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Wertsteigerung vs. bezahlbares WohnenMilieuschutzsatzung spaltet das Severinsviertel

Lesezeit 3 Minuten
Severinsstraße

Mit der Milieuschutzsatzung sollen Luxussanierungen, Umwandlungen in Eigentumswohnungen und preistreibende Modernisierungen im Severinsviertel eingeschränkt werden.

  1. Die geplante Milieuschutzsatzung im Severinsviertel soll Luxussanierungen, Umwandlungen in EIgentumswohnungen und preistreibende Modernisierungen einschränken.
  2. Die Stadt hofft, damit die Verdrängung von bisherigen Mietern zu verhindern.
  3. CDU-Vertreter des Stadtentwicklungsausschusses haben allerdings darum gebeten, den Beschluss zu vertagen, um zuvor noch mit der Wohnungswirtschaft beraten zu können. Darauf reagieren die Anwohner zum Teil empört.

Südstadt – Der Abend sollte aufrütteln. „Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“, stand auf einem der Transparente, die die Aktivisten von „Recht auf Stadt“ im Bürgerhaus Stollwerck aufgehängt hatten. Anlass war die Debatte um die geplante Milieuschutzsatzung, mit der Luxussanierungen, Umwandlungen in Eigentumswohnungen und preistreibende Modernisierungen im Severinsviertel eingeschränkt werden sollen.

Die Stadt hofft, damit die Aufwertung und Verdrängung des angestammten sozialen Milieus zu verhindern. Die CDU-Vertreter im Stadtentwicklungsausschuss hatten Ende Oktober darum gebeten, den Beschluss zu vertagen, um zuvor noch mit der Wohnungswirtschaft beraten zu können. Darauf wollten nun die Mietaktivisten reagieren. Sie fürchten, dass die Interessen der Mieter in der Diskussion untergehen.

Die Südstadt, aber auch andere Viertel, wie das rund um den Rathenauplatz, sind von Verdrängung betroffen.

„Die Mieter sind eigentlich in der Satzung nicht vorgesehen. Aber sie sind die Betroffenen“, sagte Dietmar Aigner, Südstadtbewohner und einer der Initiatoren des Treffens. Sie fordern, die Satzung schnell zu beschließen und konsequent umzusetzen. Dazu sei ausreichend Personal notwendig und eine Anlaufstelle für betroffene Mieter, wo sie Fälle von Mietsteigerungen infolge von baulichen Veränderungen anzeigen können.

„Die hohen Mietpreise reißen Familien auseinander“

Aigner führte zur Verdeutlichung ein Beispiel an: Der Anbau eines Balkons sei von außen sichtbar, der Einbau einer Fußbodenheizung hingegen nicht. Die meisten Anwesenden berichteten von ihren Erfahrungen als Mieter. „Viele können sich das nicht mehr leisten hier“, sagte Kaspar Scholemann, der in der Südstadt aufgewachsen ist. Die hohen Mietpreise rissen Familien und Freundeskreise auseinander.

Klaus Adrian von der Bürgergemeinschaft Rathenauplatz wies auf andere Viertel mit hohen Mieten hin. Er sprach sich für „locker 30 Gebiete“ aus, die ebenfalls eine Satzung bräuchten. Eine weitere Besucherin kritisierte, dass die Nöte der Hausbesitzer in der öffentlichen Debatte derart im Vordergrund stünden: „Niemand redet darüber, dass Menschen hier ihre Heimat verlieren. Das empört mich.“

Wertsteigerung versus bezahlbaren Wohnraum

„Die einen wollen Wertsteigerung, die anderen bezahlbaren Wohnraum. Das knallt im Moment aufeinander“, so Aigners Fazit. Dass die Frage das Potenzial hat, die Nachbarschaft zu spalten, wurde an dem Abend deutlich. Stadt und Rat greifen in die Eigentumsrechte der Besitzer ein. Und das sind im Viertel eben nicht nur große, profitmaximierende Konzerne.

Simone-Chantal Büttgenbach stellte sich als stellvertretende Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Innenstadt vor und als Mieterin mit betroffenen Immobilieneigentümern in der Verwandtschaft. In vielen Punkten deckte sich ihre Position mit der öffentlichen Stellungnahme der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Severinstraße. Der Vorstand hatte sie im Namen der Hauseigentümer abgegeben. Die Studie, die die Notwendigkeit der Satzung begründen soll, sei nicht repräsentativ, der Verdrängungseffekt sei nicht so groß wie behauptet und die Ausgestaltung der Satzung habe enorme Rechtsunsicherheit für die Eigentümer zur Folge.

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Eine differenziertere Sicht bot Jürgen Witsch. Der Beamte und Eigentümer eines Hauses am Platz An der Eiche distanzierte sich von der ISG: „Die Satzung geht in die richtige Richtung“, sagte er. Ohne Eingriffe in den Markt werde es nicht gelingen, die Menschen vor Verdrängung zu schützen. „Ich erwarte aber, dass das ordentlich gelebt wird“, sagte er. Die Verwaltung sei gefordert, ihren Ermessensspielraum so zu nutzen, dass notwendige Umbauten oder Sanierungen möglich blieben. Und letztlich würden alle Anstrengungen nicht helfen, wenn nicht grundsätzlich Baugenehmigungen schneller erteilt würden.

Eine Schnittmenge zwischen Hauseigentümern und Mietern zeigte an dem Abend ausgerechnet Jens Bruckner auf, ebenfalls CDU-Mitglied, Immobilienunternehmer und Lobbyist der Kölner Wohnungsbauwirtschaft. Er sei „kein Fan der Satzung“, gestand er wenig überraschend, begründete das aber mit fehlender Transparenz. Mehr Öffentlichkeit sei der richtige Weg. Die Sitzung des Wohnungsbauforums, in dem der Baudezernent die Satzung den Vertretern der Immobilienwirtschaft erläutern sollte, war nicht-öffentlich.