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Rotterdam Orchestra in der Kölner PhilharmonieStardirigent ließ Bruckners Garten üppig erblühen

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Dirigent Yannick Nézet-Séguin.

Dirigent Yannick Nézet-Séguin.

 Das Rotterdam Orchestra spielte unter der Leitung von dessen Ehrendirigenten Yannick Nézet-Séguin in der Kölner Philharmonie. 

Welche Fassungen der Bruckner-Sinfonien soll man heute spielen – die gut abgehangenen Spät- oder die Frühversionen, die der Komponist dann teils tiefgreifend veränderte? Die Frage wird sehr unterschiedlich beantwortet, auch im Fall der Dritten, die der kanadische Stardirigent Yannick Nézet-Séguin jetzt mit seinem früheren Orchester, den illustren Rotterdamer Philharmonikern, in Köln in der Erstfassung aufführte. Sie heißt ob der vielen Zitate gemeinhin „Wagner-Sinfonie“ – was aber eben nur für die Frühversion plausibel ist, weil gerade die Wagner-Stellen später Streichungen zum Opfer fielen.

Aufdringliche Klang-Devotionalien

Jetzt konnte man sie also allesamt hören, darunter die lange „Tannhäuser“-Strecke im zweiten Satz. Und darf sich in der Tat fragen, ob diese aufdringlichen Klang-Devotionalien dem Werk und seiner Kohärenz wirklich zum Vorteil gereichen. Sei´s drum, eine interessante Erfahrung hielt das Konzert allemal bereit. Und allemal ließ Nézet-Séguin Bruckners Garten üppig erblühen, den inbrünstigen Gebets- genauso wie den Singgestus der Seitenthemen – und jenen Kontrapunkt, der (etwa im Finale) Choral und Polka übereinander blendet. Das war ein sinnlich-fasslicher Bruckner, der zugleich große Energie-Ladungen mitbekam.

Dieser Druck ließ dann allerdings auch schon mal etwas auseinanderfallen, Übergänge nicht ganz genau „sitzen“. Und wenn es nach Generalpausen weiterging, klang das in den Streichern nicht immer schön. Überhaupt fiel die Vorstellung des Orchesters angesichts dessen, was man von ihm erwarten durfte, nicht durchweg superb aus. Großartige Romantik lieferte vor allem das Solohorn, weniger taten es die Trompeten mit leicht quäkenden Intonationen.

Entspannter, weiträumig flutend, kammermusikalisch differenziert und zugleich mit einem warmen Wohlklang kam es hingegen in Richard Strauss´ „Vier letzten Liedern“, denen zudem die amerikanische Sopransolistin Angel Blue ein intensives Fluidum verlieh. Klar, die Hesse- und Eichendorff-Texte gingen in ihrer opernnahen Performance unter, aber die herbstliche Abschiedsstimmung kam bezwingend herüber.