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Rautenstrauch-Joest-MuseumAfghanische Frauen erzählen ihre Geschichten

Lesezeit 3 Minuten
Taliban security personnel ride past the former US Embassy building in Kabul

Taliban patrouillieren durch Kabul.

In einer Kölner Ausstellung von Medica Mondial berichten Aktivistinnen vom Kampf für Frauenrechte in Afghanistan.

„Wenn ich meine Tochter sehe, wie sie über ihre Rechte spricht, wenn ich sehe, wie intelligent alle Mädchen und Frauen sind, dann verstehe ich, warum die Taliban so eine große Angst vor ihnen haben in Afghanistan.“ Arezu Rezayee arbeitete in der Rechtsabteilung der Hilfsorganisation Medica Mondial in Kabul, als die islamistischen Taliban die Macht in der afghanischen Hauptstadt übernahmen. Während westliche Militärs das Land verließen, mussten sie um ihr Leben und das ihrer Familie fürchten.

Mittlerweile lebt Rezayee mit ihrer Tochter in der Nähe von Frankfurt – und erzählt in der Kölner Ausstellung „Weil wir Frauen sind“ von ihrer abenteuerlichen Flucht nach Deutschland und ihrem neuen Leben in Sicherheit. Organisiert wurde die kleine Schau von Medica Mondial, deren Hauptsitz Köln ist, gezeigt wird sie im Rautenstrauch-Joest-Museum. Insgesamt 20 Frauen, darunter viele ehemalige Medica-Mitarbeiterinnen in Afghanistan, werden in Porträtfotos, Zitaten und teilweise als Mitwirkende eines in der Ausstellung projizierten Dokumentarfilms vorgestellt.

Organisiert wurde die kleine Ausstellung von Medica Mondial, deren Hauptsitz Köln ist

Film und Fotos stammen von Lela Ahmadzai. Geboren 1975 in Kabul, kam sie im Alter von 17 Jahren nach Deutschland. 2002 kehrte sie erstmals zurück, um den gesellschaftlichen Wandel ihres Geburtslands zu dokumentieren. Im Jahr zuvor hatte eine von den USA geführte Allianz die herrschenden Taliban aus dem Land vertrieben. Unter der neuen, vom Westen gestützten Regierung waren Frauenrechte garantiert – mussten aber trotzdem jeden Tag erkämpft werden.

Die Kölner Ausstellung soll kein Dokument des Scheiterns sein. Seit der Rückkehr der Taliban an die Macht wurden die Frauenrechte weitgehend abgeschafft, aber die Botschaft, die Medica Mondial mit ihr verbreiten möchte, ist eine hoffnungsvolle: Es war nicht umsonst. Die porträtierten Frauen berichten von Erfolgen und Widerständen, Glück und Angst, von dem, was sie erreichen konnten und was von den Taliban jäh unterbrochen wurde. Aber aus den Zitaten spricht die Zuversicht, dass sich die Uhr nicht einfach wieder zurückdrehen lässt.

Am eindringlichsten lesen sich die Berichte über die Tage und Wochen vor der geglückten Flucht

Das beste Beispiel für den Erfolg der Medica-Mission sind nicht zuletzt die porträtierten Frauen selbst. Sie arbeiteten in Kabul als Richterin, Rechtsanwältin, Sozialarbeiterin oder Buchhalterin – lauter Berufe, die unter den Taliban für sie unerreichbar waren. Und sie führen ihren Kampf für die Frauenrechte in Afghanistan aus dem Exil fort.

Am eindringlichsten lesen sich aber die Berichte über die Tage und Wochen vor der geglückten Flucht nach Deutschland. Sonia Asaqzada etwa erzählt von falschen E-Mails und Telefonanrufen: „Man bot mir die Ausreise an oder einen guten Job. Ich müsse nur um eine bestimmte Uhrzeit an einen bestimmten Ort kommen. Jede Nachricht eine Falle. Natürlich ging ich nicht.“

Dafür, so Asaqzada, kamen die Taliban. „Zwei Mal durchsuchten sie unser Gebäude. Wir hatten Glück: Die versteckten Zeugnisse und Arbeitsdokumente fanden sie nicht. Aber ich wurde krank. Ich konnte nicht mehr schlafen, nicht mehr essen.“ Ähnliches berichten auch andere afghanische Mitarbeiterinnen von Medica Mondial.

In ihrem Porträtfilm ordnet Lela Ahmadzai die Stimmen zu einer einzigen Erzählung über Weggehen und Ankommen, alte und neue Leben – und die deutsche Bürokratie als lebensbedrohliches Hindernis. Während die US-Behörden Visa per Mail verschickt hätten, erzählt eine deutsche Mitarbeiterin von Medica Mondial, hätte das deutsche Außenministerium immer neue Nachweise verlangt und dann ohne Vorwarnung den Ansprechpartner ausgewechselt. Die Flucht aus Afghanistan gelang den bedrohten Frauen dann auch nicht über den Flughafen von Kabul, sondern auf dem Landweg in die Nachbarländer.


„Weil wir Frauen sind: Afghanische Aktivistinnen erzählen von Mut und Widerstand“, Rautenstrauch-Joest-Museum, Cäcilienstr. 29-33, Köln, Di.-So. 10-18 Uhr, Do. 10-20 Uhr, bis 13. April 2025. Eintritt frei.