Der satirische Sänger und Krimiautor mit Millionenauflagen starb im Alter von 79 Jahren.
NachrufKinky Friedman, der jüdische Country-Provokateur, der alle gegen sich aufbrachte
„Austin City Limits“, eine US-Show mit Livemusik, ist das einzige Fernsehformat, das mit der National Medal of Arts ausgezeichnet wurde. In dessen 50-jähriger Geschichte gab es nur eine Aufzeichnung, die niemals ausgestrahlt wurde: das Konzert von Kinky Friedman and The Texas Jewboys vom November 1975.
Ein fantastisches Set, erinnerte sich später der „City Limits“-Produzent im „Austin Chronicle“, aber so anstößig, dass es unmöglich im frei empfangbaren Programm gesendet werden konnte, damals wie heute. Musikalisch hatten selbst konservative Gemüter kaum etwas an Kinky Friedman (geboren als Richard Samet Friedman) auszusetzen, er versöhnte die texanischen Country-Helden seiner Jugend – Ernest Tubb oder Bob Wills, von dessen Texas Playboys er den Namen seiner Band entlehnt hatte – mit dem Outlaw-Country seiner Alterskohorte. Willie Nelson war ein Freund und Bob Dylan buchte Friedman für seine „Rolling Thunder Revue“.
Aufgebrachte Feministinnen verwickelten Kinky Friedman in eine Schlägerei
Doch mit seinen Texten verhielt es sich völlig anders: Friedman sah sich in der Tradition Mark Twains. Für andere endete die Ähnlichkeit bei der im Gesicht fixierten Zigarre. Als er 1973 in Buffalo, New York seine völlig überdrehte Sexisten-Hymne „Get Your Biscuits in the Oven and Your Buns in the Bed“ zum Besten gab, stürmten Feministinnen die Bühne und verwickelten die Jewboys in eine Schlägerei. Die National Organization for Women sprach ihm daraufhin den „Male Chauvinist Pig Award“ zu, der Provokateur nahm die Auszeichnung persönlich entgegen.
Keine Bevölkerungsgruppe war vor seinen Pointen sicher, am häufigsten richtete sich Friedmans Humor jedoch gegen den amerikanischen Mainstream und am zweithäufigsten gegen sich selbst: Der Spitzname „Kinky“ verweist auf abseitige sexuelle Vorlieben ebenso wie auf die typische Lockenfrisur aschkenasischer Juden. In seinem Lied „They Ain't Makin' Jews Like Jesus Anymore“ schlägt er einen rassistischem Redneck k.o.: „Nein, sie machen einfach keine Juden mehr wie Jesus/ Sie halten nicht mehr die andere Wange hin.“
In „Ride 'em Jewboy“ beschreibt er den Holocaust mit dem Vokabular einer Cowboy-Ballade. Was wie der Gipfel der Geschmacklosigkeit klingt, entpuppt sich als tief melancholische Betrachtung, die „Todesfuge“ für Menschen, die zuviel „Lone Star“-Bier trinken. Cowboys und Juden hätten einiges gemeinsam, pflegte Friedman zu sagen: „Sie tragen beide auch drinnen ihre Hüte.“
Country-Sänger war nur eins von mehreren Talenten des Texaners. Als Kind galt er als Schachwunder, mit 60 bewarb er sich mit dem Slogan „Wie schwer kann das schon sein?“ um das Gouverneursamt und erhielt immerhin zwölf Prozent der Stimmen. Erfolgreicher fiel seine Zweitkarriere als Autor von Krimis aus, in denen er selbst als Detektiv ermittelte. Werke wie „Greenwich Killing Time“ und „Lang lebe John Wayne“ erreichten Millionenauflagen.
Als fiktive Figur gab sich der Katzenliebhaber so knorrig und unkorrekt wie eh und je, privat war er ein echter Mensch, seine Ranch nahe Austin stellte er Kindern von gefallenen Soldaten und afghanischen Geflüchteten zur Verfügung.
Am Donnerstag ist Kinky Friedman ebendort an den Folgen einer Parkinson-Erkrankung gestorben. Er wurde 79 Jahre alt.