SchauspiellegendeMario Adorf feiert seinen 90. Geburtstag
Köln – Mario Adorf ist lebende Filmgeschichte, die sich in einer gigantischen Zahl von Rollen manifestiert. Er war bereits in den 50er Jahren dabei. Kritikern des deutschen Nachkriegsfilms entgegnete er stets und mit Recht, dass es nicht allein Komödienharmonie gab, sondern auch Regisseure wie Wolfgang Staudte und Filme wie Robert Siodmaks „Nachts, wenn der Teufel kam“. Es war Siodmak, ein Deutscher, der vor den Nazis fliehen musste und es in Hollywood geschafft hatte, der zu Mario Adorf den Satz sagte: „Schauen Sie doch mal böse!“ In „Nachts, wenn der Teufel kam“ spielte Adorf 1957 Bruno Lüdke, einen Mann, der des Serienmords verdächtigt wurde. Siodmaks Film wurde zum finsteren Zeitbild, die Mörder schauten noch immer böse, und niemandem gelang dies besser als Adorf.
Vor fünf Jahren, der Schauspieler war gerade 85 Jahre alt geworden, überschrieb er seine Memoiren mit Siodmaks Aufforderung „Schauen Sie doch mal böse!“ Dabei sei es nur ein kleiner Teil seiner Rollen, auf die der Buchtitel wirklich zutreffen würde, sagte Adorf damals im Gespräch mit dieser Zeitung. „Tatsache ist allerdings, dass sie sich besser und dauerhafter einprägen. Dass ich sie übrigens gerne gespielt habe, erklärt sich allein schon daraus, dass am Theater diese Rollen immer schon als die besseren angesehen werden.“
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Adorf – 1930 in Zürich geboren – wuchs in Mayen in der Eifel auf. Er kam als das nichteheliche Kind eines verheirateten italienischen Arztes und seiner deutschen Mutter zur Welt, die ihn alleine großzog. Der junge Adorf fühlte sich keineswegs zur Schauspielerei berufen, studierte zunächst Philosophie, Kriminologie und Musikgeschichte an der Universität Mainz und später in der Schweiz; erst 1954 begann er eine Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Drei Jahre darauf spielte er bereits unter Siodmaks Regie, doch auch, wenn Adorf eine internationale Karriere bevorstand – im Unterschied zu seinem Regisseur wurde er nie ein Star in Hollywood. Die Traumfabrik erschien ihm zu geldgierig und anonym.
Seine Bühne waren Europa und besonders Deutschland. Die Begabung fürs Böse hat ihm aber nicht nur Freunde gemacht: Bis heute nimmt es ihm mancher persönlich übel, dass er als Ganove Santer Winnetous Schwester umgebracht hat. Es wäre aber verfehlt, Adorfs Talente auf die Darstellung von Mördern und anderen Schurken zu beschränken. Ganz im Gegenteil hat er auch umwerfend komische Seiten, legendär ist seine Mitwirkung in Helmut Dietls Fernsehserie „Kir Royal“ – darin spielte Adorf den rheinischen Generaldirektor Heinrich Haffenloher.
„Wir hatten das Gefühl, getäuscht, verführt worden zu sein. In einem System gelebt zu haben, das solche Verbrechen begangen hat, diese Erkenntnis war ein enormer Schock“, so beschrieb Adorf im Gespräch seine Erfahrung als Angehöriger der jungen Kriegsgeneration. Im Alter von 13 Jahren wurde er „Kriegsfreiwilliger“ – „ oder besser: Ich bin am 20. Juli 1944 zum »Kriegsfreiwilligen« gemacht worden, das heißt – nicht mit Begeisterung, aber auch nicht ... wie soll ich sagen: widerwillig. Das war halt einfach so.“
Diese Zeit hat Adorf immer wieder reflektiert, auch durch Filmrollen wie in Volker Schlöndorffs Verfilmung der „Blechtrommel“. Doch nun, da er seinen 90. Geburtstag feiert, nennt er vor allem ein Erlebnis, wenn er auf sein reiches Leben zurückblickt: „Es waren allein die ersten Jahre am Theater, die mir so etwas wie eine dauerhafte Prägung gaben.“