Zu Beginn jedes Monats geben uns Insider aus der Kölner Kulturszene Ausgeh-Tipps und erzählen davon, was sie an Köln begeistert. Im Mai: Manuel Moser vom Comedia Theater.
Kulturtipps für den MaiDie Highlights von Comedia-Regisseur Manuel Moser
Wir haben in Deutschland eine der reichsten Theaterlandschaften der Welt. Jede mittelgroße Stadt hat ein eigenes städtisches Theater, Tanzkompanien und/oder Orchester. Auch in Köln haben wir eine großartige Kulturlandschaft mit einer unglaublich tollen freien Szene. Ich mag vor allem die Mischung aus etablierten Kulturstätten auf der einen und spannenden, jungen Kollektiven und Offspaces auf der anderen Seite. Köln ist nicht nur Dom und Karneval. Köln ist auch Theater, Konzerte, Performances, Museen, Musik und Streetart. Und diese Mischung ist es ja, die eine Stadt spannend macht und weshalb Menschen Köln besuchen.
Ich gehe gerne ins Theater und zu Konzerten. Zuletzt war ich im Loft in Ehrenfeld bei einem Jazz-Konzert. Ansonsten bin ich viel im Belgischen Viertel unterwegs. Kultur und Bars oder Cafés gehören für mich beim Ausgehen zusammen. Ich mag den Bauturm, sowohl das Café als auch das Theater. Ich gehe aber auch oft ins Hallmackenreuther am Brüsseler Platz.
Manuel Moser vom Comedia Theater empfiehlt die Temporary Gallery
Im April waren wir zum ersten Mal mit dem COMEDIA Theater Teil der Tour Belgique. Wir sind mit einem zur Minibühne umgebauten Lastenfahrrad durchs belgische Viertel gefahren und eine Poetry Slammerin spielte dort openair und performte ihre Texte. Die Tour Belgique ist für mich eine super gelungene Kombination aus Kneipen- oder Barbesuch und Kulturgenuss und es gab in diesem Rahmen viele tolle Kulturveranstaltungen. Ich glaube, in dieser Kombination steckt das Potenzial ganz neue Zuschauer*innen anzusprechen.
Gerade in letzter Zeit gehe ich auch gerne in Kölner Galerien. Die Temporary Gallery würde ich absolut empfehlen. Das ist keine ganz kleine Galerie, sie ist aber auch nicht riesig und hat noch etwas sehr Persönliches - da kriegt man auch unangemeldet mal eine Privatführung. Im Mai ist auch das Photoszene-Festival. Da kann man an verschiedenen Orten Ausstellungen sehen, unter anderem eben auch in der Temporary Gallery. Es ist ein sehr zeitgenössischer Ansatz, jung, sehr modern, manchmal auch crazy, was man sich da angucken kann. Gold + Beton am Ebertplatz ist auch sehr empfehlenswert.
Rautenstrauch-Joest-Museum, Orangerie-Theater und „Werther in Love“
Zuletzt habe ich mir im Rautenstrauch-Joest-Museum die Ausstellung „LOVE?“ angeguckt. Die ist ja leider schon vorbei, aber dort gibt es immer wieder herausragende Ausstellungen. Ich finde, die machen eine wirklich gute Kuration und beschäftigen sich mit aktuellen Themen und Diskursen. Da wir im COMEDIA Theater ja viel mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ist deren Museumspädagogik für mich sehr interessant, aber auch wie das Publikum allgemein eingebunden wird. In Verbindung mit der Ausstellung wurde gekocht, es wurden Diskussionen veranstaltet, Besucher konnten etwas aufschreiben und das wurde Teil der Ausstellung. Ich bewundere die Arbeit der Verantwortlichen dort sehr und schätze, wie sie die Stadtgesellschaft immer wieder einbinden.
Mein Lieblingstheater wechselt immer wieder mal, momentan ist es das Orangerie-Theater. Da gibt es gerade ein neues Team und mit Sarah Youssef eine neue künstlerische Leistung. Ihr Ansatz ist immer wieder überraschend und man merkt, dass sie und ihr Team Theater nicht nur als Raum begreifen, in dem man sich eine Stunde lang hinsetzt, nichts sagt und am Ende klatscht. Ich freue mich auch darauf, dass wir im Mai im COMEDIA Theater nochmal „Werther in Love“ spielen, eine junge Fassung von Goethes Werther.
