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Mein Kulturmonat„Für Momo habe ich als Kind einen Rucksack gepackt“

Lesezeit 4 Minuten
11.02.2025, Köln: Portrait von Rieke Brendel,
Geschäftsführerin der lit.Cologne.

Foto: Michael Bause

Rieke Brendel, Geschäftsführerin der lit.Cologne

Rieke Brendel, Geschäftsführerin der lit.Cologne, erzählt von ihrer engen Bindung an Kölner Kulturorte und -Akteure – und gibt persönliche Tipps für den März.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich als Studentin von meiner Ehrenfelder WG zur Uni gefahren bin und mich über ein großes Plakat gewundert habe, auf dem „Das erste Mal“ stand. Das muss irgendwann im Winter 2001 gewesen sein, denn das war die Werbung für die erste lit.Cologne. Damals habe ich Germanistik, Anglistik und Informationswissenschaften studiert und in diesem Jahr feiere ich schon mein Zwanzigjähriges bei der lit.Cologne – krass!

In den Jahren, in denen das Festival immer weitergewachsen ist, haben sich auch ganz enge Beziehungen in der Stadt entwickelt. Zu Menschen natürlich, aber auch zu Kölner Kulturorten. Zur Volksbühne am Rudolfplatz zum Beispiel – das ist ein tolles Theater mit Jugendstil-Charme und übrigens auch Kölns ältestes erhaltenes Theater, das von 1936 bis 2018 das Zuhause des Millowitsch-Theaters war. Direkt um die Ecke unseres lit.Cologne-Büros ist das Comedia-Theater mit zwei wunderbaren Sälen und einem tollen Programm, vor allem auch für Kinder und Jugendliche. Oder auch die Flora, der Tanzbrunnen – das alles sind Orte mit ganz eigenem Charme und Kooperationen, die uns über die Jahre total wichtig geworden sind.

Es gibt Menschen wie Annette Frier und Cordula Stratmann, die von Anfang an bei der lit.Cologne waren

Von Anfang an haben wir auch eng mit dem Schauspiel Köln zusammengearbeitet – da habe ich gerade mit meinen drei Kindern „Momo“ angeschaut – eine tolle Besetzung der Momo und eine tolle Inszenierung! Ich hab mich so gefreut, dass sie das hier inszenieren, weil „Momo“ immer eines meiner Lieblingsbücher war. Und es war auch einer meiner ersten Theaterbesuche als Kind in meiner Heimatstadt Oldenburg. Meine Eltern haben erzählt, dass ich dafür damals einen Rucksack gepackt habe – weil ich dachte, das Stück dauert genauso lange wie das Vorlesen des ganzen Buchs.

Bei „Momo“ waren auch zwei Schauspieler dabei, mit denen wir immer wieder zusammenarbeiten, schon seit ich bei der lit.Cologne bin. Andreas Grötzinger, der seit der Spielzeit 2021/22 festes Ensemblemitglied am Schauspiel Köln ist. Und Anja Laïs, die ich von der Bühne kenne, seit ich Ende der 90er von Oldenburg nach Köln gezogen bin – von 1998 bis 2013 war sie am Schauspiel Köln und ist jetzt wieder zurückgekommen.

Es gibt so etwas wie ein Ensemble von Menschen, die von Anfang an und immer wieder zu uns kommen – gerade bei den Schauspielerinnen und Schauspielern, die den internationalen Autorinnen und Autoren eine deutsche Stimme geben. Da sind über so viele Jahre auch wirklich enge Verbindungen entstanden. Aus Köln gehören auf jeden Fall Annette Frier und Cordula Stratmann dazu – die auch fantastische Veranstaltungen konzipiert haben. Cordula Stratmann hat zum Beispiel tolle Themenabende mit Bjarne Mädel gemacht. Und Annette Frier ist unter anderem eines der Gesichter der tollen wunderbaren „Remix“-Veranstaltungen mit Texten von jungen Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Natürlich liebe ich Bücher – aber ich gehe auch sehr gerne ins Kino, vor allem in die Kölner Programmkinos. Im Metropolis am Ebertplatz schaue ich oft Filme im Original. Und nachmittags gibt es dort ein gutes Kinderprogramm. Aber ich mag auch das Broadway und das Odeon – und ich liebe das Cinenova. Da habe ich als Studentin eine Zeit lang um die Ecke gewohnt und da haben wir uns manchmal erst abends um acht entschieden, schnell noch rüberzugehen und einen Film zu schauen.

Für Konzerte mag ich besonders die vielen kleineren Locations in Köln wie das Artheater, das Gloria, das Gebäude 9 oder die Kantine. Aber eines der schönsten Konzerte, das ich seit langem erlebt habe, war riesig: AnnenMayKantereit im Stadion 2023. Das war im Sommer, draußen, das letzte Konzert von der Tournee – das war schon ein echter Köln-Moment für mich. Sänger Henning May war übrigens auch mal bei der lit.Cologne und hat dort über seine Lyrics gesprochen. Hinter der Bühne hat er dann erzählt, dass er als kölscher Jung schon als Schüler bei unseren „KlasseBuch“-Veranstaltungen war.

Und dann gehe ich immer schon sehr gerne auf Partys und tanzen. Aber als Mutter ist man ja nicht mehr so flexibel wie früher. So langsam werden die Kinder zum Glück älter und gerade rücke ich wieder enger mit meinen Mädels zusammen, die ich noch aus dem Studium kenne. Und manchmal dann gehen wir zum Beispiel zusammen in den Tsunamiclub in der Südstadt. Da gibt es eine tolle Partyreihe unter der Woche – da geht man schon um acht Uhr hin, tanzt von neun bis elf und am nächsten Tag ist man trotzdem fit – herrlich! Das Publikum ist unglaublich freundlich und relativ durchmischt und total unkompliziert – alle haben einfach Lust nur auf Tanzen!

Mit kleinen Kindern und viel Arbeit kann man natürlich nicht alle kulturellen Angebote einer so großen Stadt wie Köln in Anspruch nehmen. Aber trotzdem wäre ich nie auf die Idee gekommen, aus der Stadt rauszuziehen. Allein die Idee, dass man in die nächste Kneipe, in den nächsten Club oder zum großen Konzert mit dem Fahrrad fahren kann – das liebe ich an Köln.