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Moderatorin Bianca Hauda im InterviewWenn Pete Doherty aufs Mischpult springt

Lesezeit 9 Minuten
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Die Kölner Moderatorin Bianca Hauda moderierte zehn Jahre lang bei 1Live, heute arbeitet sie für Arte. 

  1. Bianca Hauda (36) moderierte zehn Jahre bei 1LIVE, heute arbeitet sie für ARTE.
  2. Bei einem Spaziergang am Rhein erzählt sie, wieso sie mit Libertines-Sänger Pete Doherty auf dem Studiopult hockend über Schreibmaschinen redete.
  3. Außerdem spricht sie davon, warum sie sich mehr Frauen abseits der Rollenklischees im Radio und Fernsehen wünscht und was sie Nachwuchsmoderatorinnen und Moderatoren rät.

Frau Hauda, Sie hatten schon viele prominente Gäste im Studio zu Gast. Von welchen Interviewpartnern waren Sie der größte Fan?Bianca Hauda: Am meisten Fan, wenn man das so nennen mag, war ich als Lars Eidinger, großartiger Film- und Theaterschauspieler, bei mir im 1LIVE Talk zu Gast war. In den war ich während des Talks schon ein bisschen verknallt. Aber so eine Person hat glaube ich jeder.

Einer meiner krassesten Interviewpartner war Pete Doherty, der Sänger von The Libertines und den Babyshambles. Pete Doherty ist bekannt als das Enfant Terrible der Musik-Szene: Man weiß nie auf welchen Drogen er ist, ob er überhaupt zu einem Interview auftaucht und vor allem wie er dann drauf ist. Fürs Interview mit ihm haben wir uns wie immer ausführlich vorbereitet. Aber einen Pete Doherty kann man nicht mit „Hey, ich habe hier noch drei bis sieben Fragen“ kommen, ein Pete Doherty macht was er will. Deshalb ist er dann auch irgendwann auf unser Studiomischpult geklettert und hat über Schreibmaschinen gesprochen, die er sammelt. Ich liebe so was ja und bin dann auch aufs Pult, zwischen meine Regler. So haben Pete Doherty und ich hockend auf dem Studiopult ein Interview über Schreibmaschinen geführt. Natürlich ging es auch um seine Musik. Aber ich mag solche kleinen provokanten Momente, die aus der Reihe tanzen.

Pete Doherty

Ein einprägsames Interview: Bianca Hauda mit Pete Doherty

Hatten Sie auch schon mal Interviews, bei denen Sie danach sehr enttäuscht waren?

Etwas irritiert war ich, als Two Door Cinema Club zu Beginn ihrer Karriere zu uns kamen. Zwei von ihnen waren die ganze Zeit am Handy, nur einer hat geredet. Man sah richtig: Der eine fängt die anderen jetzt auf und hat null Bock auf Promo. Irgendwann habe ich gesagt: „Jungs, wenn ihr keine Lust habt, dann kann ich auch gerne einfach nur eure Musik spielen und ihr setzt euch in die Regie. Es ist euer Interview.“

Was haben sie dann gesagt?

Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das endete, wahrscheinlich sind sie einfach geblieben. Aber ich habe sie Jahre später wiedergesehen, beim Melt! Festival, als ich für den Fernsehsender One die Festivalsendung moderiert habe. Da waren die total Zucker und wirklich nett! Nach dem Interview habe ich sie gefragt: „Erinnert ihr euch, dass ihr mal bei mir im Radio zu Gast wart und ich euch rausgeschmissen habe?“ Sie meinten, damals, als sie angefangen haben, hatten sie eine Überflieger-Phase. Man sieht sich eben tatsächlich immer mindestens zwei Mal.

Wollten Sie eigentlich schon als Kind Moderatorin werden?

Eigentlich wollte ich Schauspielerin werden. Nach meinem Abi habe ich auch ein Jahr lang an Schauspielschulen quer durch Deutschland vorgesprochen. Ich bin immer in die letzten Runden gekommen, aber dann daran gescheitert, endgültig aufgenommen zu werden. Dann habe ich angefangen, Literary Culture and Media Studies an der Uni Siegen zu studieren. In Siegen wurde ich dann freie Mitarbeiterin bei Radio Siegen. Da habe ich auch meine ersten Interviews mit großen Künstlern gemacht, mit Helge Schneider und Nena. Wie das meist bei Künstlern ist, hat auch Nena vorher ihren Rider an die Redaktion geschickt, was sie Backstage haben mag: Ihr Wunsch war Mondwasser und rotes, gedämpftes Licht im Backstage-Bereich. Da haben wir dann auch das Interview gemacht. Ich war super aufgeregt, aber sie war tatsächlich sehr nett. Und ich dachte nur: Mit Künstlern quatschen, cooler Job, das mach ich jetzt immer!

