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Was reimt sich auf „Brüste“?Es ist höchste Zeit, Rammstein den Rücken zuzukehren

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Die Berliner Band Rammstein in der Moskauer Dynamo-Arena. (Archivfoto)

Berlin – Komm mit, wir wollen zusammen traurig sein, lädt Till Lindemann seine Zuhörer im Eröffnungstrack des neuen Rammstein-Albums „Zeit“ ein. Der heißt „Armee der Tristen“ und wirkt wie eine ungewollte Selbstbeschreibung der deutschesten aller Rocker, der so oft von Kritikern vorgeworfen wurde, im Trüben zu fischen, dass man sie instinktiv verteidigen möchte. Das ist diesmal jedoch beim besten Willen nicht möglich.

Dabei haben Rammstein den Bogen keineswegs überspannt. Im Gegenteil: Nie zuvor wirkte er so schlaff, labberig und ausgelaugt. Nur im Refrain ihres Liedes „Angst“ – „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ – bettelt die Band noch einmal darum, als rassistisch missverstanden zu werden, um sich dann als „unerzogene Kinder“ aus der Sache herausreden zu können.

Was reimt sich auf „Brüste“?

Doch die Kinder sind müde, ihre obszönen Gesten erzählen vom Abschied. Und ihre Pausenhofzoten wirken, als hätten sie deren Reime der Autovervollständigung überlassen. „Deine Brüste sind zu klein/ Zwei Pfund Silikon sind fein“, brunftet Lindemann in „Zick Zack“.

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Rammstein-Fan beim Nachtverkauf des neuen Albums

Schon kapiert: Kritik durch Überaffirmation. Aber was genau haben Rammstein denn Satirisches zu Schönheitsoperationen zu sagen, außer semilustigen Zeilen wie „Schlauchboot basteln aus den Lippen“ und pflichtschuldigsten Aufzählungen von gefrästen Nasen und weggesägtem Fett?

Rammstein mit Blaskapellen-Einsatz

Auch musikalisch tritt die Band diesmal völlig auf der Stelle. Eckige Elektronik-Grooves, trocken angerissene Metal-Gitarren, die Rammstein-Grundeinstellung eben, ergänzt um das Allerallernötigste, um nicht kurzfristig durch einen Algorithmus ersetzt zu werden: die verdoppelten Iron-Maiden-Gitarrenläufe in der Coda von „Meine Tränen“, ein zaghafter Autotune-Einsatz in „Lügen“, die „Muss I denn“ aufspielende Blaskapelle am Anfang von „Dicke Titten“.

Ja – lassen sie uns gemeinsam aufseufzen – auch ein Lied namens „Dicke Titten“ musste mit aufs Album drauf, gesungen aus der Sicht eines typisch verhärmten Rammstein-Protagonisten, der sich nach einer Frau sehnt, die nicht schön sein muss, nicht klug, „doch um eines möchte‘ ich bitten…“ Doch, da kann man schon mal zusammen traurig sein: Niemand konnte den bösen deutschen Berserker mit der fehlgeleiteten Sexualität so überzeugend spielen wie Till Lindemann. Und jetzt endet er auf seine alten Tage als Gottlieb Wendehals! Es fehlt wirklich nur das Gummihuhn.

Till Lindemann, Sänger der Band Rammstein, steht auf einer Bühne.

Und der Refrain von „OK“? Besteht einzig aus dem Ausruf „Ohne Kondom“. Ja, so ist das eben mit dem Sex, wenn man schon lange verheiratet ist.

Auf dem vom kanadischen Softrocker Bryan Adams fotografiertem Cover sieht man die Musiker die Außentreppe des phallischen Trudelturms herabsteigen, es ist Schicht im Schacht.

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Bleibt die Altersdepression, die „Partei der Hoffnungslosen“, die Lindemann in einem der wenigen gelungenen, zumindest irgendwie ins Gesellschaftliche führenden Slogans des Albums heraufbeschwört. Auf dem Titelstück treiben sie dem Ende entgegen, marschieren gemeinsam gegen das Glück, decken sich in „Schwarz“ mit Schwermut zu. Und im finalen Track „Adieu“ flüstert der Tod unterm Tannenzweig. Wenn „Zeit“ Rammsteins letzter Weg sein sollte, dann sollten sie ihn wohl wirklich lieber alleine gehen.