Köln – „Ich kumm us dä Stadt met K“, antwortet der Protagonist aus Kasallas bekanntem Karnevalslied auf die Frage „Sach wo küss Du dann her?“ Dem Deutschen Institut für Normung zufolge – das ist jene Organisation, die auch die DIN-Normen festlegt – ist Köln nun ganz offiziell die Stadt mit K. Beziehungsweise das K zum Buchstaben mit Köln.
Nach intensiven Beratungen hat das Institut am Freitag in Berlin die neue Buchstabiertafel veröffentlicht. Die DIN 5009 für „Ansagen und Diktieren von Texten und Schriftzeichen“ greift jetzt durchgehend auf Städtenamen zurück.
Der Vorschlag des DIN-Instituts soll zum neuen Standard in deutschen Amtsstuben werden, und auch in der freien Wirtschaft.
Im Vergleich zu ihrem ersten Entwurf einer Überarbeitung der in Norm DIN 5009 für Phonodiktate („Ansagen und Diktieren von Texten und Schriftzeichen“) festgeschriebenen Buchstabiertafel hat die eingesetzte Kommission noch einmal neun Städtenamen ersetzt. So musste Augsburg Aachen weichen, um den Doppellaut „Au“ am Anfang zu vermeiden. Ein ähnliches Schicksal ereilte Stuttgart mit seinem „St“. Nun heißt es: S wie Salzwedel. Andere Großstädte wie B-erlin, H-amburg und M-ünchen setzten sich durch.
Allein sieben Städte liegen in Nordrhein-Westfalen, dem Spitzenreiter im Länderwettbewerb: Außer K wie Köln (bislang: Kaufmann) und A wie Aachen (bislang: Anton) soll es demnächst noch D wie Düsseldorf (bislang: Dora), E wie Essen (bislang: Emil), U wie Unna (bislang: Ulrich), W wie Wuppertal (bislang: Wilhelm) und X wie Xanten (bislang: Xanthippe) heißen. I wie Iserlohn flog aufgrund des NRW-Overkills wieder heraus, wurde durch das rheinland-pfälzische Ingelheim ersetzt.
Was wirklich dahintersteckt
Warum überhaupt eine neue Buchstabiertafel erstellt werden musste? Dazu müssen wir ein wenig ausholen. Um Missverständnisse, vor allem am Telefon, zu vermeiden, wurde bereits im Deutschen Kaiserreich eine standardisierte Buchstabiertafel eingeführt. B wie Berta, man kennt das.
Allerdings wurden die Buchstabiernormen aus der Zeit Wilhelms II. in der Nazi-Diktatur noch einmal geändert. Schon kurz nach der sogenannten „Machtergreifung“ schlug ein übereifriger Rostocker Bürger seinem örtlichen Postamt vor, die jüdischen Namen, die sich in der im Fernsprechbuch abgedruckten Tabellen zu „arisieren“. Der Vorschlag wurde an die Oberpostdirektion in Berlin weitergereicht – und prompt umgesetzt: So wurde im Telefonbuch des Jahres 1934 aus „David“ im „Dora“ und aus dem weisen „Nathan“ der „Nordpol“. Der galt den Nationalsozialisten als sagenhafter Ursprungsort der „weißen Rasse“. Ebenso sollte man fortan das S nibelungentreu Siegfried statt Samuel buchstabieren, und aus dem alttestamentarischen „Zacharias“ wurde ein schnittiges „Zeppelin“. Bereits in der Weimarer Republik hatte man aus dem „Isidor“ eine „Ida“ gemacht.
Das Nazi-Alphabet überstand das Ende des Regimes. Erst im Jahr 1983 wurde es mit der Einführung der bereits erwähnten Norm DIN 5009 überarbeitet. Doch auch danach blieb die Dora Dora und der Nordpol Nordpol.
Im November 2019 forderte Michael Blume, der baden-württembergische Beauftragte gegen Antisemitismus, endlich den Nordpol wieder durch das ursprüngliche „Nathan“ zu ersetzen. Daraufhin entschloss man sich im DIN-Institut die bisherige Regelung zu überprüfen. Kam aber schnell von der Überlegung ab, überhaupt noch Namen zu verwenden. Es sei nicht möglich, teilte das Institut mit, alle relevanten ethnischen und religiösen Gruppen und dann auch noch geschlechtergerecht ausgewogen darzustellen.
Städtenamen seien ein guter Kompromiss. Mit größeren Kontroversen war in der Tat nicht zu rechnen. Als vergangenen August der erste Versuch vorgestellt wurde maulte nur die „Neue Osnabrücker Zeitung“: „Warum O wie Oldenburg und nicht wie Osnabrück?“ In der jetzt veröffentlichten Tafel hat das Normungs-Institut auch für diese Streitfrage eine Lösung gefunden: Ab jetzt heißt es O wie Offenbach.