Nothilfe-Topf schon jetzt leerFrustrierende Absagen für Künstler im Corona-Tief
- Die angekündigte Soforthilfe in Höhe von 2000 Euro für Künstler in der Corona-Krise ließ viele Betroffene erst einmal aufatmen. Doch jetzt weicht die Erleichterung großem Frust.
- Denn die Mittel des Sofortprogramm sind bereits ausgeschöpft, Anträge werden nicht mehr berücksichtigt – wie gleich mehrere Betroffene aus Köln und der Region beklagen.
- „Bis heute kenne ich keinen einzigen Künstler, der sie bekommen hat”, sagt etwa Marina Barth vom politischen Kabarett „Theater Klüngelpütz“ in Köln.
- Die Hintergründe.
Köln – Mitte März beschloss das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW ein Soforthilfeprogramm, das freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern in der Corona-Krise unter die Arme greifen sollte. Mit einem Gesamtvolumen von fünf Millionen Euro sollte das Sonderförderprogramm all jenen Betroffenen zugute kommen, die kurzfristig durch die Absage von Engagements in finanzielle Engpässe geraten sind – pro Kopf stand eine Einmalzahlung in Höhe von bis zu 2000 Euro zur Verfügung. Abgewickelt wird die Zahlung über die Bezirksregierungen, doch diese schicken an die Antragsteller mittlerweile ernüchternde Antwortbescheide zurück.
Im Wortlaut: „Die Mittel des Sofortprogramms zur Unterstützung freischaffender Künstlerinnen und Künstler aufgrund der Auswirkungen der Coronavirus-Krise sind ausgeschöpft. Ihr Antrag konnte leider in dem stark überbuchten Programm nicht berücksichtigt werden. Wir bitten darum, von Rückfragen zu einzelnen Vorgängen abzusehen, da diese aufgrund der großen Anzahl von eingegangenen Anträgen nicht beantwortet werden können. Es bestehen aber weitere Möglichkeiten der Unterstützung.“
Der Topf, den Isabel Pfeiffer-Poensgens Ministerium für Kultur und Wissenschaft mit fünf Millionen Euro aufgefüllt hat, ist also bereits leer, und neue Mittel sind – noch – nicht in Sicht. Dies trifft insbesondere jene Künstler schwer, die alternativ die Hilfen für Kleinunternehmer und Solo-Selbstständige hätten in Anspruch nehmen können – diese Fördermaßnahme hat NRW aufgrund von Betrugsfällen zeitweise außer Kraft gesetzt. Der Autor Carsten Henn, der auch als Kolumnist für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt, hat Anträge für beide Formen der Unterstützung beantragt – und erhielt jeweils nichts.
Autoren wie Henn – er hat gerade den Roman „Der Gin des Lebens“ bei Dumont veröffentlicht – trifft die derzeitige Krise auch deswegen besonders schwer, weil sie mit ihren Büchern auf Lesereise gehen wollten. Daraus wird auf absehbare Zeit nichts: „Mein neuer Roman ist am 10. März erschienen, und damit bin ich voll in das buchhändlerische Corona-Tief gerutscht, bis jetzt wurden mir rund 20 Lesungen abgesagt, und es werden täglich mehr“, so Henn.
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Andere wie Marina Barth vom politischen Kabarett „Theater Klüngelpütz“ in Köln haben darüber hinaus schlechte Erfahrungen mit der Bürokratie gemacht: „Als die Landesregierung die gute Nachricht verbreitete, Künstlern eine Soforthilfe von bis zu 2000 Euro zu zahlen, je nach der nachgewiesenen Höhe der Gage, die ihnen entgangen war durch die Corona-Beschränkungen, haben viele aufgeatmet“, so Barth. „Bis heute kenne ich keinen einzigen Künstler, der sie bekommen hat oder auch nur einen Bescheid von der Bezirksregierung beziehungsweise eine Antwort. Nachfragen kann man dort auch nicht“, so die Leiterin der Bühne in der Kölner Gertrudenstraße.
„Unser Sonderförderprogramm hat mehrere tausend freie Kulturschaffende in Nordrhein-Westfalen kurzfristig vor einer existenzbedrohenden Situation bewahrt“, betont unterdessen Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Es habe damit seinen Zweck, eine Überbrückungshilfe bis zum Anlaufen der „großen“ Hilfsprogramme in Bund und Land zu bieten, voll erfüllt. „Die große Nachfrage hat gezeigt, wie wichtig diese schnelle Unterstützung bislang für die Kultur in Nordrhein-Westfalen gewesen ist“, so die Ministerin.
Die Corona-Soforthilfe der Bundesregierung für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Höhe von insgesamt bis zu 50 Milliarden Euro steht ausdrücklich auch freiberuflich tätigen Künstlern offen.
Derzeit wird die Frage diskutiert, ob diese Betroffenen im Rahmen der Bundeshilfe neben Betriebskosten auch Corona-bedingte Einnahmeausfälle geltend machen können. „Unser Ziel ist, dass das Soforthilfeprogramm des Bundes in geeignetem Umfang auch auf Künstlerinnen und Künstler anwendbar ist. Darüber finden derzeit Gespräche mit dem Bund statt. Falls das nicht möglich sein sollte, werden wir über eine NRW-spezifische Lösung nachdenken“, so Pfeiffer-Poensgen.
Gerhart Baum, Bundesinnenminister a. D. und Vorsitzender des Kulturrats NRW, stellt fest, dass die Finanzhilfe des Bundes prinzipiell Künstlern offensteht. Allerdings bildeten diese eine spezielle Gruppe innerhalb der Selbstständigen, so dass auch spezifische Programme zur Hilfe notwendig seien – etwa aufgrund bereits erbrachter Probeleistungen für Aufführungen, die nun abgesagt werden mussten. Baum spricht sich für ein eigenen Programm nordrhein-westfälischer Prägung aus, erwartet aber auch, dass Bundesmittel ins Land fließen. Es müsse verhindert werden, „dass die Künstler rausfallen“.