AboAbonnieren

Musikfestival im StreamWie die Kölner c/o pop die Zukunft des Musikgeschäfts zeigt

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (5)

Die Kölner Band OK Kid wird aufgezeichnet

Köln – Das nach Corona nichts mehr so sein wird, wie es vorher war, mag man kaum noch hören. Umso eindrücklicher ist es, sich selbst davon zu überzeugen. Etwa bei der zweiten digitalen Ausgabe des Kölner Musikfestivals c/o pop, die zusammen mit der ihr angeschlossenen Convention am Donnerstag und Freitag auf zwei Kanälen streamt.

Den ersten Versuch hatten die Ehrenfelder Macher im Oktober gestartet, seitdem haben sie viel über die Gesetzmäßigkeiten des Netzes gelernt. Zum Beispiel, sagt Festival Director Elke Kuhlen, dass Konzerte oder Filme nicht beliebig lang sein können: „Das müssen 10, 15 oder 30 Minuten sein, so dass wir die Beiträge sinnvoll zusammenbauen können.“ Im Netz, ergänzt Ralph Christoph, Programmdirektor der Convention, warte man nicht bis halb elf auf den Hauptact. „Da ist Donnerstag 18 Uhr schon Peak-Time.“

Zwar werde, sagt Elke Kuhlen, auch die digitale c/o pop von großen Namen angetrieben. Doch könnten neben den Headlinern auch kleinere Bands hohe Abfragen erzielen, wenn sie in den verschiedenen sozialen Netzwerken großes Engagement zeigen.

Da gebe es, führt Ralph Christoph aus, Künstler und Künstlerinnen mit starker Instagram-Performance, andere nutzten eher IGTV, die Videoapplikation von Instagram, oder performten gut auf Plattformen wie Twitch und TikTok. „Das muss man heute halt alles mitdenken.“ Positiv hätte ihn überrascht, dass nach einem Jahr Corona eigentlich alle Künstlerinnen und Künstler ein ganz anderes Verhältnis zur Kamera entwickelt hätten. „Da haben im Oktober noch viele gefremdelt. Das wirkte manchmal ein bisschen steif und blutleer.“

Mehr als Musik

„Für mich ist Popkultur auch mehr als nur Musik“, sagt Kuhlen. Dementsprechend viele Spezial-Inhalte hat das digitale Festival zu bieten, von Chilly Gonzales, der in einem leeren Bettenhaus auftritt, bis zu Lari Luke, die neben ihrem DJ-Set vom c/o pop-Team auch noch beim Ausflug in den Hundesalon begleitet wird. „Wichtig ist dabei, was der Künstler machen will, auf welchen special content er wirklich Lust hat“, sagt Kuhlen. Ob es auch Künstler gibt, die sich solchen Extras oder gar dem Streamen an sich verweigern?

Doch, sicher, sagt Kuhlen, „das sind im Vergleich zur Oktoberausgabe aber weniger geworden“. Natürlich habe das auch damit zu tun, wer es sich vom finanziellen Hintergrund her überhaupt leisten kann, die Pandemie aussitzen zu können.

Neue Zielgruppen

Daran, dass sie es kaum abwarten kann, wieder „richtige“ Konzerte zu buchen und zu besuchen, lässt Kuhlen keinen Zweifel. Für die Convention zieht Ralph Christoph ganz andere Schlüsse, hier hätte man eher von der erzwungenen Digitalisierung profitiert. „Wir können jetzt ganz andere Zielgruppen und Länder aufbauen, das Netz ist da viel fluider und durchlässiger.“ Dass die Diskussionsrunden, Vorträge und Workshops nun umsonst und zwangsläufig weniger exklusiv seien, hätte die schiere Masse der Anmeldungen ausgeglichen. Alle Sessions, für die man sich speziell anmelden musste, sind längst ausgebucht. „Das funktioniert so gut, weil die Zielgruppe jetzt jünger und netzaffiner ist. Das sind nicht mehr die alten weißen Männer der Musikindustrie.“

Manche Interviews auf der Convention finden jetzt in der Virtual Reality statt. „Das ist eben längst nicht mehr nur Gaming-Spielerei, sondern Realität.“ Und nicht zuletzt es geht auch um Nachhaltigkeit: „Ich werde in Zukunft keinen Keynote-Speaker aus L.A. mehr einfliegen lassen, das macht ökologisch und ökonomisch keinen Sinn mehr. Wenn man den in einer Zoom-Schalte drin hat, ist das mittlerweile auch eine Exklusivität, die die Leute zu schätzen wissen.“

Konzerte über ksta.de

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ wird als Medienpartner alle Konzerte des Festivals auf ksta.de streamen. Los geht am Donnerstag ab 18 Uhr. Aber auch schon in den Stunden davor können Interessierte in die beiden Stream-Kanäle schauen, weil davor Podiumsdiskussionen zu Themen der Pop- und Kreativbranche stattfinden. Auch am Freitag beginnt das Musikprogramm gegen 18 Uhr, vorher finden verschiedene Talk-Panels statt. Den genauen Zeitplan für die Konzerte und Shows auf Kanal 1 und 2 der co/pop finden Sie hier.