Wie sind Sie dann beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelandet?

Eine Sache kann ich wirklich nur jedem empfehlen, der im Volontariat oder in der Ausbildung steckt: Damals konnte man von den NRW Lokalradios und der Deutschen-Hörfunk-Akademie Seminare machen, die für freie Mitarbeiter nur 50 Euro gekostet haben. Da habe ich alles mitgenommen, was ging. Und dort habe ich auch jemanden kennengelernt, der beim SWR gearbeitet hat, bei „DASDING“, der mir empfohlen hat mich dort zu bewerben. Das habe ich gemacht und es hat geklappt! Dann habe ich mehrere Jahre in Baden-Baden gelebt, vom Nachmittag, über Festivalspezialsendungen bis zur Morning-Show bei DASDING nahezu alles moderiert. Das war eine tolle Zeit! Was ich aber nie wieder machen wollen würde ist eine Morgensendung

Wieso nicht?

Einfach nicht meine Uhrzeit. Ich bin eher der Abendtyp. Plan B bei 1LIVE war total meine Sendung, schön bis 23 Uhr. Auch ne Sendung bis um eins würde gehen. Aber um drei Uhr aufstehen, um vier im Sender sein, bis sechs Uhr vorbereiten, bis zehn Uhr Senden und danach noch nachbereiten? Mit 23 Jahren habe ich da in den Spiegel geguckt und dachte mir: Boah siehst du fertig aus. Das will ich nicht. Respekt an die Kollegen, die das seit 20 Jahren machen.

Bianca Hauda © Frederike Wetzels-0121

Moderatorin Bianca Hauda

Dann waren Sie 10 Jahre bei 1Live, richtig?

Ja, das ist wie ein Marker im Leben. 1LIVE ist mein Hoch-Pegel am Rhein.

Was machen Sie heute bei Arte?

Die Sendung, die ich jetzt mache, sollte eigentlich schon im Frühjahr beginnen: ARTE TWIST. Dafür sollte ich quer durch Europa fahren und mich dort mit Künstlern über gesellschaftlich relevante Themen unterhalten und darüber, wie Kunst und Kultur dort eingreifen können. Stattdessen gab es aufgrund der Pandemie im Frühjahr drei Monate eine Sendung bei mir zu Hause, die culture@home heißt. Jeden zweiten Montag haben wir bei mir zu Hause im Kölner Süden gedreht. Das war eine irre Erfahrung, zwischen der eigenen Kaffeemaschine und dem Sofa zu moderieren.

Medienschaffende stellen sich vor

Köln gehört zu den Medienstädten Deutschlands: WDR, RTL, Deutschlandfunk und weitere Medienhäuser produzieren ihre Sendungen und Inhalte aus der Domstadt heraus. Doch wer sind die Menschen, die für die Sender und Medienhäuser arbeiten? Wir stellen Moderatorinnen und Moderatoren vor und sprechen mit Medienschaffenden darüber, wie sie in ihren Beruf gekommen sind, wie sich die Medienbranche verändert hat und was die Herausforderungen der Zukunft sind.

Mit TWIST sind wir dann erst Ende August gestartet. Seitdem sind wir aufgrund der aktuellen Situation quer durch Deutschland unterwegs. Klar, das ist auch ein bisschen schade, denn normalerweise wäre ich jetzt zwischen Paris, Athen, Kopenhagen und Köln. Aber spannend ist es auch, weil ich jetzt Städte in Deutschland kennenlernen darf, die ich ansonsten nicht unbedingt besucht hätte, Magdeburg zum Beispiel oder Halle.

Was war Ihre größte Panne als Moderatorin?

