Die FDP-Bundestagsfraktion hat in einem „Positionspapier“ eine umfassende Sparreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angeregt. Gerhart Baum, ehemaliger FDP-Bundesminister und amtierender WDR-Rundfunkrat, kritisiert die Vorschläge als „Tabula-Rasa-Reform“.
Gerhart Baum kritisiert ARD„Große Bereiche, die keiner Kontrolle unterliegen“
Gleich zwei Positionspapiere hat die FDP in der vergangenen Woche zur Sparreform der öffentlich-rechtlichen Sender in Umlauf gebraucht. Eines stammt aus der Bundestagsfraktion, das andere von der NRW-Landtagsfraktion. Gemeinsam sind ihnen zentrale Forderungen wie die Fusion von Sendern (darunter auch ARD und ZDF), Gehaltsobergrenzen für Spitzenverdiener und die Ausdünnung des Unterhaltungsangebots.
Der ehemalige FDP-Bundesinnenminister und amtierender WDR-Rundfunkrat Gerhart Baum kritisiert die Thesen seiner Partei im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ scharf. „Das ist eine Tabula-Rasa-Reform“, so Baum, „die auch an verfassungsrechtliche Grenzen stößt.“ Unterhaltung beispielsweise sei nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich Teil des Rundfunkauftrags, die geforderte Konzentration auf Bildung und Information daher nicht durchsetzbar.
„Die Vorschläge haben eine nicht durchdachte Radikalität, niemand bedenkt, was bei einer Fusion von ARD und ZDF verloren gehen würde“, sagt Baum. Beide Sender stünden in Konkurrenz untereinander, so entstehe Meinungsvielfalt, und Meinungsbildung sei ein Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Grundsätzlich mache es sich die FDP mit ihren Positionspapieren zu einfach: „Die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist mühsame Arbeit, der man sich unterziehen muss. Einfache Lösungen sind eine Illusion.“
Gerhart Baum gehört selbst zu den Kritikern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. „Es gibt innerhalb der ARD große Bereiche, die keiner Kontrolle unterliegen“, so Baum. Hier müssten die Rundfunkgremien ihre Aufsichtspflichten sehr viel selbstbewusster wahrnehmen. „Die Gremien haben eine Schlüsselfunktion bei der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie bürgen für Staatsferne bei der Senderaufsicht und dürfen die Reformen nicht allein den Intendanten überlassen.“
Auch der Deutsche Journalistenverband übte scharfe Kritik am Positionspapier der FDP-Bundestagsfraktion. Er sieht in der Forderung nach Absenkung des Rundfunkbeitrags „einen bewussten Verstoß gegen das vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Gebot der Staatsferne bei der Rundfunkfinanzierung“. Die Verfassungsrichter hätten genau das verhindern wollen, so DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall, was die FDP nun versuche, nämlich die Höhe des Rundfunkbeitrags von der politischen Stimmungslage abhängig zu machen. Für die Bemessung des Rundfunkbeitrags sei die unabhängige KEF eingesetzt worden. „Das müssten die Liberalen eigentlich wissen“, so Überall.