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Schauspiel KölnPsychose statt Mutterglück

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Kristin Steffen 

Köln – Ihr Mann, vertraut die Erzählerin in der Kurzgeschichte „Die gelbe Tapete“ ihrem Tagebuch an, ist Arzt, und vielleicht ist genau das ein Grund, warum sie nicht schneller genese. Er glaube nämlich nicht, dass sie krank sei.

Die amerikanische Autorin Charlotte Perkins Gilman hat ihre autobiografisch geprägte Geschichte im Frühsommer des Jahres 1890 geschrieben. Fünf Jahre zuvor hatte sie eine Tochter geboren, ihr einziges Kind, und war in ein tiefes Loch gefallen: Eine Wochenbettdepression, bis hin zur Psychose.

Nur dass Gilman damals weder das Vokabular für ihre Krankheit zur Verfügung stand, noch die – rein männliche – Ärzte-Profession überhaupt an eine solche glaubte. „Die gelbe Tapete“ gilt schon deshalb als wichtiges Frühwerk feministischer Literatur, zudem ist der Text eine wunderbare Spätblüte der Schauerliteratur.

Einzelarrest als Ruhekur

Die junge Regisseurin Sarah Larisch hat ihn nun in der Reihe Werkstücke auf die Bühne des Depot 2 gebracht. Kristin Steffen spielt die Erzählerin, Jörg Ratjen den Doktorengatten, der seiner verstörten Frau nach der Geburt eine Ruhekur verschreibt, die eher an Einzelarrest erinnert. In einem abgelegenen Sommerhaus sperrt er sie in eine ehemalige Kinderstube ein, deren herausstechendste Eigenschaft eine abgerissene, seltsam gemusterte gelbe Tapete ist.

Die zeigt Larisch klugerweise nicht. Die Bühne, auf drei Seiten vom Publikum umgeben, bleibt leer. Mit dickem Kreidestift zieht Kristin Steffen selbst die Grenzen ihrer Zelle. Auch die Matrjoschka-Puppen, die sie eben noch auseinander gesteckt hat, zirkelt sie mit Kreidestrichen ab, sie symbolisieren wohl den Geburtsvorgang.

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Ratjen macht es sich derweil in einem grünen Aufblassessel bequem, schält einen Apfel und bevormundet seine Frau mit Binsenwahrheiten, er ist taub für ihr Leiden. Steffen versinkt bald in eine Fantasiewelt, räkelt und verbiegt sich auf der Bühnenfläche bis der Kreidestaub Nebelschwaden bildet. Das Tapetenmuster nimmt sie als Gitterstäbe war, hinter denen eine andere Frau eingesperrt ist. Deren Gedanken überlagern sich mit denen der Erzählerin, Steffens Stimme kommt zum Teil vom Band, einmal überlagern sich auch gesprochener und aufgenommener Text. Sie muss diese Frau befreien, sie kratzt, sie nagt an der Tapete.

Zum Höhepunkt der Psychose tanzt sie in weißen Plateauclogs und im Plastikreifrock zu Techno-Geboller und Regenbogen-Lightshow: Die 90er als Jahrzehnt der Problem-Verdrängung, das macht Sinn. Aber erst wenn man darüber nachdenkt. Das Versprechen, den Zuschauer mitzunehmen in den Raum mit der gelben Tapete, in alte Mutterschaftsmuster, in denen Frauen bis heute gefangen gehalten werden, kann die Inszenierung denn doch nicht ganz einlösen.