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Konzert von Blond in KölnUnd plötzlich steht LaFee auf der Bühne und singt „Heul doch!“

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Sängerinnen in weißen Kleidern mit Glitzer im Gesicht.

Nina (links), Lotta (rechts) und Johann sind die Indie-Pop-Band Blond. Am 23. Januar spielten sie in der Live-Music-Hall.

Die Indie-Pop-Band Blond aus Chemnitz spielte in der Live-Music-Hall. Unsere Konzert-Kritik.

Wer in das Universum von Blond eintauchen will, muss erst einmal Vokabeln lernen. Die Band ist nicht einfach eine Band, sie ist eine Formation. Ihre Fans nicht einfach Fans, sondern Blondinators. Bei Blond mischt sich Ironie mit Ernsthaftigkeit, bis beides nicht mehr voneinander zu trennen ist. Dass sie dabei manchmal übertreiben, stört weder sie noch die Blondinators.

Die Kölner Fans jedenfalls haben selbstgebastelte Plakate mit Blond-Parolen mitgebracht, Glitzersteine im Gesicht und sind bestens gelaunt, als sich die Dreier-Formation auf der Bühne aufstellt: Nina an der Gitarre, Lotta am Schlagzeug, Johann am Bass und Synthesizer. In der Live Music Hall liefern die drei eine durchdachte Bühnenshow im Chemnitzer „Las-Vegas-Glamour“ ab. Ständig wechseln sie ihre Outfits, tanzen einstudierte Choreografien und spinnen Geschichten um ihre Songs. Die beiden Schwestern Nina und Lotta betreiben einen Podcast und reden auch auf der Bühne viel.

Blond vereint den Sound ihrer Teenie-Idole Wir sind Helden und LaFee

In ihren Indie-Pop-Songs sagen Blond dem Sexismus den Kampf an, mal laut und wütend, mal passiv-aggressiv und leise, wie in „Ich sage ja“. Darin spielen sie bitter ironisch das brave Ja-Sager-Mädchen: „Ich kann heute wählen geh'n, Geld verdien'n und Auto fahr'n /Weil alle Frauen vor mir immer nett und höflich war'n.“

Ihr Sound meist mehr Synthiepop als Indierock, mit eingängigen Melodien und Refrains – perfekt gebaut zum Mitgrölen. Im ersten Song des Abends („Durch die Nacht“) besingen sie die großen Vorbilder ihrer Jugend, von denen sich die Band auch in musikalischen Fragen einiges abgeschaut hat: Indie von Wir sind Helden und kitschig-schamloser Pop von LaFee. Die steht bei der Zugabe übrigens auf einmal neben den drei Blondies, um mit ihnen lauthals „Heul doch!“ zu singen. Nicht nur das Publikum, auch Blond rastet völlig aus in diesem kollektiven Fan-Moment.

Von Sims 3 über Menstruation und Depressionen

Vorher singen Blond ihrem Therapeuten ein Liebeslied („Mein Boy“), über ihren Spielcharakter („Sims 3“), der leider ein Loser sei: „Mein Sim erzählt 'n Witz und keiner lacht.“ Ruhiger wird es nur im Song „Immer lustig“, einer Abhandlung über Depressionen. Handylichter leuchten, während Nina über ihre Einsamkeit singt. Dann aber gleich wieder aggressiver Sound mit Rap-Einflüssen: „Oberkörperfrei“, die perfekte feministische Wut-Hymne, gefolgt von einem Song über Menstruationsbeschwerden. „Es könnte grad nicht schöner sein/ Und genau dann kicken meine Tage rein!“, schreit die ganze Halle.

Wut und Glitzer schließen sich bei Blond nicht aus. Ihr Universum ist bunt und ziemlich schräg. Dass das auch mal ins Peinliche abdriftet, weiß die Band selbst und beseitigt im finalen Song des Abends deshalb schnell noch die letzten Zweifel am Blondinator-Dasein: „Du musst dich nicht schämen für unsere Musik“. Und so rufen die Fans, auf die Zugabe wartend, fröhlich im Chor: „Es ist schööön, es ist tooll Blondinator zu sein!“