Liturgy, das Black-Metal-Projekt von Haela Hunt-Hendrix, ließ im Kölner Club Bumann & Sohn die Ohren fiepen.
Konzert in KölnWie Liturgy mit Teufelsmusik einen Gottesdienst bestreitet
Christliche Rockmusik hat nicht den besten Ruf. Christlicher Black Metal erscheint geradezu absurd. Geprägt wurde das Subgenre durch die norwegische Szene der 90er Jahre mit ihren neuheidnischen Ritualen und ihrer neonazistischen Ideologie, von Kirchenbrandstiftungen und sogar Morden. Selbst wenn man alles Strafrelevante zur bloßen Begleiterscheinung erklärte, bleibt das physische Faktum des Klangs: Hassgekrächze, dissonante Gitarrenriffs, eine Kriechspur misanthropischer Abscheu. Als künstlerische Extremposition ist Black Metal in seiner geballten Negativität beeindruckend.
„Warum sollte nur der Teufel die gute Musik haben“, sang einst der christliche Rockstar Larry Norman. Das mag sich Haela Hunt-Hendrix gefragt haben, als sie vor fast 20 Jahren ihr Black-Metal-Projekt Liturgy gründete. Das wurde nach dem 2011er-Album „Aesthethica“ zur „weltbesten Hipster-Black-Metal-Band“ erklärt, nach Hunt-Hendrix' Manifest über „Trancendental Black Metal“ aber von Teilen der Szene mit Hass verfolgt.
Dabei ist ihr Glaubenssystem, das sich zuletzt zum christlich-orthodoxen Marienkult gewandelt hat, nicht weniger abstrus als andere Privatmythologien der Kunstproduktion, man denke etwa an Karlheinz Stockhausen. Worum es da geht, versteht man nach wenigen Minuten des Liturgy-Sets im Kölner Club Bumann & Sohn: Dieser ohrenzerbröselnde Krach ist ein Gottesdienst.
Inmitten des auf der Stelle stehenden Hardcore-Gegniedels, der per Loopstation vervielfachten Choralgesänge, der Verzweiflungsschreie aus der irdischen Palliativstation blitzt sakrale Schönheit auf. Zur Zugabe spielt das Quartett aus Brooklyn ungewohnt dynamisch auf, als könnte man sich mit einem Kick der Bassdrum ins Paradies befördern.