AboAbonnieren

Kaffeebar, Leih-TabletsUmbau der Zentralbibliothek soll Vorzeigeprojekt werden

Lesezeit 4 Minuten
191219z_bibliothek1

Außenansicht der beleuchteten Kölner Zentralbibliothek in der Nacht.

  1. Die Zentralbibliothek am Neumarkt galt bei ihrer Eröffnung 1979 als wegweisend, muss aber nun saniert werden.
  2. Der Umbau wird teurer und dauert länger als geplant – soll aber ein Vorzeigeprojekt werden.
  3. Vorbild für die Umgestaltung ist die Stadtteilbücherei in Kalk.

Köln – Das Büro UKW aus Krefeld gewann im Sommer 2016 mit seinem Entwurf den Architektenwettbewerb für die Umgestaltung im Inneren der Zentralbibliothek am Neumarkt. Die Jury lobte damals das „ebenso einfache wie überzeugende Konzept“ – ganz so überzeugend war es wohl doch nicht.

Im September 2018 kündigte UKW den Vertrag mit der Stadt, nachdem die Stadtbibliothek Nachbesserungen einforderte. Auf Wunsch von Direktorin Hannelore Vogt stieg als Ersatz der niederländische Innenarchitekt Aat Vos in das Projekt ein. Er gilt in der Branche als eine Art Guru, wenn es um die Modernisierung von Bibliotheken geht.

Die Stadt hat bereits beim Umbau der Stadtteilbücherei in Kalk mit Vos zusammengearbeitet. Das Ergebnis gilt als äußerst gelungen und zieht viel positive Aufmerksamkeit auf sich – auch die internationaler Gäste. Die sehr guten Besucherzahlen spiegeln den Erfolg ebenfalls wider.

Alles zum Thema Neumarkt

Mehrkosten in Höhe von 900.000 Euro

Der Wechsel des Innenarchitekten hat bei der Instandsetzung der deutlich größeren Zentralbibliothek allerdings auch eine Schattenseite. Es entstanden Mehrkosten in Höhe von 900.000 Euro. Die städtische Gebäudewirtschaft zieht davon im Monatsbericht für das Projekt das Risikobudget in Höhe von 487 500 Euro ab – so bleiben 412500 Euro an Mehrkosten übrig, allerdings ohne jeglichen Risikozuschlag und ohne eine Steigerung des Baukostenindex zu berücksichtigen. Der Zeitplan verschiebt sich zudem um ein gesamtes Jahr nach hinten.

Räume wie gemütliche Wohnzimmer

Bibliothekschefin Vogt hält diesen zusätzlichen Aufwand für gerechtfertigt, soll die Zentralbibliothek am Neumarkt doch nicht hinter der beliebten Filiale in Kalk zurückstehen. „Das Klischee besteht leider noch immer darin, dass eine Bibliothek mit dem Lesen von Romanen gleichgesetzt wird“, sagt Vogt.

Dabei seien Bibliotheken vielmehr ein Teil der sozialen Infrastruktur einer Stadt. „Man muss gar nicht lesen, um zu uns zu kommen“, sagt die Direktorin. Es handele sich um einen „Ort des Lernens, Begegnens und des eigenen Tuns“. Das sei bereits jetzt der Fall, und das soll im Zuge der Sanierung ausgebaut werden.

Treppen mit Sitzkissen

Die Philosophie des Innenarchitekten Aat Vos passt zu diesem Ansatz. Der Niederländer nimmt eine Theorie des US-amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg auf und betrachtet Bibliotheken als sogenannte „dritte Orte“. An diesen können Menschen zwanglos zusammenkommen, sich willkommen fühlen und anderen begegnen.

Eine Bibliothek besteht deshalb nach seiner Vorstellung nicht nur aus endlosen Reihen an Bücherregalen. Das gesamte Gebäude dient stattdessen als eine Abfolge von Räumen mit Möglichkeiten, Bücher zu lesen, Filme zu schauen, Musik zu hören, selbst aktiv zu werden, mit anderen in Kontakt zu treten oder einfach nur still zu sitzen.

Bibliothekschefin Hannelore Vogt

Während einige Räume wie gemütliche Wohnzimmer wirken, lassen sich andere flexibel umnutzen. Treppen werden mit Sitzkissen bestückt. Die Nutzer können sich vor Ort mit ihrer Karte für die Zeit ihres Aufenthalts einen Tablet-Computer leihen und sich damit frei im Gebäude bewegen. Es gibt außerdem ein Café oder eine Kaffeebar, an denen günstig Getränke zu kaufen sind. So soll in Zukunft auch die Zentralbibliothek am Neumarkt aussehen, die zurzeit täglich 2500 Menschen nutzen.

Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz

Die Stadt wollte das 40 Jahre alte Gebäude ursprünglich lediglich energetisch sanieren und die Fassade sowie die Fenster erneuern. Das hätte einer ersten groben Schätzung zufolge 15 Millionen Euro gekostet. Als der Entschluss fiel, bei dieser Gelegenheit auch das Innere umzubauen, stiegen die geschätzten Kosten auf 40 Millionen Euro.

Eine Berechnung ergab, dass es nun inklusive eines Risikozuschlages 59,4 Millionen Euro sein werden. Vogt ärgert sich darüber, dass der Bund der Steuerzahler aus diesen Zahlen eine Vervierfachung der Kosten errechnete. Eine reine Fassadensanierung sei schließlich nicht mit einer Generalsanierung inklusive eines Innenausbaus vergleichbar, so die Direktorin.

Vorbild für die Umgestaltung ist die Stadtteilbücherei in Kalk.

Die Zentralbibliothek sei zu ihrer Eröffnung 1979 bundesweit wegweisend gewesen, erinnert sich Vogt. Das Gebäude, das nicht unter Denkmalschutz steht, sei mit seinen großen Fenstern besonders transparent und erhaltenswert. Das Innere entspreche aber inzwischen nicht mehr den Anforderungen einer modernen Bibliothek.

Ein Abriss und Neubau am Neumarkt hätte laut Stadt 78 Millionen Euro gekostet und vorübergehend einen Ausweichstandort notwendig gemacht – ein Neubau auf der grünen Wiese hätte bei 140 Millionen Euro gelegen. Beide Ansätze verwarf die Verwaltung daher.

Mitarbeiter kümmern sich speziell auch um die jungen Besucher.

Die Zentralbibliothek soll während des laufenden Betriebs saniert und modernisiert werden. Die Einschränkungen für die Besucher will Vogt so gering wie möglich halten. „Es wäre auch sinnvoll, wenn wir abends länger und zusätzlich sonntags öffnen würden“, sagt die Direktorin. Die Bauarbeiten sollen im zweiten Quartal 2021 beginnen – vier Jahre später soll das Vorhaben dann abgeschlossen sein.