Eugen Ruges Monolog „Ruhestörung“ im Theater der Keller. Unsere Kritik.
Premiere im Theater der KellerDie Klage des gekündigten Mieters
Der Schrei ist bereits vorbei, als wir den Mann kennenlernen. Laut muss er gewesen sein, so laut, dass der Vermieter, der zwei Stockwerke tiefer wohnt, ihm die Wohnung kündigt. Hier beginnt „Ruhestörung“, das kleine Kammerspiel aus der Feder von Eugen Ruge („Metropol“). Eine gut einstündige monologische Suada folgt darauf.
Regisseur Michael Meichßner hat für die Inszenierung im Theater der Keller, als Übernahme vom Eurotheater Central in Bonn, seinen Schauspieler Jonathan Maria Dorando in eine Art Guckkasten platziert. Hier in einem farblosen, tristen und kaum möblierten Raum steht der konsternierte Mieter und kann die Welt nicht mehr verstehen. Ausgerechnet ihm, der tagtäglich und permanent den Lärm der Anderen über sich ergehen lassen muss, wird hier der „Prozess“ gemacht.
Zivilisationslärm als wahre Zumutung
Wenn die anderen Bimmeln oder Bohren, wenn die Frau des Vermieters mal wieder mutwillig den Staubsauger dröhnen lässt, dann wird das als zumutbarer Zivilisationslärm stillschweigen toleriert. Für ihn aber, den hypersensiblen oder (neurotischen?) Geistesmensch, der daheim seine nicht genauer definierte Kopfarbeit verrichtet, ist dieser immer auftretende Grundlärm da draußen, eine unerhörte Zumutung. „Es gibt im Grunde genommen keinen Tag, wo nicht auf ohrenbetäubende Weise gelärmt wird“, berichtet uns der Mann. „Und ich werde hier angeklagt, weil ich einmal in meinem Leben in meiner Wohnung angeblich schreie.“
Seine sich langsam zur Wutrede steigernde Rechtfertigung erinnert in Form und Inhalt mitunter an die beißenden Ausführungen eines Thomas Bernhard. Dem Stück aus dem Jahre 1998 sind zwar an einigen Stellen die Jahre anzumerken, anderseits bekommt diese bitterkomische Abrechnung eines Aussteigers durch die letzten Krisenjahre eine beängstigende Aktualität.
Jonathan Maria Dorando spielt den geplagten Mann als nicht unsympathischen Nerd, dem es gelingt, im Publikum Fürsprache und Verständnis für seinen Ausbruch und Ausstieg zu finden. Wenn dieser moderne Don Quijote mit naturgemäß wenig probaten Mitteln und Methoden gegen die allgegenwärtige Zivilisation ankämpft, dann gönnt man ihm zumindest in seinen Träumen eine Welt, in der der Aufprall einer Schneeflocke auf erdigem Grund der einzige Ton ist, der sein Ohr erreicht.
Nächste Termine: 14., 15., 28. Dezember, Theater der Keller