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„Ob wir hier schöner, jünger, geiler sind?“Eine Liebeserklärung an den Ballermann

Lesezeit 4 Minuten
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Autorin Larissa Rehbock (Mitte) fliegt fast jedes Jahr mit ihren Schwestern an den Ballermann.

  1. Der Ballermann ist ein beliebtes Ziel für einen Partyurlaub. Aktuell wird viel über den Hit „Layla“ diskutiert.
  2. Unsere Autorin fliegt einmal im Jahr nach Malle, und das nicht wegen der Lied-Texte.
  3. Eine Liebeserklärung.

Köln – Ich sitze auf dem Sofa, es ist Sonntagmittag, draußen herrscht das schönste Sommerwetter, doch im Fernseher läuft der ZDF-Fernsehgarten – Ballermann vs. Oktoberfest.

Auf der Bühne: Niemand anderes als Ballermann-Königin Mia Julia. Ich bekomme Gänsehaut. Denn ich weiß, schon bald bin ich wieder da, am für mich schönsten Partyort der Welt, dem Ballermann.

Endlich wieder nach Mallorca an den Ballermann

Heute, rund eine Woche nach dem Fernsehgarten, sind es nur noch 12 Tage, 10 Stunden und 47 Minuten bis ich wieder im Ryanair-Flugzeug sitze. Auf diesen Moment fiebere ich schon seit mehr als zwei Jahren hin. 2020 musste ich den Flug verfallen lassen, Lockdown, 2021 stand ich in einer leergefegten Schinkenstraße und vor einem geschlossenen Bierkönig.

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Im April 2021 war der Bierkönig in der Schinkenstraße geschlossen. Normalerweise ist er sogar im Winter geöffnet.

Doch nicht dieses Jahr, Corona wird mir nicht noch einmal mein Lebenselexir, das Fundament meines Humors, den Schöpfungsort meiner, manchmal mehr, manchmal weniger guten, Lieblingslieder nehmen.

Viele meiner Freundinnen und Kollegen können meine Liebe für den Ballermann nicht verstehen. Seit acht Jahren fliege ich dort ein- oder zweimal im Jahr hin, ich kenne seinen schlechten Ruf: ein Haufen asozialer Leute, dessen Ziel das Saufkoma ist und die natürlich ausschließlich sexistische Lieder hören.

Akademiker und Fußballer feiern gemeinsam am Ballermann

Natürlich lässt sich über den Inhalt der Lieder wie den aktuellen Sommer-Hit Layla, aber auch über Anna-Lena, Joana, Beate die Harte und andere versaute Lieder, diskutieren. Streiten lässt sich aber nicht darüber, dass mich die Melodien immer wieder an die schönen und lustigen Momente am Ballermann erinnern lassen.

Der Ablauf ist jeden Tag gleich: Aufwachen, Strand, Vortrinken mit San Miguel-Bier aus der Dose auf dem Balkon und dann der Spaziergang von Ballermann 0 – dort sind die Hotels am günstigsten – zum berühmten Ballermann 6. Auf dem Weg passiert die Magie. An der Strandpromenade trifft man andere Ballermann-Fans, Akademiker, Abiturienten, Schüler, Fußballer mit soliden Jobs oder den ein oder anderen Rentner.

Und genau das liebe ich am Ballermann: Auf Malle sind wir Gleichgesinnte, Menschen, die einfach Spaß haben wollen, auf Augenhöhe, auch mal einen über den Durst trinken, aber vor allem den Alltag in Deutschland, Vorurteile und die ganze Negativität vergessen wollen. Ob wir hier alle schöner, jünger, geiler sind? Ist mir egal, aber wenn sich jemand auf Malle attraktiver fühlt, sage ich nichts dagegen.

Feiern am Ballermann: Gute Stimmung im Megapark

In einer großen Gruppe geht es in den Megapark, eine Säule Fanta-Korn steht auf dem Tisch und wir auf den Stühlen. Weiter zum Bierkönig, 17 Uhr, Mia Julia tanzt auf der Bühne, „Endlich wieder Malle, endlich wieder da“, dröhnt aus den Boxen. Und ich – damals und in drei Wochen – stehe in meinem roten Bierkönig-T-Shirt in der ersten Reihe und singe aus tiefstem Herzen mit.

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Der Megapark ist jeden Tag gefüllt mit feierwütigen Urlaubern.

Neben mir meine Schwester, Fun Fact: Sie heißt Anne-Lena und ist meine treueste Malle-Begleiterin. Um uns herum unsere zehn, ich gebe es zu, überwiegend männlichen, neuen Freunde, aus Buxtehude oder so – ist aber auch egal woher. Wir feiern das Leben.

Partytouristen auf Mallorca: Längst nicht alle erfüllen das Klischee

Und wir grölen, trinken Bier, Sangria und Korn und bestimmt haben auch Menschen Sex am Ballermann – aber wenn wir ehrlich sind, auch bei mir vor der Haustür, in Köln-Ehrenfeld um genau zu sein, brüllen und trinken die Menschen. Sex haben sie wahrscheinlich auch. Für mich keine Argumente, den Ballermann zu hassen. Wer schon einmal vor Ort war, weiß, dass sich die meisten Menschen benehmen, schwankt mal einer über die Promenade, bringen wir ihn zu seinem Hotel.

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Es ist legitim, die Musik nicht zu mögen und den Alkoholkonsum zu kritisieren, wenn man selbst nicht trinkt. Für mich ist der Malle-Urlaub aber eben viel mehr als Saufen und schlechte Texte singen, er ist eine Auszeit vom Alltag, damals vom Uni-Stress, in drei Wochen von Corona, den bevorstehenden Gas-Rechnungen, aber auch Krieg und Diskussionen – egal worüber.

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Viel Liebe für den Ballermann.

In diesen vier Tagen will ich einfach nur sein und mein Leben genießen. Hier fühle ich mich frei und geborgen zugleich. Und das eben am Ballermann, denn das ist ein Gefühl, das sich nur schwer in Worte fassen lässt, wie Goa oder Techno für andere, so ist es mein Malle-Gefühl – und für Gefühle sollte sich keiner schämen.