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Museum für Ostasiatische KunstSeit Monaten ist das Kölner Museum ohne Direktorin - was tut die Stadt?

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Der Innenhof des Kölner Museums für Ostasiatische Kunst: ein Ort der Ruhe.

Der Innenhof des Kölner Museums für Ostasiatische Kunst

Das Museum für Ostasiatische Kunst ist das Stiefkind unter den Kölner Museen. Lässt die Stadt die Suche nach einer neuen Direktorin schleifen?

Aus dem Trubel der Stadt sind es zwei Haltestellen bis zum schönsten Ruheraum von Köln. Ins Museum für Ostasiatische Kunst tritt man wie in eine andere Welt: Geradeaus fällt der Blick in einen stillen Landschaftsgarten, nach rechts geht er auf den Aachener Weiher hinaus. Beides keine auftrumpfenden Gesten und gerade deswegen das beste Entree, das man sich für dieses im Rheinland einmalige Museum wünschen kann.

Äußerlich macht das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst (MOK) derzeit einen etwas verwilderten Eindruck. Das Unkraut sprießt, manche Steine bröckeln und Graffiti-Schmierer haben Spuren auf dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude hinterlassen. Auch im Inneren des Museums ist nicht alles zum Besten bestellt. Zwar läuft der Ausstellungsbetrieb weiter, aber die Direktorenstelle ist seit mittlerweile sechs Monaten unbesetzt. Im Oktober 2022 schied die langjährige Direktorin Adele Schlombs aus dem Amt, um ihren Ruhestand anzutreten. Überraschend kam das für die Stadt selbstredend nicht. Lässt das Kulturdezernat die Besetzung dieser wichtigen Stelle einfach schleifen?

Das Verfahren lief jedenfalls alles andere als optimal

Das Verfahren lief jedenfalls alles andere als ideal. Erst im Juni 2022 schrieb die Stadt Köln die Direktorenstelle aus, mit einer einzigen Annonce und ungewöhnlich kurzer Bewerbungsfrist. Schon damals war eine Vakanz auf der Direktorenstelle abzusehen. Schlombs ist nach eigenen Angaben nicht in die Suche eingebunden, obwohl sie im Gegensatz zum Kulturdezernat über das nötige Fachwissen und gute Kontakte in die Welt der ostasiatischen Kunstwissenschaft verfügt.

Aus dem Kulturdezernat hieß es am Freitag, man befinde sich „aktuell mit einer Person in Vertragsverhandlungen“. Dem Vernehmen nach waren zuletzt zwei Kandidatinnen in der engeren Wahl; die von der Stadt favorisierte leitet demnach eine Abteilung für ostasiatische Kunst in einem renommierten US-amerikanischen Museum. Sie soll der Stadt Köln mittlerweile abgesagt haben. Die zweite Kandidatin kommt offenbar aus der Wissenschaft; über Erfahrungen im Museumsbetrieb soll sie nicht verfügen.

Die Favoritin soll der Stadt Köln mittlerweile abgesagt haben

Über die Gründe für eine mögliche Absage lässt sich nur spekulieren. Aber die Rahmenbedingungen, unter denen jede neue Direktorin antreten würde, sind nicht eben verlockend. Seit Jahren ist das MOK so etwas wie das Stiefkind unter den städtischen Kölner Museen: 2013, im Jahr seines 100-jährigen Bestehens, musste es für Sanierungsarbeiten geschlossen werden, viele Schätze waren bereits unter Schlombs in einem derart angegriffenen Zustand, dass sie aus restauratorischen Gründen nicht mehr gezeigt werden konnten. All das hat schlechte Tradition: Schon Frieda Fischer, zwischen 1914 und 1937 Direktorin des Museums, beklagte sich bei den Stadtvätern darüber, dass die Museumswärter bitterlich in ihren dünnen Jacken frören.

Auch der Stadt Köln dürfte die Bedeutung des MOK bekannt sein – es ist das älteste auf asiatische Kunst spezialisierte Museum in Europa. Die Sammlung umfasst etliche wundervolle Beispiele der fernöstlichen Kultur: antike Keramiken und kostbare Stoffe, schwungvolle Kalligraphien, hochfeine Zeichnungen und virtuos gestaltete Alltagsgegenstände. Dieses Eigentum verpflichtet, gerade in einer Kunststadt wie Köln, auch wenn der Passus im kölschen Grundgesetz fehlt. Das MOK ist eine Quelle der Schönheit und eine Fundgrube für Kunstfreunde, die sehen und verstehen wollen, was Maler wie Vincent van Gogh oder Gustav Klimt an der asiatischen Kunst begeisterte.

Eine entscheidende Frage dürfte bei den Vertragsverhandlungen die personelle Ausstattung des Hauses sein. Derzeit gibt es am Museum für Ostasiatische Kunst zwei wissenschaftliche Vollzeitstellen und eine halbe Kuratorenstelle – deutlich zu wenig, um etwa aufwendigere Forschungsprojekte anzugehen oder auch nur der weit verzweigten Sammlung gerecht zu werden. Zum Abschied hatte Schlombs davor gewarnt, dass ohne weitere Fachwissenschaftler am Haus „Fragen der Provenienzforschung zukünftig unbeantwortet“ blieben und das Museum dadurch „in vielen Fällen als internationaler Leihgeber nicht mehr infrage käme“. Auch die Möglichkeiten des Museums, Werke von anderen Museum auszuleihen, blieben davon wohl nicht unberührt.

Für das laufende Jahr ist der Ausstellungsbetrieb gesichert. Gerade wurde eine Ausstellung zum chinesischen „Exportsilber“ eröffnet, im Herbst zeigt Kurator Bas Verberk Objekte aus der hauseigenen Sammlung japanischer Kunst. Das kleine Museumsteam gilt als kompetent und motiviert, aber an Ausstellungen, die, wie 2012 „Glanz der Kaiser von China“, ein größeres Publikum anziehen, ist unter diesen Umständen kaum zu denken. Soll das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst eine Zukunft haben, die seiner Bedeutung gerecht wird, braucht es eine engagierte Führung, die als Mitgift eine spürbar bessere finanzielle Ausstattung erstreitet. Und das eher heute als morgen.