Fast 15 Jahre hat sich Peter Fox, im Hauptberuf Sänger bei Seeed für „Love Songs“ Zeit gelassen. Hat sich das Warten gelohnt?
Neues Album von Peter FoxSo cool kann die Altersmilde klingen
Kaum hatte Peter Fox im September 2008 sein Debüt „Stadtaffe“ veröffentlicht, kündigte er das Ende seiner Solokarriere an. Jetzt werde er schon auf der Straße erkannt, das sei doch einfach zu viel an Rummel um seine Person. Sprach’s und trat unterm bürgerlichen Namen Pierre Baigorry zurück ins Glied seiner Dancehall-Combo Seeed.
Auf „Stadtaffe“ hatte er Befindlichkeiten und Fluchtgedanken der urbanen Mittelschicht Deutschlands mithilfe des Filmorchesters Babelsberg und ausgeklügelter Klöppelei aufs Schmeichelhafteste dramatisiert. Kein Wunder eigentlich, dass das Album ein Riesenerfolg und Fox zum Superstar wider Willen wurde.
Aber er kokettierte nicht nur mit dem Rückzug, er ließ wirklich solo nichts mehr von sich hören. Bis vergangenen Oktober, als sich Peter Fox mit der Single „Zukunft Pink“ zurückmeldete, mehr als 14 Jahre nach „Stadtaffe“. Der Song schoss sofort an die Spitze der deutschen Charts, brachte Fox jedoch auch den Vorwurf der kulturellen Aneignung ein, weil er sich bei den breit geschwungenen Bassläufen der hippen südafrikanischen House-Spielart Amapiano bedient habe, ohne auf deren Ursprünge hinzuweisen. Ein ernstzunehmender Einwand, wenn man bedenkt, wer’s erfunden hat und wer nun damit Geld verdient, Elvis-Style.
Aber er trifft den Falschen, schließlich hat Fox seine Einflüsse stets offen gelegt und beworben, unter anderem in einer eigenen Radiosendung. Nicht zuletzt hatten auch jamaikanische Künstler Dancehall-Riddims von Seeed verwendet, so wurde aus der Aneignung ein Austausch. Aber das war in den Nuller Jahren, als man sich freute, dass überhaupt mal ein deutscher Musiker einen lockeren Beat hinbekam, heute betrachtet man die Dinge differenzierter, was überfällig war, und manchmal eben auch verkniffener.
Peter Fox hat die umstrittene Single deshalb ans Ende seines soeben erschienenen zweiten Albums gestellt und das statt „Zukunft Pink“ lieber ganz trocken auf den Titel „Love Songs“ getauft. Veredelten einst Streicher die Streifzüge des Einzelkämpfers, beschreibt sich der mittlerweile 51-Jährige nun als „rostiger Optimus Prime, tendenziell überfordert“. Die Transformationsprozesse fordern mittlerweile ihren Tribut, alleine schafft er das gar nicht mehr, weshalb ihn auf fast allen Songs des nur 35 Minuten langen Albums Chöre oder fröhlich rein plappernde Stimmen begleiten.
Freunde sind für Männer im angeblich besten Alten nicht mehr selbstverständlich, um so mehr weiß man sie zu schätzen. Jetzt gilt es, alte Kontakte wiederaufleben zu lassen und noch einmal zu feiern, als wäre man Mitte 20 - oder wenigstens den 20-Jährigen dabei zuzuschauen. In „Vergessen wie“ pafft der Mann, der 2008 angekündigt hatte, sich eine Axt ins Bein zu hauen, wenn er je wieder kiffen sollte, altersmilde einen Joint vor den Lautsprechern des Clubs, aber ihn umwölkt eher die Nostalgie als THC-Schwaden.
Außerdem wichtig: unnötige Konflikte vermeiden. Wie in „Weiße Fahnen“, wo Fox dem eigenen Wutbürgertum eine Absage erteilt: „Es lebt sich leicht, wenn man weiß, dass man ein Idiot ist“. Liebeslieder findet man natürlich auch auf „Love Songs“: „Sind Pinguine, keine Part-Time-Lover“ setzt Fox zum Lob der Monogamie an, er ist jetzt ein „Family-Man“, hat Kreuzberg mit Brandenburg getauscht und den schwammigen Traum vom „Haus am Meer“ durch Vorabendserien-kompatible Toskana-Schwärmerei ersetzt.
Für „Toscana Fanboys“ hat Peter Fox sogar den großen Adriano Celentano rekrutiert: Wenn schon altern, und damit könnte man diese fantastisch klingende, rhythmisch ungemein reizvolle Album in einem Satz zusammenfassen, dann richtig.
„Love Songs“ ist bei Warner Music erschienen