Pannen gibt es in 10 Jahren Radiojob viele. Um eine zu nennen: Als 1LIVE vom Mediapark zum Appellhofplatz gezogen ist gab es viele technische Probleme mit unserem Studio. Einmal hat während meiner Sendung einfach gar nichts mehr funktioniert: Es kam keine Musik mehr raus, ich konnte keine Töne abspielen, wirklich nur noch in das Mikrofon sprechen. Also erzählst du erstmal Dinge, liest Nachrichten von Hörern vor und erklärst das Problem. Irgendwann, als ich mir nicht mehr helfen konnte, habe ich durch das Mikro, durch NRW, gesagt, dass unser Nachrichtensprecher doch mal rüberkommen soll, ein bisschen mit mir quatschen. Das hat er auch gemacht und das war dann ganz lustig und hoffentlich auch unterhaltsam. Aber Pannen sind ja immer super. Nicht in dem Moment, in dem dir die Panne selber passiert, sondern für die Hörer – die lieben Pannen. Ich übrigens auch! Pannen machen menschlich.

Wie wichtig ist es Ihnen, als Journalistin Haltung zu zeigen?

Haltung zeigen ist finde ich immer wichtig, in der Redaktion und im Alltag. Feminismus liegt mir am Herzen, dass Journalistinnen, Moderatorinnen, Frauen für sich einstehen – auch wenn es unbequem wird.

Hat Ihnen das schon Probleme gemacht?

Meine große Fresse? Klar. Mit einer Größe von 1,60 Metern sowieso. Ich werde immer die kleine, zierliche Frau sein, egal ob mit 15 oder 65. Das habe ich schon oft erlebt, auch in Gehaltsverhandlungen, vor allem natürlich mit älteren Männern. Nein-Sagen ist ein Hobby von mir geworden, gleichzeitig eine Challenge mit sich selber. Ich finde Nein sagen sehr wichtig, auch wenn es sehr schwer ist. Aber es tut so gut, wenn man es tut!

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Würden Sie sich also mehr Frauen in der Branche wünschen?

Klar. Aber auch mehr Moderatorinnen, die nicht nur das Rollenklischee verbinden. Da will ich jetzt keinen ankreiden, aber damit meine ich: groß, blond und kurzes Etuikleid. Ich habe mal eine solche Erfahrung bei einem TV-Casting gemacht. Man sollte ein bisschen schicker kommen, es ging um ein Kulturmagazin. Schicker ist total okay. Also habe ich mich für einen schwarzen Oversized-Blazer, hohe Schuhe mit Blockabsatz und eine kurze Hose entschieden. Vor der Aufnahme sagte der Regisseur dann zu mir: „Du weißt schon, dass das ein High Heels Magazin ist?“ Ich meinte – und darüber bin ich heute noch froh: „Du weißt schon, dass ich keine High Heels Frau bin?!“. Unfassbar! Hinterher sagte er dann noch zu mir, dass es doch ganz gut lief. Wahnsinn, oder?! So etwas muss aufhören, im TV und generell. Auch bei ARTE habe ich immer Sachen an, die ich mir selbst aussuche, in den letzten Sendungen war das ein riesengroßer Oversized-Mantel. Die Hälfte der Leute in den Kommentaren zu den Sendungen finden den Mantel geil und fragen woher er ist, die andere Hälfte kommentiert darunter, welche Wette denn die süße Maus verloren hat.

Wie gehen Sie mit solchen Kommentaren um?

Die prallen mittlerweile an mir ab. Ich weiß noch, als ich die Morning-Show beim SWR übernommen habe, kamen ganz viele Nachrichten: „Wir wollen die anderen zurück! Geht von der Antenne, das ist doch scheiße.“ Das ist normal, Hörer sind an ihre Moderatoren gewöhnt. Aber damals war ich jung und hab das alles sehr persönlich genommen. Manchmal bin ich heulend nach Hause gegangen und habe gedacht: Am nächsten Tag komme ich nicht mehr. Aber das ist etwas, womit man lernen muss umzugehen.

Was würden Sie Nachwuchsmoderatorinnen und Moderatoren raten?

Lasst euch nicht verbiegen. Macht Dinge so, wie IHR sie machen würdet und nicht jemand anders. Vorbilder sind toll, aber man selber sein ist so wichtig, um nicht ersetzt zu werden. Jungen Frauen sage ich immer: Seid laut, fordert die gleiche Kohle, macht euch nicht klein!