Am Donnerstag wird der Literaturnobelpreis vergeben. Die Wetteinsätze stehen, eine Chinesin führt das Feld an.
LiteraturnobelpreisWetten, dass es die Favoriten nicht werden?
Am Donnerstag, dem 10. Oktober, kurz vor 13 Uhr, werden wir wieder per Live-Schalte auf die Türen der Schwedischen Akademie starren, wie auf das Christkind darauf warten, dass sie sich öffnen und wir endlich erfahren, wem 2024 der Literaturnobelpreis zuerkannt wird. Und unweigerlich wird dann ein großes „Wie bitte?“ aus den weltweiten Feuilletonressorts erschallen, denn die Mitglieder des Nobel-Komitees sind Meister darin, Erwartungen und scheinbare Gewissheiten zu unterlaufen.
Nobelpreis-Jury will Redaktionen mit heruntergelassenen Hosen erwischen
Auch dieses Jahr schätzt Björn Wiman, Kulturredakteur bei Schwedens größter Tageszeitung „Dagens Nyheter“, habe sich die Akademie „große Mühe gegeben, einen Autor zu finden, der das Kulturkommentariat mit heruntergelassenen Hosen erwischt“.
Genau genommen ist dieser Troll-Aspekt inzwischen fast wichtiger als der eigentliche Preis. Die Konsensmeinung außerhalb der Jury liegt auf der Hand: Würde der Literaturnobelpreis per Mehrheitsentscheid der Kulturredaktionen vergeben, ginge er an Salman Rushdie, dürften die Lesenden wählen, könnte sich wohl Haruki Murakami freuen. Verdient, in beiden Fällen, aber auch irgendwie langweilig.
Interessant ist der Blick auf die Wettbüros wie das schwedische Bettson oder das englische Ladbrokes. Dort deuten die Quoten auf die Autorin Can Xue, laut ihrem deutschen Verlag Matthes & Seitz die wichtigste Vertreterin der experimentellen literarischen Avantgarde in China.
Auch Ulrika Milles, Literaturkritikerin des schwedischen Rundfunksenders SVT, hat sich in diese Richtung geäußert. Nachdem vergangenes Jahr der norwegische Autor Jon Fosse an der schon damals favorisierten Chinesin vorbeizog, könnte es laut Milles diesmal Zeit dafür sein, dass der Preis nach Asien und an eine Frau gehen könnte. Die Journalistin kennt ihre Schweden: In den vergangenen vier Jahren lag sie dreimal richtig. Und auch ihr Kollege Wiman denkt, dass es „eine Frau aus einem außereuropäischen Sprachraum“ werden wird.
Mit im Rennen sind aber noch zwei Australier und ein Osteuropäer: Gerald Murnane, den die „New York Times“ „den größten lebenden englischsprachigen Schriftsteller, von dem die meisten Menschen noch nie gehört haben“ nennt, die indigene Autorin Alexis Wright und der rumänische Dichter Mircea Cărtărescu. Sie alle dürften Kulturredaktionen weltweit Punkt 13 Uhr in Verzweiflung stürzen. Mission erfüllt.