Der oft belächelte Apostroph zur Abgrenzung des Genitiv-s bei Eigennamen darf nun auch offiziell verwendet werden.
Deppen-ApostrophBarbara darf laut Rechtschreibrat jetzt Barbara's Rhabarberbar eröffnen
Gehören Sie auch zu den Menschen, denen sich bei Schildern wie „Rita's Grillstube“ oder „Frank's Friseursalon“ die Nackenhaare aufstellen? Dann sollten Sie auch zugeben, dass das ein gutes Gefühl ist, so eine Art ASMR-Kribbeln für die geistige Elite. Kaum hat man ein solches Schild erblickt, Gelegenheit dazu gibt es viele, besteht nämlich die Gelegenheit, mit einer verächtlichen Bemerkung über den „Deppenapostroph“ Distinktionsgewinn einzufahren.
Fälschlicherweise wird diese Konstruktion oft auch als sächsischer Genitiv bezeichnet, was manche zu der Annahme verleitet hat, der Osten sei mal wieder an allem Schuld. Gemeint ist aber „angelsächsisch“ und „Frank's Barbershop“ ist im Englischen ja auch die korrekte Form. Was wiederum andere auf die Idee gebracht hat, die angeblich fortschreitende Anglisierung der deutschen Sprache wäre schuld am allzu enthusiastischen Apostroph-Einsatz.
Viele geben der Anglisierung der deutschen Sprache die Schuld
So wird jede mit Hochkomma abschließende Barbara als Sinnbild für den Untergang des Abendlandes hochstilisiert. Nun jedoch macht uns grammatikalisch Bessergestellten ausgerechnet der Rat für deutsche Rechtschreibung einen Strich, und zwar einen waagrechten, durch die Rechnung.
Im neuesten amtlichen Regelwerk der zentralen Instanz zur Bewahrung der Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum findet sich unter dem Abschnitt „Apostroph“ folgender neuer Passus: „Die Verwendung des Apostrophs zur Abgrenzung des Genitiv-s bei Eigennamen ist möglich, wenn die Gesamtkonstruktion ein Eigenname ist: Eva's Blumenladen oder Evas Blumenladen, Peter's Taverne oder Peters Taverne; aber Evas Mutter, Peters Brille.“ Barbara darf ab sofort Barbara's Rhabarberbar über ihre Rhabarberbar schreiben, aber Barbaras Rhabarber bleibt Barbaras Rhabarber und nicht etwa Barbara's Rhabarber.
Wer ist jetzt der Depp? Bislang galt lediglich die Verwendung des Genitiv-Apostrophs nach einem auf -s endenden Eigennamen als korrekt. Ich hätte also jederzeit regelkonform „Bos' Bratwurstbude“ eröffnen können, Meier oder Müller oder Schmidt hingegen nicht. Nein, auch keine Taverne.
Ab jetzt ist es jedoch ein freies Spiel für alle und man muss noch nicht mal lange rätseln, was sich der Rechtschreibrat bei seiner Neuregelung gedacht hat, denn den Deppenapostroph findet man schon lang auf jedem zweiten Ladenschild, da ist und bleibt der Dünkel machtlos – im Sinne der Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung macht die Apostroph-Amnestie Sinn. Sprache ist eben etwas Urdemokratisches. Seien wir großmütig, freuen uns – und machen ein Häkchen drunter. Oder drüber.