Ryan Gosling ist als bester Nebendarsteller für „Barbie“ nominiert, Hauptdarstellerin Margot Robbie wurde ebenso übergangen wie Regisseurin Greta Gerwig. Ist das ein Skandal?
Sexismus bei den Oscars?Das ist kein Sieg des Patriarchats
„Herr der Gezeiten“ war 1992 ein Publikumserfolg. Siebenmal war der Film für einen Oscar nominiert, Barbra Streisand als Regisseurin wurde allerdings übergangen. Moderator Billy Crystal sang daraufhin in seinem Eröffnungsmonolog „Did this movie direct itself?“ („Hat sich dieser Film selbst gedreht?“) zur Melodie von „Don’t Rain on My Parade“.
Im Regen stehen gelassen hat die Academy in diesem Jahr auch Greta Gerwig. Wobei das nur teilweise stimmt, denn ihr Mega-Blockbuster „Barbie“ kann sich über acht Nominierungen freuen, unter anderem als bester Film. Auch sie persönlich kann sich Hoffnung auf einen Preis machen. Mit Noah Baumbach ist sie für das beste adaptierte Drehbuch – wieso es adaptiert sein soll, weiß auch nur Gott allein – nominiert.
Der Frust in den sozialen Netzwerken ist groß
Aber als Regisseurin wurde sie übergangen. Ebenso wie Hauptdarstellerin Margot Robbie. Sind Sie etwa nicht Kenough? Ryan Gosling zumindest darf auf einen Preis als bester Nebendarsteller hoffen, America Ferrara als beste Nebendarstellerin. Gosling machte seinem Unverständnis auch prompt in einem Statement Luft: „Es gibt keinen Ken ohne Barbie, und es gibt keinen Barbie-Film ohne Greta Gerwig und Margot Robbie.“
Nun ist es in der Tat verrückt, dass die Realität die Botschaft des Films einzuholen scheint. In den sozialen Netzwerken äußern viele ihren Frust, unter anderem die frühere First Lady und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Es sei eine Unverschämtheit, dass Gerwig, der es als erste Frau gelang, mit einem Film mehr als eine Milliarde US-Dollar einzuspielen, nicht als Regisseurin nominiert wurde, ist überall zu lesen.
Dass die Oscars zu weiß, zu männlich und zu wenig divers sind, steht außer Frage. Aber die Kritik zielt dennoch an der Sache vorbei. Die Wahrheit ist vermutlich so simpel wie ernüchternd: Die Oscars tun sich schwer mit Blockbustern, und wenn die dann nicht wenigstens das ganz große Drama bieten, wird es noch schwieriger. Eine Frau, der es gelingt, mit einer Komödie Erfolg zu haben, löst da natürlich bei der immer noch überwiegend männlich besetzten Academy Angst aus.
Was wir hier erleben, ist ein letztes Aufbäumen des Patriarchats, aber ganz sicher nicht dessen Sieg. Übrigens kann sich Greta Gerwig in bester Gesellschaft wissen. „Der weiße Hai“, gewissermaßen Erfinder des Blockbuster-Phänomens, erhielt zwar 1976 drei Oscars, aber Steven Spielberg war als Regisseur nicht mal nominiert. Wie es mit dessen Karriere nach „Der weiße Hai“ weiterging, ist bekannt. Greta Gerwig kann sich also entspannt zurücklehnen – und dann den nächsten Welterfolg drehen.