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Salon SchmitzDie Hausbar der Kölner Kunstszene feiert Jubiläum

Lesezeit 6 Minuten
Kunstgruppe

Engagieren sich für Kunst und Künstler: Die Gastronomen Trixi und Dirk Mecky

Köln – Heute heißt der Hund Mojito. Er ist freundlich, kaum kniehoch, trägt ein schickes Halsband, und stromert eher unauffällig durch den Café- und Barbetrieb des Salon Schmitz.

Anders als sein Vorgänger, ein irischer Wolfshund namens Lotte, der allein durch seine Größe und Präsenz vor und hinter der Theke im ersten Lokal von Dirk Mecky, im Dos Equis in der Friesenstraße, echte Starqualitäten aufwies: Lotte in Öl, Lotte in Pastell, Acryl, Tusche, mit schnellem Bleistift oder Kugelschreiber skizziert.

Je nach Laune der Künstler, die an der Theke saßen und Servietten als Grund nutzten oder sich später in ihren umliegenden Ateliers dem Sujet Lotte annahmen und ihre Werke Gastronom und Hundebesitzer Dirk Mecky überreichten – „für ein paar Kölsch im Gegenzug“, sagt Mecky. Was heute Jubiläumsausstellung zu 25 Jahren Kunstgruppe heißt, begann genau hier: am Tresen.

Kaum war geöffnet, kamen die Bilder

Zig Lotte-Porträts hingen im ohnehin schon üppig dekorierten Lokal, das die Künstler seit Eröffnung im Sommer 1988 zu ihrem Wohnzimmer machten: Walter Dahn, Hans Peter Adamski, Sigmar Polke, Peter Bömmels, Martin Kippenberger und viele andere waren Stammgäste.

Nicht alle malten Lotte, gehörten aber genauso zum Inventar wie Rosemarie Trockel, Curtis Anderson, Marcel Odenbach, Astrid Klein, Georg Herold, C.O. Paeffgen … Eine Mélange an Künstlern, die Mitte der 80er schon bekannt waren, das Flirren der Kunststadt Köln weit in die Welt hinaustrugen und dem Dos Equis, später dem Salon Schmitz, den Ruf der Institution einbrachte. „Professor Walter Dahn unterrichtete seine Klasse im Innenhof des Dos Equis“, erinnert sich Trixi Mecky und lacht.

In der Friesenstraße, in der Bar mit der riesigen Glasfront, fing alles an. In einem Haus, das vor Meckys Einzug ein Bordell war und Café Contact hieß, aber schnell zum Künstlerhaus wurde. Geringe Miete, ausufernde Nächte in der Bar.

Kaum war eröffnet, kamen die Bilder, folgten die Ausstellungen, und schnell waren die Gastronomen Dirk und Trixi Mecky als Kunstfreunde und Förderer bekannt. So bildete sich die „Kunstgruppe“ 1995, die alljährlich gekoppelt an die Eröffnung der Art Cologne ihre Gruppenausstellung zeigt, wenn Sammler, Kuratoren, Museumsleute in der Stadt sind.

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„In der ersten Ausstellung zeigten 90 Künstler, gerade haben wir 153 Exponate, jeder Künstler ein Bild, sein bestes“, sagt Trixi Mecky. Fotografien, Drucke, Gemälde, Multiples. Kleine Formate, weil die Wand zwar lang ist, aber die Ausstellungsfläche im Salon Schmitz doch begrenzt ist.

Damals wie heute ist das Konzept dasselbe: Die Gruppenausstellung funktioniert, indem bekannte, arrivierte Künstler auf junge, noch unbekannte treffen, auf Newcomer und Studenten. Was die Ausstellungsmacher besonders freut: Viele der ersten Teilnehmer zeigen heute noch, etwa 60.

„Rosemarie Trockel weiß, dass ein Bild von ihr in der Ausstellung wie ein Magnet wirkt, sie unterstützt gern“, sagt Dirk Mecky. „Keiner von den Ersten müsste bei uns noch teilnehmen, aber sie haben das Konzept verstanden. Außerdem gleicht die Vernissage immer einem wilden Klassentreffen, sie kommen gern zurück nach Köln – aus dem fernen Berlin und dem Rest der Welt.“

Streng genommen feiert die Kunstgruppe 2021 natürlich 26-jähriges Bestehen, aber aus den bekannten Gründen wurde die Art Cologne zwei Mal verschoben – und so ist die Vernissage einfach um ein Jahr verlegt“, erklärt Dirk Mecky.

