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Pompeji-Fotografien von Hans Georg EschEin neuer Blick auf jahrtausendealte Architektur

Lesezeit 3 Minuten
Pompeii

Hans Georg Esch fotografierte Pompeji für sein neues Fotoprojekt auch mit Drohnen

Der Architekturfotograf Hans Georg Esch bringt mit seinen neuen Werken die römischen Ruinen Pompejis nach Köln.

Bilder von Pompeji gibt es unzählige. Schon unmittelbar nach den ersten Ausgrabungen im 16. Jahrhundert wurden Zeichnungen und Pläne gefertigt. Im 19. Jahrhunderten häuften sich zeichnerische Rekonstruktionen und Aquarelle der antiken Stadt – obwohl in der italienischen Ausgrabungsstätte eine Zeit lang strenges Zeichenverbot herrschte. Heutige Touristen, die in Massen über das archäologische Gelände strömen, haben es da leichter. Sie dürfen so viel fotografieren wie sie möchten. Pompeji zu fotografieren, ist kein besonders originelles Vorhaben.

Und doch hat sich einer der bekanntesten Fotografen zeitgenössischer Architektur, Hans Georg Esch (sein zwanzigköpfiges Büro nennt sich HG Esch), ausgerechnet dieser Aufgabe angenommen. Eigentlich sollte es nur ein kleinerer Auftrag für ein 360-Grad-Panoramabild des Golfs von Neapel werden. Doch daraus entstand schließlich ein umfangreiches und ambitioniertes Fotoprojekt. Esch reiste mit seinem Team mehrfach an, um die Ruinen mit seiner Kamera festzuhalten. Die Ergebnisse veröffentlicht der Fotograf nun in einem Bildband und in mehreren Ausstellungen. Allein in Köln sind seine Pompeji-Fotografien aktuell an zwei Orten zu sehen: in einer temporären Rotunde auf dem Neumarkt und in den Räumen des Italienischen Kulturinstituts.

Hans Georg Esch schaut auf das Pompeji von Heute

Hans Georg Esch sieht Pompeji nicht (nur) als 2000 Jahre alte, antike Stadt, sondern als Teil der heutigen Metropolregion Neapels. Er schaut auf das, was Pompeji heute ist: vorne im Bild die Ruinen, im Hintergrund die Kirchtürme, Hochhäuser und Wohnbauten des neapolitanischen Stadtrands. Hier das Amphitheater, dort, 100 Meter weiter, der eingezäunte Sportplatz einer Schule – die Vergangenheit als Teil der Gegenwart. Denn als der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 nach Christus Pompeji unter einer meterhohen Asche- und Bimsschicht begraben hat, wurde die Stadt eben nicht für immer eingefroren.

Pompeji Ausstellung Ital. Kult. Institut.

Die Ausstellung im Italienischen Kulturinstitut Köln zeigt noch bis zum 13. September zahlreiche Pompeji-Fotografien von Hans Georg Esch.

Bekannt wurde Hans Georg Esch, der in Neuwied aufgewachsen ist, vor allem durch seine Fotografien von Megacitys: mit den Wolkenkratzern von Dubai, die über dem Wolkenmeer aufsteigen oder den vom Smog schemenhaften Umrissen Shanghais. Nun dekonstruiert Esch den Mythos Pompeji, um das Bild der Stadt dann sogleich nach seinen eigenen Regeln neu zu bauen. Er sieht Raster, Geometrien, sich wiederholende Muster und Strukturen der Stadt, erkennt Linien, Parallelen und Diagonalen. Mit diesem „architektonischen Sehgerüst“, wie er es nennt, begegnete Esch den Ruinen von Pompeji, genau wie er Hochhäuser, Bürogebäude und Plätze unserer heutigen Metropolen sieht – und lässt sie dadurch erstaunlich lebendig erscheinen.

Wie antike Architektur plötzlich futuristisch wirkt

Verschwommene, durch die Gassen der Stadt laufende Touristen beleben die Architekturbilder Eschs. Die antiken Säulen setzt er auf die gleiche Weise in Szene wie die Wolkenkratzer aus New York und Dubai. Luftaufnahmen, die er mit Drohnen anfertigte, geben gleich auf den ersten Blick Einblicke in die antike Städteplanung. Die Insulae – römische Häuserblöcke – lassen einen an amerikanische Großstädte denken, das Amphitheater mit seiner ovalen Form, das heute von Gras bewachsen ist, wirkt bei ihm plötzlich futuristisch. Esch seziert die architektonischen Strukturen der Stadt und erlaubt damit eine neue Perspektive auf die erstaunlichen Parallelen – und Unterschiede – antiker und zeitgenössischer Architektur.

Der aktuelle Grabungsleiter Pompejis, Gabriel Zuchtriegel, sagte neulich in einem Interview mit der NZZ: „Denn wie immer man die Zukunft angeht: Es hat immer sehr, sehr viel mit der Vergangenheit zu tun.“ Was er damit meint, mag man in den Bildern Eschs erkennen. Damit gelingt dem Fotografen tatsächlich ein völlig neuer Blick auf die jahrtausendealte und scheinbar längst „ausfotografierte“ Stadt.


„Der architektonische Blick – Pompeji“ von Hans Georg Esch, Italienisches Kulturinstitut, Universitätsstr. 81 Köln, bis 13. Dezember, Montag bis Donnerstag 9 – 13 und 13.30 – 17 Uhr, Freitag 9– 14 Uhr. Eintritt frei. Die Rotunde auf dem Neumarkt ist ebenfalls kostenfrei und noch bis Samstag, 28. September, zu besichtigen.

Buchcover

Der Bildband „Hans Georg Esch.Pompeji - Der architektonische Blick“

Der Bildband „Hans Georg Esch. Pompeji - Der architektonische Blick“ erscheint am 30.9. beim Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln, 198 Seiten, 38 Euro.