Luke Mockridge sieht sich im „Stern“-Interview als Opfer einer Verleumdungskampagne - und wählt einen unpassenden Vergleich.
Kommentar zu Luke MockridgeWer von einem Säureangriff spricht, hat nichts verstanden
Luke Mockridge wurde im März 1989 geboren. Das sollte man im Hinterkopf haben, wenn er nun im „Stern“ über seinen Umgang mit Frauen spricht. Er habe ein exzessives und aufreißerisches Partyleben geführt: „Ich wollte genauso hart feiern wie andere, die nicht berühmt sind, wollte saufen, über die Stränge schlagen, Waschbecken aus der Wand reißen und vom DJ-Pult in die Menge springen. Ich hatte eine ‚Es gibt kein Morgen‘-Attitüde.“
Luke Mockridge spricht in dem Interview natürlich auch über die Anschuldigungen, die seine Ex-Freundin Ines Anioli gegen ihn erhob. Sie hatte ihm eine versuchte Vergewaltigung vorgeworfen und Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft sah keinen hinreichenden Tatverdacht und stellte die Ermittlungen irgendwann ein. Juristisch war der Fall damit beendet. Doch im Netz baute sich eine riesige Protestwelle auf, die Konsequenzen für einen der erfolgreichsten Comedians des Landes forderte. Es war eine der größten Social-Media-Schlachten der vergangenen Jahre. Im Gespräch mit dem „Stern“ sagte er nun, er mache sich keine Vorwürfe: „Egal, wie oft ich an unsere Beziehung zurückdenke, da war nichts Gewalttätiges.“
Luke Mockridge spielt sein Verhalten zu spätpubertärem Jungsgehabe herunter
Er habe jedoch früher eine fast sportliche Motivation gehabt, Frauen aufzureißen: „Ich komme aus einer Generation, in der das noch Heldenstorys waren, wenn man ‚gestern noch eine geklärt hat‘. Da gab es High Fives und Schulterklopfen. Aus heutiger Sicht: spätpubertär. Uncool.“ Sich selbst attestiert er, ein „Arschloch“ gewesen zu sein. Wenn man das liest, klingt es eher so, als sei Mockridge irgendwann in den 1950er Jahren und nicht Ende der 1980er geboren worden. Außerdem ist es eine billige Ausrede, sich dahinter zu verstecken, dass ein Fehlverhalten geduldet wurde.
Mockridges Aussage berührt zudem den Kern der #MeToo-Bewegung. Auch wenn es oft anders dargestellt wird, geht es dieser nämlich nicht darum, möglichst viele Männer vor Gericht zu bringen. Es geht darum, darauf aufmerksam zu machen, dass die patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft dazu führen, dass übergriffiges Verhalten geduldet wird, dass Männer Grenzen überschreiten können, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
Mockridge spielt sein Verhalten aber nun zu spätpubertärem Jungsgehabe herunter. Er sieht sich als Opfer einer Verleumdungskampagne, die ihn vernichten wollte. Ein echtes Nachdenken darüber, warum sein Verhalten - auch wenn es nicht strafrechtlich relevant war - möglicherweise problematisch war, bleibt offensichtlich aus.
Skandal um Luke Mockridge: Kölner Comedian spricht von „einem Säureangriff auf mein Image“
Dass ihm das Feingefühl im Umgang mit diesen Fragen fehlt, wird vor allem am Ende des Interviews deutlich. Da spricht er von „einem Säureangriff auf mein Image“. Er wählt als Bild für den Umgang mit ihm also ausgerechnet eine Straftat aus, von der besonders häufig Frauen betroffen sind.
Opfer solcher Angriffe sind für ihr ganzes Leben gezeichnet. Luke Mockridge hingegen steht wieder auf Bühnen, tourt mit seinem Programm, ist im Fernsehen zu sehen. Zurück bleibt das ungute Gefühl, dass er aus dieser Geschichte nichts gelernt hat.