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Netzwerk Kölner ChöreMartin Blankenburg hört auf

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Martin Blankenburg beim Gespräch im Pressehaus   

Köln – Eine Fleisch gewordene Institution des Kölner Kulturlebens zieht sich zurück: Martin Blankenburg, Vorsitzender des „Netzwerks Kölner Chöre“, tritt bei der kommenden Vorstandswahl (am 18. Februar) nicht mehr an. Nachfolgekandidaten gibt es, wie zu hören ist, aber wer auch immer es wird, auf ihn warten große Fußstapfen. Blankenburg leitet den Verein mit den zwölf angeschlossenen Kölner Oratorienchören, die regelmäßig in der Philharmonie auftreten, seit seiner Gründung 2010. De facto hat dieser indes einen direkten Vorläufer: den Arbeitskreis Kölner Chöre, den der rührige Manager bereits 1993 ins Leben rief.

Fällt es schwer, nach so langer Zeit loszulassen? „Überhaupt nicht“, sagt Blankenburg im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, „ich scheide ohne Groll oder Zorn. Es muss mal einen Wechsel geben, vielleicht sollten auch andere Akzente gesetzt werden. Ich höre ganz unprätentiös auf.“ Nun wäre eine gewissen Altersmüdigkeit bei dem 82-jährigen studierten Lehrer (und Sohn des bekannten Bach-Forschers Walter Blankenburg) alles andere als ehrenrührig.

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Aber das ist nicht der Punkt: „Ich bin nicht ausgepowert und auch in organisatorischen Dingen noch fit.“ Tatsächlich macht er als Veranstalter mit den von ihm ins Leben gerufenen Kontrapunkt-Konzerten in der Philharmonie – sie werden vorzugsweise von ostdeutschen und osteuropäischen Orchestern beschickt – weiter.

Welche Idee stand 1993 hinter der Arbeitskreis-Gründung? „Ich erkannte“, erinnert sich Blankenburg, „dass es viele gute Chöre in Köln gibt, aber die Publikumsdecke für alle zu kurz ist. Und eigentlich lag es auf der Hand: Jeder konzertiert für sich, aber organisatorisch wirken wir zusammen.“ Da mussten Widerstände überwunden werden, denn selbstredend empfanden und empfinden sich die Mitglieder-Chöre auch als Wettbewerber, die ihre Konkurrenzsituation ausleben wollen. Gemildert wird diese Konkurrenz durch die große Diversität in Größe, Qualität und Anspruch: Zu den Netzwerk-Mitgliedern gehören halbprofessionelle Kammerchöre genauso wie große „Volkschöre“ mit Laiensängern.

Günstige Konditionen

Wie auch immer: Blankenburg initiierte mit tätiger Unterstützung des damaligen Philharmonie-Intendanten Franz Xaver Ohnesorg das Format der (bis heute bestehenden) „Kölner Chorkonzerte“ , dessen Konzept die Singgemeinschaften überzeugte – weil hier offensichtlich, Konkurrenz hin oder her, eine Win-Win-Situation entstand: Die Mitgliedschöre konnten in die Philharmonie – nicht alle in jeder Saison, es gibt dort nur jeweils sechs Auftritte, weshalb sich die Trinitatiskirche als zweite Spielstätte etablierte.

Und sie können es zu relativ günstigen Konditionen sowie, vor allem, mit minimiertem Geschäftsrisiko: Konzerte, die vielleicht ob ihres nicht so geläufigen Programms nicht gut verkauft werden und Verluste einfahren, werden von den Saison-Rennern querfinanziert. Das hat zur Folge, dass neben den alten Schlachtrössern des Chorgesangs – Bach-, Händel-, Haydn- und Mendelssohn-Oratorien – immer mal wieder auch wenig Bekanntes zumal aus der Moderne (Frank Martin zum Beispiel) zur Aufführung kommt. Ernsthafte Konflikte im Arbeitskreis oder im Netzwerk hat es, berichtet Blankenburg, in all den Jahren jedenfalls nicht gegeben.

„Es hängt vom Dirigenten ab“

Froh ist er darüber, dass es den Chören gelungen ist, über die Jahre „oben“ zu bleiben, sprich: ihr – freilich unterschiedliches – Ausgangsniveau zu halten: „Die Qualität hängt allerdings vom Dirigenten ab, wir haben schon Einbrüche erlebt, wenn die Chorleiter wechselten.“ Trotz der günstigen Diagnose entgeht auch Blankenburg nicht, dass die Philharmonie selbst bei populären Chorprogrammen nicht mehr so voll ist wie noch vor Zeiten.

Was kann man machen? „Die Generationen unter 30 haben halt“, meint er, „nicht mehr diesen starken Bezug zu klassischer Musik.“ Langfristig einen Ausweg könnten die „Sing mit“-Initiativen weisen, die derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen. „Mitsingen“ lässt Blankenburg seinerseits in einem der von ihm entwickelten Formate: dem „Weihnachtssingen Kölner Chöre“ in der Philharmonie, das dem Publikum die Gelegenheit gibt, nicht nur zuzuhören, sondern – bei den allfälligen Weihnachtsliedern – auch selbst die Kehlen zu öffnen. In diesem Jahr muss dass allerdings, wegen Corona, unterbleiben.

Apropos Corona: Insgesamt ist Blankenburg optimistisch, dass die Pandemie das Chorleben in the long run nicht schädigt – wenn sie denn mal vorbei ist: „Singen ist ein wunderbarer Lebensinhalt, ein unheimlich befriedigendes Erlebnis. Bei einer Bachschen Fuge geht einem doch der Himmel auf. Es kommt nur darauf an, dass noch mehr Leute das mitbekommen.“