Auch für junges Publikum hat Köln viel zu bieten
Für jüngeres Publikum gibt es in Köln unzählige Angebote. Ich empfehle einen Besuch im jungen Literaturhaus wo es immer wieder tolle Veranstaltungen für ein junges Publikum gibt. Im Mai findet auch NEXT! statt, eine Veranstaltung der jungen Fotoszene. Köln ist eine junge Stadt mit vielen Studierenden. In jedem Kulturbereich gibt es diese junge Szene, die spannende Arbeit macht und zu wenig gesehen und unterstützt wird. Das ist ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem. Junge Künstler*innen brauchen Sichtbarkeit und Unterstützung. Wie jung und innovativ Köln als Kulturstandort ist, verdient viel mehr Aufmerksamkeit, und die Künstler*innen brauchen gesicherte Finanzierungen.
Ich glaube, es ist die Aufgabe von uns als Kulturschaffenden Barrieren abzubauen. Gerade im Theaterbereich wollen wir zugänglicher werden und wollen Menschen, die nicht aus klassischen Bildungsbürger-Familien kommen, dafür begeistern ins Theater zu gehen. Meiner Meinung nach ist Theater eine großartige Kunst, die alle ansprechen kann.
Ich bin absolut überzeugt davon, dass es besonders in schwierigen Zeiten wie jetzt wichtig ist, dass Kultur als ein Anker da ist. Kultur schafft Räume, in denen sich Menschen treffen können. Manchmal einfach um den Alltag zu vergessen, um unterhalten zu werden, einfach mal an etwas anderes zu denken. Aber auch um sich auszutauschen, um gemeinsam zu fühlen und zu erleben. Ich glaube es wird noch viel zu wenig gesehen, was die Kultur in dieser Stadt für einen Schatz darstellt und wie wichtig es wäre, diesen zu bewahren und zu entwickeln.
Zur Person
Manuel Moser ist Schauspieler, Regisseur und Künstlerischer Leiter des COMEDIA Theaters. Er ist auch Vorstand des Vereins für Darstellende Künstler und im KulturNetzKöln E.V., die beide Interessen von freien Kunstschaffenden vertreten. Er lebt zusammen mit seinem Partner im Belgischen Viertel in Köln.
Drei Tipps für den Mai
1. Temporary Gallery / Photoszene-Festival
Es gibt ab dem 12. Mai eine Ausstellung namens Vibrant Waters von der Temporary Gallery, die ist am Mauritiuswall. Die Ausstellung ist Teil des Photoszene-Festivals, das über die Stadt verteilt Veranstaltungen anbietet.
VIBRANT WATERS. Photoszene Co-Labs! 12 May—11 June 2023. Eröffnung: Fr 12 Mai, 20 Uhr. Temporary Gallery. Zentrum für Zeitgenössische Kunst. Mauritiuswall 35, 50676 Köln.
2. Lesung mit Bezhad Karim Khani
Im Literaturhaus findet eine Lesung mit Bezhad Karim Khani statt. Den hab ich ehrlicherweise über Instagram kennengelernt. Er liest am 22.05. aus seinem Buch „Hund, Wolf, Schakal“.
Lesung mit Behzad Karim Khani: Hund, Wolf, Schakal. 22.05., 18 Uhr. Literaturhaus Köln e.V. Großer Griechenmarkt 39, 50676 Köln.
3. Schauspiel Köln / Sommerblut-Festival
Im Mai findet das Sommerblut-Festival statt. Ein paar Stücke spielen im Orangerie-Theater. Die Eröffnung am 06. Mai findet aber im Schauspiel Köln statt. Dazu gibt es ein Tanzstück namens „Yishun is Burning”, das singapurische rituelle Tänze und queerer Dragperformance kombiniert.
„Yishun is Burning”. Eröffnung des Sommerblut-Festivals. Gastspiel im Schauspiel Köln. 06.05., 20 Uhr. Schauspiel Köln, Depot 2. Schanzenstraße 6-20, 51063 Köln