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Sleater-Kinney in KölnWarum diese beiden Frauen die beste Rockband der Welt sind

Lesezeit 2 Minuten
Sleater-Kinney im Bürgerhaus Stollwerck, 20. August 2024

Sleater-Kinney im Bürgerhaus Stollwerck: Carrie Brownstein (l.) und Corin Tucker

Die US-Band feierte ihr 30-jähriges Bestehen im Bürgerhaus Stollwerck. Unsere Konzertkritik.

Rockmusik verspricht Unmittelbarkeit. Möglichst widerstandslos soll der Strom zwischen den Spannungsquellen fließen, bis zum funkensprühenden Kurzschluss von Band und Publikum.

Carrie Brownstein und Corin Tucker von Sleater-Kinney sind echte Rockstars, keine Frage. Wie Brownstein ihre Gibson SG schreddert, virtuos, gereizt und überschwänglich, wie sie dabei mit ausgestrecktem Bein in die Luft tritt, sämtliche Rockgott-Gesten aus Pete Townshends Repertoire zitiert, wie Tucker den Überschwang der Kollegin mit ihrer tiefen gestimmten Rhythmusgitarre einhegt, oder wie ihrer heftig vibrierende Extremstimme Ozzy Osbourne auf die Plätze verweist – man lauscht und staunt im Bürgerhaus Stollwerck.

Auch im 30. Jahr seit ihrer Gründung im Umfeld der Riot-grrrl-Bewegung im US-Bundesstaat Washington gehört Sleater-Kinney zu den großen Attraktionen ihres Fachs. Sowohl Greil Marcus als auch Robert Christgau haben sie als beste Rockband der Welt gelobt. Selbstredend können Brownstein und Tucker auf die Bestätigung der alten, weißen Männer der Rockkritik verzichten. Aber wer will ihnen ernsthaft in der Sache widersprechen? Nur: so unmittelbar rocken Sleater-Kinney ja gar nicht. Oft liefern ihre Songs die feministische Kritik der Form gleich mit, es sind Rocksongs, die gegen die Grenzen des männlich geprägten Genres aufbegehren.

„Wir sind nicht hier, weil wir unterhalten wollen“, behauptet Tucker im manifestartigen „Entertain“. Sie steht am Bühnenrand – ihr Instrument hat sie der Gitarrentechnikerin überlassen – und fleht ihre Fans so inbrünstig wie zwiegespalten an: „Geht weg, geht nicht weg.“ Es ist die letzte Zugabe des Abends, am liebsten würde man hier nie wieder weggehen, sondern der Band – gleich drei Gastmusikerinnen ersetzen die geschasste Schlagzeugerin Janet Weiss – ihren Refrain „dig me out, dig me in“ (die vorletzte Zugabe) entgegenrufen.

Die Stücke vom aktuellen Album „Little Rope“ setzen sich direkter mit den dunklen Zeiten auseinander: „Die Hölle ist ein junger Mann mit einer Waffe“ heißt es in „Hell“, dem ersten Song des Abends, schon bricht der heilige Krach los, Brownsteins heulende Saiten umschlingen Tuckers brachial verzerrtes Stakkato, es sind waffenfähige Gitarren, Faschistenkiller im Sinne Woodie Guthries. Beste Rockband der Welt? Doch, da stimmen wir zu.