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18 Emmys für „Shōgun“Wie ein besseres „Game of Thrones“ im feudalen Japan

Lesezeit 4 Minuten
Hiroyuki Sanada spielt in „Shōgun“ den Fürsten Yoshii Toranaga.

Hiroyuki Sanada spielt in „Shōgun“ (seit 27. Februar als Stream auf Disney+ verfügbar) den Fürsten Yoshii Toranaga.

Bei den Emmy-Awards hat die Miniserie einen Rekord gebrochen. Keine Überraschung – denn die Buchverfilmung ist besser als die Achtziger-Adaption.

Die beste Drama-Serie, mit dem besten Hauptdarsteller (Hiroyuki Sanada), der besten Hauptdarstellerin (Anna Sawai) und der besten Regie. Die Liste könnte man noch eine Weile so fortführen. Denn „Shōgun“ hat bei den diesjährigen Emmy-Awards einen Rekord gebrochen und konnte sich in 18 von 25 Nominierungen gegen die Konkurrenz durchsetzen. Wie gut die Serie ist, zeichnete sich schon bei der Premiere im Februar ab. Unsere Rezension.

Als „Shōgun“ 1982 das erste Mal im ZDF gezeigt wurde, war das ein richtiger Straßenfeger. Ein siebenteiliges TV-Event, das niemand verpassen wollte. Die Miniserie von Paramount war mit seiner für damalige Verhältnisse expliziten Darstellung von Sex und Gewalt eine kleine Revolution.

Nun ist der „Shōgun“ mit Richard Chamberlain und Toshirō Mifune in den Hauptrollen schon über 40 Jahre alt, aber immer noch sehr beliebt. Deshalb sind es große Fußstapfen, in die FX mit der neuen Interpretation der Bestseller-Romanvorlage von James Clavell aus dem Jahr 1975 tritt. Seit dem 27. Februar wird sie als Stream auf Disney+ gezeigt.

„Shōgun“: Korruption im feudalen Japan

Die Produzenten Justin Marks und Rachel Kondo bleiben im neuen „Shōgun“ nah an dessen Handlung: Im Zentrum der zehn Episoden stehen Fürst Yoshii Toranaga (Hiroyuki Sanada), seine zum Christentum konvertierte Übersetzerin Toda Mariko (Anna Sawai) und der englische Navigator John Blackthorne (Cosmo Jarvis), der im Jahr 1600 mit seinem Schiff an der Küste des feudalen Japans strandet. Nach dem Tod des Taiko hat ein Rat aus fünf Fürsten die Führung des Landes übernommen.

Cosmo Jarvis ist John Blackthorne, ein Engländer, der im Jahr 1600 im feudalen Japan stranded.

Cosmo Jarvis ist John Blackthorne, ein Engländer, der im Jahr 1600 im feudalen Japan stranded.

Toranaga, einer dieser Daimyo, wird im Kampf um Macht zum Ziel der anderen Fürsten, die wiederum mit korrupten Katholiken aus Portugal verbunden sind. Um das Überleben seines Clans zu sichern, verbündet er sich deshalb mit Blackthorne. „Anjin“, so sein Name fortan, ist allerdings weder mit der Sprache noch mit den Sitten des Landes vertraut. Dabei hilft ihm Lady Mariko – die selbst eine tragische Familiengeschichte hat.

Die Geschichte von „Shōgun“ - die übrigens lose auf der von William Adams, dem vermutlich ersten europäischen Samurai, basiert - setzen Marks und Kondo jedoch deutlich geschickter um als die Verfilmung aus den 1980ern. Blackthorne ist nicht die alleinige Hauptfigur. Sondern auch Toranaga und Mariko stehen im Fokus der Handlung.

John Blackthorne ist nicht mehr der weiße Retter Japans

So wird das Stereotyp des sogenannten „White Savior“ (weißer Retter) umgangen. Japaner sind in den Augen des Europäers nicht nur irgendwelche Fremden mit merkwürdigen Gepflogenheiten, sondern der kulturelle Unterschied wird differenzierter dargestellt. So erfährt der Zuschauende etwa, dass für die Japaner der Engländer Blackthorne zunächst als barbarisch gilt. Unter anderem, weil er ein Bad pro Woche als ausreichend empfindet. Er ist eben auch nicht der klischeebehaftete westliche Held, der die Lösung für den von Korruption geprägten politischen Machtkampf aus dem so viel zivilisierteren Europa an die Küste Japans mitgebracht hat. Er ist nur ein Teil eines sehr komplexen Spiels.

Apropos Spiel: In der Serie von FX, die schon die preisgekrönte Serie „The Bear“ produzierten, wird mit „Shōgun“ vieles besser umgesetzt, was einst „Game Of Thrones“ zum Erfolg verhalf. Das Intro wirkt zwar wie eine abgekupferte Version der HBO-Serie, aber vor allem schafft „Shōgun“ eine Welt, die die Zuschauenden sofort aufsaugt. Die überwältigenden Kulissen und detailreiche Kostüme ermöglichen eine Zeitreise ins feudale Japan.

Aber vor allem ist es die Handlung, die von den vielschichtigen Charakteren und den interessanten Dialogen – in „Shōgun“ größtenteils übrigens auf Japanisch – geprägt wird. Ein flächendeckend grandioses Ensemble erweckt sie zum Leben, wobei besonders die drei Hauptdarsteller herausstechen.

„Shōgun“ mit Fingerspitzengefühl und Liebe zum Detail

Hiroyuki Sanada, der auch als Produzent fungierte und bislang im westlichen Raum nur in diversen Hollywood-Nebenrollen in Erscheinung trat, schafft es, den Fürsten Toranaga noch stoischer als Toshirō Mifune zu spielen. Anna Sawai als Übersetzerin Toda Mariko dürfte der schauspielerische Höhepunkt in „Shōgun“ sein. Von Anfang an ist zu erahnen, dass sich hinter ihrer Fassade Traurigkeit und Traumata verbergen. Dafür muss Sawai nicht einmal unbedingt sprechen.

Anna Sawai glänzt in ihrer Rolle als Übersetzerin Toda Mariko.

Anna Sawai glänzt in ihrer Rolle als Übersetzerin Toda Mariko.

Als perfekter Gegenpol steht dazu Cosmo Jarvis als John Blackthorne. Überzeugender als Richard Chamberlain porträtiert er den Fremden im fremden Land. Jarvis kauft man ab, dass Blackthorne Probleme hat, zu verstehen, warum die Japaner einerseits so höflich sein können, aber andererseits auch zu Akten plötzlicher Gewalt neigen können. Explizite Gewalt und Action gibt es zwar, aber nur selten. Dafür genau in den richtigen Momenten. Dann ist sie überraschend und kompromisslos, aber niemals, um bloß mit Brutalität zu schocken.

Es ist vor allem dieses Fingerspitzengefühl und die sichtbare sowie spürbare Liebe zum Detail, die „Shōgun“ so sehenswert macht. Sehenswerter als die Verfilmung aus den 1980er-Jahren - denn sie ist mehr als ein Remake. Auch wenn der Vergleich mit einer 40 Jahre alten Serie schon irgendwie unfair ist.