Die Kinderserie „Fritzi und Sophie“ zeichnet die Zeit des Mauerfalls aus Sicht zweier Mädchen nach – als „grenzenlose Freundschaft“.
Neue ARD-KinderserieDie Mauer ist weg, aber zwei Freundinnen sind jetzt getrennt
Fritzi ist wieder da! Und auch diesmal erlebt das aufgeweckte Mädchen mit den blonden Haaren und schlaksigen Beinen den bewegten Leipziger Herbst des Jahres 1989, als der Alltag in der DDR immer größere Risse bekommt und die veränderten Verhältnisse tief ins Leben der temperamentvollen Viertklässlerin eindringen.
Vor fünf Jahren war Fritzi die Heldin des Animationsfilms „Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ (2019). Eindringlich beschrieb er die politischen Veränderungen aus der Perspektive des zwölfjährigen Mädchens – und das zu einer Zeit, als viele Kinder nur noch wenig bis gar nichts über die Ereignisse um die deutsche Wiedervereinigung, die Friedliche Revolution in der DDR und die Wende wussten. Auch mancher Erwachsene begann bereits zu vergessen, welch verbindende Kraft jenem Leipziger Herbst 1989 innewohnte: die Hoffnungen der Menschen, ihr Mut, trotz existenzieller Risiken auf die Straße zu gehen.
„Fritzi und Sophie“ ist eine dreistündige, liebevoll und mit viel Aufwand gestaltete Fernsehserie
So kam „Fritzi“ gerade recht, um so einfach wie klarsichtig an die Essenzen des „Wendewunders“ zu erinnern. Wobei damals schon ein weiterer Umbruch begonnen hatte, der europaweit mit Enttäuschungen, Intoleranz und Gewalt einhergeht. Inmitten komplizierter Zeiten kehrt Fritzi jetzt zurück, und mit ihr ihre beste Freundin Sophie und deren Hund Sputnik, um erneut daran zu erinnern, wie alles begann und was alles auf dem Spiel steht.
Was auf die „Wendewundergeschichte“ folgt, ist keine der üblichen Fortsetzungen: „Fritzi und Sophie – Grenzenlose Freundschaft“ ist eine dreistündige, liebevoll und mit viel Aufwand gestaltete Fernsehserie, die Fritzis Abenteuer noch einmal erzählt, sie zugleich weitet und um neue Aspekte ergänzt. So entsteht eine Abenteuergeschichte aus zwei Perspektiven: Während Fritzi erneut Höhen und Tiefen im Leipziger Herbst 1989 erlebt, folgt ein neuer Erzählstrang Sophie, die nach den Sommerferien mit ihrer Mutter nicht mehr aus dem Ungarn-Urlaub zurückkehrt – und nach etlichen Gefahren bei ihrer Großmutter im Westen ankommt.
Ist im Westen alles besser, oder sind die alle unglücklich?
Zunächst verbringen die besten Freundinnen noch gemeinsam idyllische Sommertage in ihrem Hinterhof-Baumhaus, wo sie, wie im Kinofilm, ganz unter sich sind und vertrauliche Gespräche führen. Auch über den Westen: „Glaubst du, was die alle sagen? Dass die drüben alle unglücklich sind?“, fragt Fritzi, doch Sophie ist überzeugt, dass im Westen alles besser sei. „Aber hier ist es doch auch gut …“, wendet Fritzi nachdenklich ein. Und dann ist Sophie einfach fort.
Auch auf sie warten spannende, mitunter gefährliche Abenteuer. Sophie fällt aus allen Wolken, als ihre Mutter ihr offenbart, dass es nicht zum Camping-Urlaub an den Balaton-See geht, sondern über die ungarisch-österreichische Grenze zu Sophies Oma in den Westen. So kommen Fritzi und Sophie nicht wieder zusammen, erfahren nur noch das Notwendigste voneinander und bleiben doch emotional miteinander verbunden – nicht zuletzt dank Hund Sputnik als freundliches Versprechen, dass sich die Mädchen wiederfinden werden.
Auch die Serie bietet großes Gefühlskino, das ganz auf die Tragfähigkeit einer großen Kinderfreundschaft in politisch aufgewühlten Zeiten vertraut. Beate Völcker, die bereits am Drehbuch zum Kinofilm mitschrieb und dafür die schöne Buchvorlage von Hanna Schott adaptierte, weitet den Erzählbogen klug aus, um nun auch einen Blick auf das westdeutsche Konsumland des Jahres 1989 zu werfen.
Die in Deutschland hergestellte Serie knüpft mit vielen Details an den Kinofilm an, setzt aber zugleich auf eine ästhetisch eigenständige Herstellungstechnik. Die Animation erfolgte mittels Motion‐Capture‐Technologie inklusive 3D-Software, wobei reale Schauspielerbewegungen in Körperanimationen transferiert wurden. Viele Kräfte zogen dabei an einem Strang, unter anderem das Kölner TrickStudio Lutterbeck.
Facettenreich bewegt sich die Serie stets auf Augenhöhe von Kindern, die leicht an für sie relevante Themen anknüpfen können: Freundschaft, Tierliebe, der Mut des einzelnen und der Mut vieler – Dinge, an die es sich lohnt, immer wieder zu erinnern.
„Fritzi und Sophie – Grenzenlose Freundschaft“. D 2024. R Ralf Kukula, Matthias Bruhn, Thomas Meyer-Hermann. Verfügbar in der ARD-Mediathek.
Lohnenswert in diesem Zusammenhang auch die neue, neunteilige Animationsserie „Im Labyrinth der Lügen“ nach dem Roman von Ute Krause: Angesiedelt im Sommer 1985 in Ost-Berlin, erlebt der zwölfjährige Paul, dessen Eltern in den Westen abgeschoben wurden, dramatisch-spannende Abenteuer. Verfügbar in der ZDF-Mediathek.