Pjöngjang in PastellArchitektur-Kritiker veröffentlicht Bildband über Nordkorea
Pjöngjang – Nordkorea ist plötzlich wieder auf der Weltkarte zu finden. Die lärmend zelebrierten Raketen-Demos und die anhaltenden Polit-Scharmützel haben es bewirkt. Und schon stürzt man sich mit geschärftem Interesse auf Innenansichten aus dem verschlossenen Land, wo sie sich bieten. Eine solche Verlockung ist jetzt der Band „Inside North Korea“ von Oliver Wainwright, der im Kölner Taschen Verlag erscheint.
Was der britische Architektur-Kritiker und Fotograf von Pjöngjang zeigt, ist keine Feier der Monotonie. Nordkoreas Bauszene ist vitaler als vermutet und lässt manch einen von „Pjönghattan“ träumen. Wainwright, der 2015 für eine Woche im Land war, konzentriert sich bei seinem „Schnappschuss“ auf die Hauptstadt. Dass rundum der architektonische Ehrgeiz minimal ist, hält er im Text fest.
Die Größe als Fetisch
Eine Botschaft der Architektur lautet: Klein ist der Mensch und groß die Idee. So zeigt Wainwright zwei Männer auf einem Paradeplatz, die derart verloren wirken, als hätten sie sich auf einen fremden Planeten verirrt. Der Triumphbogen, vor dem sie auseinanderstreben, ist dem Pariser Arc de Triomphe nachempfunden; er ist aber, weil Größe ein Fetisch ist, zehn Meter höher als das Original.
Doch nicht nur Überwältigung hat die staatliche Architektur im Sinn. Der jüngste Trend zielt auf Pastelltöne und verspielte Formen, als lebte man in einem lustigen Comic. Wainwright meint, hier solle das Bild von „sorglosem Wohlstand“ vermittelt werden: „Architektur als Anästhetikum – ein mächtiges Werkzeug für den Staat, um das Volk zu infantilisieren.“
Oliver Wainwright: „Inside North Korea“, Taschen, deutsch-englisch-französische Ausgabe, 242 Seiten, 40 Euro.