Stars wie Rosemarie Trockel unterstützen Nachwuchskünstler

Aber die Ausstellung, die gibt es schon. Auch wenn die Eröffnung wie jedes Mal am Vorabend der nächsten Art Cologne, am 15. November, mit sehr viel Publikum gefeiert werden soll, sind die Exponate bereits sichtbar. Sie hängen, wie immer seit der Eröffnung des Salon Schmitz 2006, im hinteren Teil des Lokals, nur in diesem – speziellen – Jahr ist sie nicht nur 1:1 zu betrachten, sondern seit kurzem als virtuelle Ausstellung schon jetzt erlebbar, für Kunstfreunde, die erst im November zur Vernissage anreisen.

Digital – das große Wort, das mit Beginn der Pandemie eine ganze neue Dimension erhalten hat. Und weil Felix Hansen, Mitinhaber und Creative Director der Agentur „simple“, als enger Freund der Gastronomen von Beginn an mit der Ausstellungsgestaltung der „Kunstgruppe“ und vielen anderen Einzelausstellungen betraut ist, hat er sich für die zuletzt karge Kunstzeit das digitale Format ausgedacht.

„Im ersten Lockdown 2020 geriet in meiner Agentur plötzlich alles zum Stillstand, und wir überlegten, wie wir neue Formate generieren können“, sagt Hansen. So entstand die virtuelle Gruppenausstellung – die es den Besuchern mit Hilfe eines Avatars sogar ermöglicht, sich zeitgleich in der Ausstellung zu treffen und unterhalten zu können.

Und alle, die mit weniger Technik ausgestattet sind, können sich herkömmlich durch die Ausstellung klicken. „Die Live-Vernissage ist dann zur Eröffnung der Kunstmesse geplant“, sagt Trixi Mecky.

Trixi und Dirk Mecky wollten nie Provisionen

Aber was ist im Moment schon sicher und was ist planbar? Trixi und Dirk Mecky, die in der ganzen Zeit nur als Vermittler zu den Künstlern fungierten und die Verkaufsabwicklung komplett diesen selbst überließen ohne Provision zu beanspruchen, wollten auch in dieser schwierigen Zeit als Förderer unterstützen.

„Die Werke können über ein integriertes Mailformular angefragt und erworben werden“, erklärt Hansen das System. „Wären wir eine kommerzielle Galerie, wären Preise und rote Punkte direkt erkennbar“, sagt Trixi Mecky, die, wie jedes Jahr, zwischen Interessent und Künstler vermittelt.

Und ihr Mann Dirk ergänzt, „dass die messe- und ausstellungsfreie Zeit in den vergangenen 15 Monaten einfach viele ganz hart getroffen hat. Da wollten wir etwas dagegensetzen.“

Für manche Karriere wurden hier Impulse gesetzt

Die großen Künstler mit bekannten Namen, von denen heute immer noch viele den Kern der Kunstgruppe bilden, traf die Pandemie selbstverständlich auch, aber eben nicht existenzbedrohend. „Diese harte Zeit nun zu romantisieren, weil so viel Neues und Kreatives entstanden sei, ist meines Erachtens falsch. Viele junge Künstler sind jetzt einfach pleite“, sagt Dirk Mecky. Deshalb der digitale Aufwand, deshalb die monatelange Schau, für die viele Hände weit über einen Monat gearbeitet haben. „Wenn Werke bis zur Vernissage digital verkauft werden, dann sind sie weg.“

Eine konkrete Auswahl treffen die Meckys nicht, „nur Niveau muss schon erkennbar vorhanden sein“, sagt Dirk. Die Ausstellung sei divers, aber nicht wahllos. Aber das Konzept gehe immer auf: Professoren wie Frances Scholz, Walter Dahn oder Leiko Ikemura brachten von jeher ihre Studenten mit in die Ausstellung.

Und für manche Künstlerkarriere haben die Meckys Impulse gesetzt. Indem Galeristen und Kuratoren bei ihnen auf sie aufmerksam wurden, gekauft haben. Namen nennen sie keine. Aber: Die Brüder Gert und Uwe Tobias waren zum Beispiel Dahn-Schüler an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig.

Ein Hund ist in der Jubiläums-Ausstellung übrigens auch zu sehen. Ob es Lotte ist, bleibt jedoch dem Betrachter überlassen.