Mattel bringt die erste Barbie mit Down-Syndrom heraus. Bravo! Aber die Puppe mit den Model-Maßen war immer schon ein gutes Spielzeug.
Prominent-verteidigt-KolumneDown-Syndrom-Barbie ist viel schöner als das Standard-Modell
Der Spielwarenhersteller Mattel (hören Sie es da auch gleich wie in der Werbung flüstern: „von Mattel“?) hat seine erste Barbiepuppe mit Down-Syndrom vorgestellt, entwickelt in enger Zusammenarbeit mit einem Interessenverband für Menschen mit Down-Syndrom und deren Angehörigen.
Vielleicht wäre es korrekter, von einer Barbiepuppe zu sprechen, die eine Person mit Down-Syndrom darstellt. Denn das ist es ja, was Puppen seit mindestens der Jungsteinzeit tun: Sie repräsentieren Menschen, manchmal auch Götter.
Schwer zu sagen, in welche Kategorie davon Barbie fällt. Im ersten Trailer zu Greta Gerwigs kommenden „Barbie“-Film wird Margot Robbie in der Titelrolle als riesige, himmelsgesandte Erscheinung zelebriert, zu den Klängen von Richard Strauß’ „Also sprach Zarathustra“, inzwischen erkennt wohl jedes Kind die „2001“-Parodie. Demnach wäre Barbie der schwarze Monolith der Kindheit, ein rätselhaftes Objekt, das seine Bewunderer auf die nächste Entwicklungsstufe hievt.
Längst gibt es übrigens auch eine Barbie, die einen Rollstuhl benutzt, und eine mit der Pigmentstörung Vitiligo. Wäre so viel Inklusion in Plastikform eigentlich gar nicht nötig, wo die Puppe doch sowieso ein unerreichbares Ideal darstellt? Nein, das ist falsch gedacht. Die Frage lautet doch: Ein Ideal für wen? Die Barbie mit Down-Syndrom bleibt eine Barbie, ihre Haare sind ein bisschen besser kämmbar, ihre Kleider sehr viel bunter als im richtigen Leben.
Die Idee, dass Kinder, die zum Beispiel im Rollstuhl sitzen, nur mit Puppen spielen können, die sich auf zwei Beinen fortbewegen, ist doch ziemlich widersinnig. Und auf die Tatsache, dass die erste schwarze Barbie erst 1968 in den Spielzeugläden stand, wird Mattel („von Mattel“) heute nicht gerade stolz sein – zumal es dann noch einmal bis 1990 dauerte, bis man ein eigenes Gussmodell für schwarze Barbies verwendete, statt einfach nur der weißen Standard-Puppe eine andere Färbung zu verpassen.
Barbies Waage stand bei der 50 Kilogramm-Marke fest
Da fällt mir ein, dass die erste Barbie, die ich meinen Töchtern mitgebracht habe, auch schwarz war, sie stellte nämlich Tiana, die Heldin aus dem Zeichentrickfilm „Küss den Frosch“ dar. Barbie und Disney-Prinzessin, also die doppelte Ladung! Und ja, zwei Sekunden lang hatte ich darüber nachgedacht, ob ich den Kindern damit eine Anleitung zur Anorexie – Barbies Waage stand berüchtigter Weise bei der 50 Kilogramm-Marke fest – und absurden Körpererwartungen ins Haus hole. Mich dann aber daran erinnert, dass die muskulösen „Big Jim“-Puppen meiner Kindheit nicht dazu geführt hatten, dass ich Anabolika geschluckt, oder, seufz, jemals ein Fitnessstudio betreten hätte.
Der Nachteil an „Big Jim“ war übrigens: Barbie überragte ihn fast um eine Kopflänge. Was negativ auffiel, wenn er mal wieder im Malibu-Traumhaus meiner Schwester zum Tee eingeladen war, anstatt fiesen Superschurken Karatehiebe zu verpassen.
Für sie, sagt meine, dem Barbie-Alter längst entwachsene, ältere Tochter heute, seien Barbies selbst so etwas wie Action-Figuren gewesen. Puppen, die man zwar immer noch anziehen und frisieren kann, mit denen sich aber viel besser alle möglichen Rollenspiele spielen lassen.
„Außerdem“, so die Tochter, „fand ich Barbie eher hässlich. Ihr Körper sieht doch komisch aus.“ Gucken Sie sich die neue Down-Syndrom-Barbie noch einmal genau an. Ist sie nicht tatsächlich schöner als das Standard-Modell? Wenigstens sieht sie aus, als würde sie im wirklichen Leben sehr viel besser zurechtkommen, als ihre nicht gut ausbalancierte Plastikschwester.