Der amerikanische Sänger und Rapper Post Malone trat in der ausverkauften Lanxess-Arena auf. Es war der einzige Deutschland-Termin seiner Welttournee.
Konzert in KölnDiesen deutschen Superstar holt Post Malone auf die Bühne
Ignorieren wir mal für einen Moment die Tatsache, dass Post Malone gerade durch eine Trockeneisnebelschicht aus der Unterbühne gehoben wurde. Oder dass ihm Zehntausende „Posty, Posty“-Rufe von den Rängen der ausverkauften Lanxess-Arena entgegenschallen. Sieht so ein Superstar aus, einer der erfolgreichsten Performer unserer Zeit, auf Phil-Collins-artiger Dauerrotation im Radio gebucht?
Wohl kaum. In Köln trägt Post Malone ein schwarzes Dirk-Nowitzki-Fan-Shirt und Khaki-Shorts. Wirkt wie ein Nachbar, der kurz zum Angrillen vorbeischaut und zwei Sixpacks Bud Light mitgebracht hat. Also für sich. Einer, an dessen Gesichtstätowierungen man sich längst gewöhnt hat, schließlich ist er so freundlich und anhänglich wie ein Golden Retriever. Im Laufe des Konzerts schlägt er seinem Publikum doch wirklich vor, Fremden auf der Straße, denen die Gesichtswinkel nach unten hängen, Umarmungen anzubieten. Zustimmender Jubel. Aber selbstredend ist niemand so verrückt, das später in die Tat umzusetzen.
Niemand tanzt so charmant ungelenk wie Post Malone
In Köln, der einzigen deutschen Station auf der aktuellen Welttournee, passt keine Briefmarke zwischen Posty und seinen Fans. Es gibt noch nicht einmal eine Band. Nur eine leere Bühne, ein volles Haus und maximal herzliches Einverständnis. Der 27-Jährige ist zwar inzwischen Vater einer Tochter, aber entschuldigt das sein ungelenkes Dad-Dancing? Doch, so wollen wir ihn ja sehen, selbstvergessen, sympathisch und auch verletzlich, schützenswert.
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Gleich im ersten Song des Abends, „Reputation“, singt Post Malone davon, sein eigenes Leben hinzugeben, um die Unsrigen zu retten. Darum also schluckt faustweise er Partypillen und legt Frauen zweifelhaften Rufes flach (wir paraphrasieren nur das Lied), er folgt der Logik des T-Shirt-Spruchs „Keiner ist unnütz. Er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen“.
Doch Austin Richard Post – er stellt sich dem Publikum gleich mit vollem Namen vor – kann wirklich etwas. Singen nämlich, ob mit oder ohne Autotune-Filter. Und Melodien finden, die sich in Millionen Gehörgänge schmeicheln. Was einen reizvollen Kontrast zu seinen inhaltlich eher ungefilterten Offenbarungen bildet. Zum großen Mitfühlen einlädt.
Der Künstler geht in der Arena auf die Knie
„Den nächsten Song habe ich darüber geschrieben, wie mir das Herz gebrochen wurde“, verkündet Post Malone und setzt sich zu „I Fall Apart“ auf den Boden der weit in den Innenraum reichenden, runden Vorderbühne. Die Knie angewinkelt, klagt er mit sich selbst im Harmonizer-Chor und ein Echolot-Geräusch misst die Tiefe seiner verletzten Gefühle.
Gleich darauf fleht er eine flüchtige Geliebte an, zu bleiben, obwohl – wir paraphrasieren erneut – er eigentlich zu betrunken zum Reden sei und sie gerade ihre Zigarette auf seinem Gesicht ausdrückt. Subtil ist der Mann nicht, das Album, aus dem diese Ballade von der sexuellen Hörigkeit stammt, hat er „Beerbongs & Bentleys“ genannt. Entlang der Klinge seines Schwert-Tattoos neben dem rechten Auge läuft ein Schweißtropfen. Könnte auch eine Träne sein. Die männlichste Träne der Welt.
„Stay“ singt er sitzend zur akustischen Gitarre. Später zertrümmert er das Instrument (oder eine Attrappe) auf der Hauptbühne, die Musik ist jetzt härter geworden, es klingt beinahe nach Nu-Metal. Das Stück heißt „Rockstar“. Bon Scott, der erste AC/DC-Sänger, wird erwähnt und links und rechts von Post Malone sprühen Funken, setzt es Feuerstöße. Ursprünglich kommt er aus dem Trap-Rap-Genre, das hört man seiner ersten Single „White Iverson“, dem letzten Stück des Abends, noch am deutlichsten an. Heute wäre es wohl korrekter, schlicht von Pop zu sprechen und irgendwann wird Post Malone mit seiner Standleitung zum blutenden Herzen und zur schwer schuftenden Leber noch als Country-Sänger enden.
Die zertrümmerte Gitarre – das ist dann wieder erfrischend unrockig – sammelt Posty sorgfältig ein und überreicht die Einzelteile den dankbaren Fans, die sich ans Absperrgeländer drücken. Dann kündigt er einen „talentierten Sänger“ an, mit dem er Backstage Beerpong gespielt habe, den Sport der Champions. Eine nette Untertreibung. Apache 207, Deutschlands meistgestreamter Künstler, stürmt die Bühne, ganz in schwarzem Leder, rappsingt seinen Hit „Fühlst du das auch?“ und, ja, die ganze Arena fühlt das.
Man hat beinahe das Gefühl, das Konzert könnte jetzt als Apache-Show weitergehen, doch hinter der LED-Wand wartet schon der nächste Gast, Swae Lee vom Brüderduo Rae Sremmurd, das ein exzellentes Vorprogramm bestritten hatte. Lee und Post singen ihren Hit „Sunflower“. Letzterer überreicht Ersterem auf Knien eine Plastiksonnenblume aus dem Publikum. Später trägt Posty eine schlappohrige Hasenmütze, die ihm ein Fan zugeworfen wurde, obwohl die nun wirklich nicht zum neuesten Hit „Chemical“ passt. Er kann nicht anders. Er ist ein Golden Retriever.
Am Anfang des Konzerts hatte Post Malone sich vorsorglich entschuldigt, er sei ein bisschen angekränkelt. Vielleicht gehe mal ein Ton daneben. Am Ende spricht er von einem der besten Konzerterlebnisse seines Lebens. Eine eklatante Schmeichelei. Der Witz ist, dass man ihm das in diesem Moment glaubt.