AboAbonnieren

So war der „Polizeiruf 110“Diese Influencerin tut alles, um gesehen zu werden

Lesezeit 3 Minuten
Im Bild ist zu sehen, wie Aalisha (Hannah Gharib, mitte) die Nähe zu ihrer Familie sucht. Mutter Halime (Tahani Salim, l.) und Schwester Nadira (Eman Dwagy, r.) sind im Vordergrund verschwommen zu sehen.

Hannah Gharib als Influencerin Aalisha im neuesten Polizeiruf „Unsterblich“

Im neuesten Polizeiruf 110 „Unsterblich“ geht es um eine Influencerin, die unbedingt gesehen werden will.

Jeder Mensch will gesehen werden. Der neueste Polizeiruf 110 mit dem Titel „Unsterblich“ treibt diesen Wunsch in Gestalt einer narzisstischen Influencerin auf die Spitze.

Der Fall des „Polizeiruf 110 - Unsterblich“

Die Ermittlung beginnt, weil Instagram-Star Aalisha Mansour (Hannah Gharib) vom Dach eines Shopping-Centers gestürzt ist. Zuvor hatten sich viele ihrer Follower wegen eines Skandals von ihr verabschiedet oder Hasskommentare geschrieben. Also ein Suizid? Doreen Brasch (Claudia Michelsen) vermutet einen Mord und auch der Autopsiebericht stellt klar, dass hier Gewalt im Spiel war.

Der größte Twist kommt schon zur Mitte der Folge: Bei der Leiche handelt es sich um eine Doppelgängerin. Die Influencerin ist gar nicht tot, sondern hat sich bei ihrer Partnerin Leonie Jaspers (Katharina Stark) versteckt. Eigentlich wollte Aalisha untertauchen, weil ihr Bruder sie schlägt und sie nach dem angetäuschten Suizid irgendwo ein neues Leben anfangen wollte.

Die Auflösung des Falls im „Polizeiruf 110“

So zumindest ihre Geschichte. In Wahrheit täuschte sie die Übergriffe ihres Bruders nur vor, um ihre Partnerin Leonie bis zum Äußersten zu treiben. Bei der Toten handelt es sich um eine Followerin, die ihr zufällig extrem ähnlich sah. Unter dem Vorwand eines Fotoshootings lockten sie die Unschuldige aufs Dach, Leonie bedrohte sie mit einer zerbrochenen Flasche und sie stürzte.

Als Aalishas narzisstische Ader immer weiter zutage tritt, merkt auch ihre Partnerin, dass die Influencerin um jeden Preis gesehen werden will. Den Wunsch erfüllt sie ihr: Leonie zwingt sie mit einem Messer wieder hinauf aufs Dach und filmt das Geschehen in einem Livestream, um die Wahrheit zu enthüllen. Dann stürzt sich Leonie vom Dach herunter - und Aalisha ergreift wieder ihr Handy, bevor sie verhaftet wird.

Fazit zum „Polizeiruf 110“ über Influencer

Der Sonntagskrimi findet immer wieder Szenen, um die Hauptfigur der Influencerin maximal unsympathisch zu machen. Dass sie sich mit einer obsessiv verknallten Partnerin umgibt, nur um dann ihrem Handy die volle Aufmerksamkeit zu schenken, macht überdeutlich, dass diese Figur nur um sich selbst kreist.

Aber wenn sie zu ihrer Familie zurückkehrt, kann sie einem fast Leid tun. Nicht mal wegen der Härte ihrer Geschwister, die vergangene Erfahrungen mit ihrer narzisstischen Schwester nicht vergessen haben, sondern vor allem wegen der Mutter. Die straft Aalisha mit einer Kühle, die einen spüren lässt, wie die Tochter innerlich an der Ablehnung zerbrochen ist. Die gefühlvollen Szenen verdanken sich nicht nur dem Drehbuch (Michael Gantenberg) und der Regie (Florian Knittel), sondern auch den schauspielerischen Leistungen, etwa von Hannah Gharib als Aalisha.

MDR gedenkt mit dem Fall auch Pablo Grant und Hendrik Arnst

Die Musik (Anne Müller) und die gelungenen Bilder wissen, Stimmung zu erzeugen. Dazu zählt etwa der Einstieg mit Nahaufnahmen einer Motte, die mit ihrer Suche nach Licht letztlich nur an einer Fensterscheibe kleben bleibt, so wie Aalisha auf dem Screen ihres Handys. Dass der Fall damit massiv Klischees um Influencer bedient, ist bedauerlich. Die größte Schwäche des Falls ist aber, dass nach der Enthüllung der Doppelgängerin kein Rätsel mehr übrig bleibt und die Spannung stark abfällt. Die eigentliche Ermittlung ist dann Nebensache.

Trotzdem ist der Fall sehenswert. Die raren Szenen, in denen Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler) die Verletzungen der letzten Folge auskuriert, sind Highlights. Seine Reflexion darüber, was nach dem Leben eigentlich von uns übrig bleibt, lassen einen an die beiden verstorbenen Schauspieler denken, die in diesem Polizeiruf zu sehen sind: Hendrik Arnst, der im Fall den Bewohner eines Pflegeheims spielt, verstarb am 2. Januar 2024 nach kurzer schwerer Krankheit mit 73 Jahren. Und Pablo Grant, der Kriminalobermeister Günther Márquez spielt, starb wegen einer Thrombose mit gerade einmal 26 Jahren.