz, dass wir gesagt haben: Das wollen wir auch für die Zentralbibliothek umsetzen.“
Sie solle kein Klon von Kalk werden, aber die Idee, die dahinter steht, sei dieselbe. „Für mich ist es ein Erfolg, wenn Leute in Kalk sagen: »Das sieht ja gar nicht aus wie Bibliothek!« Wenn wir dadurch das Klischee der Bibliothek brechen können und sagen: So ist Bibliothek – eine Bibliothek, die lebt!“
Viel Spielraum für Kinder
Kinder sollen künftig nicht mehr ins Untergeschoss verbannt werden. Die Visualisierungen zeigen einen zentralen Ort im Erdgeschoss mit viel Platz zum Krabbeln, Lesen, Spielen. Schließlich nutzen sehr viele junge Familien die Bibliothek vor allem an Sonntagen, berichtet Hannelore Vogt.
Hier sei „nichts von der Stange“ betont sie stolz – alles sei gezielt für die speziellen Kölner Bedürfnisse gestaltet. „Mir war es ganz wichtig, die Leute zu fragen, was sie brauchen und gerne hätten. Und den Kinder- und Familienbereich haben wir deshalb auch mit Kindern, mit Erzieherinnen und dem Team der Kinderbibliothek ausgearbeitet. Nur so entsteht ein ganz spezifischer Ort.“
Kölsche Anklänge wird es auch im zweiten Obergeschoss geben – hier erinnern Elemente der Gestaltung an das Kolumba-Museum. „Das ist bewusst als Ruhezone gedacht, wo man in der Hektik der Stadt auch einfach mal verweilen kann.“
Auch eine Dachterrasse ist geplant, „mit der Möglichkeit, sich einen Kaffee zu holen und dort variabel zu arbeiten“, sagt die Direktorin, deren Vorfreude spürbar ist. „Wichtig war uns, dass es wirklich Aufenthaltsbereiche gibt und nicht nur aufgereihte Regale, aufgestellte Tische und Stühle, sondern unterschiedlichste Zonen. Und da ist auch der Gedanke, viel Aktivität aus der Bürgerschaft im Haus zuzulassen.“
"Die Anziehungskraft wird wachsen"
Wenn alles fertig ist, wird die Anziehungskraft der Zentralbibliothek noch deutlich stärker, prophezeit Aat Vos: „Wenn wir neue Sozialorte schaffen, wird die Verweildauer länger, und es kommen mehr Besucher. Das zeigt die Erfahrung, zum Beispiel aus Oslo, wo die Bibliothek vor zwei Jahren neu eröffnet hat. Diese niedrigschwelligen Orte, die nicht aussehen wie typische, altmodische Bibliotheken, laden einfach ganz unterschiedliche Menschen ein, sich miteinander zu mischen.“