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Mit Instagram-Provokationen zurück zur Prime-TimeDer ewige Klassenclown Oliver Pocher

Lesezeit 4 Minuten
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Oliver Pocher hängt in der Live-Show „Pocher vs. Wendler - Schluss mit lustig!“ bei RTL über einer Eistonne.

  1. Oliver Pocher ist eigentlich ein klassisches Fernsehgesicht. Nach seinem vorläufigen Karrierehöhepunkt, der Late Night Show „Schmidt & Pocher“, war er nie wirklich weg aus dem Fernsehen – aber auch nicht mehr sehr präsent.
  2. Jahrelang machte er vor allem durch sein Privatleben und Streitereien mit Boris Becker auf sich aufmerksam. Doch seit einigen Monaten läuft es wieder richtig gut.
  3. Auf Instagram inszeniert sich Pocher als moralische Instanz – und wird zunehmend für seine „Bildschirmkontrolle“ kritisiert – unter anderem von der Antilopen Gang.
  4. Pocher benimmt sich dabei wie ein Klassenclown, der einen guten Witz gemacht hat und der dann nicht weiß, wann es Zeit ist aufzuhören.

Köln – Oliver Pocher hatte offensichtlich Langeweile, als er vor einigen Wochen aufgrund einer Corona-Infektion in Quarantäne war. Und er tat, was wohl fast alle in einer solchen Situation tun – er verdaddelte seine Zeit mit Social Media. Seine schönsten Funde präsentierte er dann auf seinen eigenen Kanälen. Das alles fing ziemlich harmlos an, wenn er sich etwa über den Ex-Bachelorette-Kandidaten Johannes Haller lustig machte, der es für eine gute Idee hielt, während des Lockdowns mit dem Auto quer durch Europa zu fahren. Die Videos haben hohe Abrufzahlen. Pocher, der zuvor vor allem durch seinen medienwirksamen Beef mit Schlagersänger Michael Wendler in den sozialen Netzwerken auf sich aufmerksam gemacht hatte, erhält viel Aufmerksamkeit.

Gut 1,6 Millionen Abonnenten hat er aktuell bei Facebook, 1,9 Millionen Follower bei Instagram. Sein neu gestarteter Podcast läuft gut, Auftritte in Autokinos sind schnell ausverkauft. Es ist ihm gelungen, seine Prominenz auch in die digitale Welt auszuweiten.

Dabei ist der Komiker eigentlich ein klassisches Fernsehgesicht. Der 42 Jahre alte gelernte Versicherungskaufmann aus Hannover wurde 1999 in einer Talkshow von Hans Meiser entdeckt, moderierte danach bei Viva und Pro Sieben, trat auch als Schauspieler in Erscheinung („Vollidiot“) und erlebte seinen vorläufigen Karrierehöhepunkt, als er 2007 mit Harald Schmidt die Late Night Show „Schmidt & Pocher“ startete. Ein Experiment, das bald scheiterte. Schmidts Ego und seine sichtbare Verachtung für Pocher waren zu groß, er nannte ihn in der Sendung eine „kleine, miese Type“. Danach war Pocher nie wirklich weg aus dem Fernsehen, aber auch nicht mehr sehr präsent. Er machte jahrelang vor allem durch sein Privatleben und Streitereien mit Boris Becker auf sich aufmerksam.

Doch seit einigen Monaten läuft es wieder richtig gut. Im Dezember 2019 unterschrieb er einen Exklusivvertrag mit RTL, der ihm unter anderem zwei neue Primetime-Formate garantiert. Und an diesem Freitag startet bei RTL seine Late Night Show „Pocher – gefährlich ehrlich“, in der er mit seiner Frau Amira zu sehen sein wird.

Oliver Pocher: Wendler-Fan, Moderator, Podcaster, Influencer und Comedy-Star

Darin wird der Wendler-Fan, Moderator, Podcaster, Influencer und Comedy-Star laut RTL „seine aktuellsten und lustigsten Instagram-Inhalte offen und ehrlich“ mit den TV-Zuschauern teilen. Er werde dort kein Blatt vor den Mund nehmen, so Pocher.

Und genau dieses Verhalten sorgt gerade im Internet für viel Gegenwind. Denn was mit eher augenzwinkernden, durchaus humorvollen Videos über die Abgründe des Influencer-Zeitalters – die gnadenlose Vermarktung der eigenen Kinder, das Bewerben von völlig überteuerten Produkten, die auf Hochglanz polierte Inszenierung eines vermeintlichen Alltags – begann, schlug in den vergangenen Wochen um.

„Pochers Bildschirmkontrolle“ nennt er seit einiger Zeit seine Videos und schießt sich darin auf einige Influencerinnen ein, allen voran die den meisten vermutlich unbekannte Anne Wünsche. Die Ex-„Berlin – Tag & Nacht“-Laiendarstellerin hat gut 800 000 Follower bei Instagram. Pocher wirft ihr vor, Likes und Abonnenten zu kaufen. Sie hat mittlerweile laut eigener Aussage ihren Anwalt eingeschaltet. Pocher inszeniert sich dabei als moralische Instanz. Ein Interview zu dem Thema lehnt er ab, er gebe alle Antworten in seinen Social-Media-Kanälen, sagt sein Management. Vorwürfe, sein Verhalten sei Mobbing wischt er dort allerdings bloß mit dem Hinweis auf Comedy zur Seite.

Pocher muss Schmerzensgeld an Zuschauerin zahlen

Doch Pocher machte nicht bei seiner – in Teilen sicher berechtigen – Kritik Halt, er zeigte in seinem Video Aufnahmen aus Erotik-Filmen von Wünsche und einer ihrer Freundinnen. Bilder, die vorher nicht bekannt waren. Und die nichts, aber auch gar nichts mit seinen anderen Vorwürfen zu tun haben. In seinen Videos vergleicht er Frauen auch schon mal mit Gehacktem oder rät ihnen, von der Brücke zu springen. Nur Comedy?

Pocher benimmt sich wie ein Klassenclown, der einen guten Witz gemacht hat und der dann nicht weiß, wann es Zeit ist aufzuhören. Es ist ein Verhaltensmuster, das ihn schon früher in die Bredouille brachte. So musste er 2006 einer Zuschauerin Schmerzensgeld zahlen, weil er ihr in einer „Wetten, dass..?“-Sendung eine Schönheitsoperation empfohlen hatte.

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Auch jetzt gibt es ordentlich Gegenwind. Der Verein „Liebe wen du willst“ stellte Strafanzeige. Die Antilopen Gang veröffentlichte einen Diss-Track, in dem es heißt: „Olli Pocher ist nicht clever, Olli Pocher ist nicht komisch, Olli Pocher ist nicht doppelbödig, er ist nicht ironisch, Olli Pocher ist nicht überraschend und auch nicht sympathisch. Dass dieser Typ als lustig gilt, ist nur noch tragisch.“

Am Freitagabend („Pocher – gefährlich ehrlich“ live um 23.15 Uhr bei RTL) wird sich zeigen, ob und was Pocher seinen Kritikern entgegnet.