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So war der PolizeirufWenn der gutaussehende Brandexperte einen Mord entfacht

Lesezeit 5 Minuten
Cris Blohm und Hanno Senoner sitzen nebeneinander auf einer Wiese und schauen dem Feuerwerk zu.

Kriminalhauptkommissarin Cris Blohm (Johanna Wokalek) erlebte in „Funkensommer“ gemeisam mit Brandermittler Hanno Senoner (Golo Euler) einige romantische Momente – wie hier im Schein eines Feuerwerks.

Der neue Polizeiruf aus München verrennt sich zwischen dem Drama um eine Brandleiche, Streitereien und Liebesromanzen. Doch das Ende sitzt.

Feuer, Feuer, Feuer – so könnte man den Polizeiruf „Funkensommer“ aus München, den zweiten Fall von Kriminalhauptkommissarin Cris Blohm (Johanna Wokalek) und ihrem Kollegen Dennis Eden (Stephan Zinner), in drei Worten zusammenfassen.

Der Fall

Zuerst ist da der Kriminalfall: Eine verbrannte Leiche wird nach einem Feuer in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude des Münchener Autoverleihkonzerns Hechtle aufgefunden. Die Identifizierung gestaltet sich schwierig, weder der Wachmann noch die Unternehmer-Familie können weiterhelfen. Gleichzeitig deutet die Untersuchung des Brandermittlers Hanno Senoner (Golo Euler) auf bewusst geplante Brandstiftung hin. Er hat entsprechende Indizien an dem Heizofen gefunden, von dem das Feuer ausging. Sehr anschaulich und detailliert beschreibt er den Kommissaren und Staatsanwältin Dr. Sertl (Jessica Kosmalla) das mögliche Vorgehen der Brandstifter.

Währenddessen entwickeln sich auch zwischen den Ermittlern einige Störfeuer. Blohm und Brand-Experte Senoner kommen sich näher, zum Missfallen des Ermittler-Kollegen Eden, der zu Beginn des Krimis stetig gegen den gutaussehenden Senoner hetzt. Ebenso sehr stört er sich daran, dass der Brandermittler sich vehement in die Ermittlungen einmischt und gegen die Familie Hechtle stichelt. Blohm muss sich nach ihrem Ofen-Plumpser zu Beginn der Folge peinliche und belächelnde Blicke gefallen lassen. Und die unterschiedlichen Ermittlungsmethoden von Blohm und Eden führen auch immer wieder zu kleinen Momenten der Zankerei.

Nichtsdestotrotz findet das Polizeipersonal wieder zusammen, als es im Bezug auf die Verdächtigungen der Hechtles ernst wird. Doch die Ermittlungen gegen die Familie, die von dem Feuer insofern profitieren würde, dass sie das Gebäude nun günstiger abreißen lassen können als vorher, laufen ins Leere. Stattdessen kommt der Wachmann Andreas Busch (Gerhard Wittman) ins Visier.

Die Auflösung

Denn er hat die Kommissare bei den Zeugenaussagen belogen. Der Wachmann kannte die Tote. Sie hieß Valentina Martinez (Veronica Santos Ruiz), kam aus Kolumbien, war Putzfrau bei dem Reinigungsunternehmen Tavach und nicht offiziell gemeldet. Am Tag des Brandes konnte aufgrund vergessener Dokumente nicht allein zu ihrer Wohnung zurückfahren. Busch hatte sie weiter oben in dem Gebäude in ein Zimmer gebracht, sie dort zum Warten aufgefordert. Doch als es zum Brand kam und er sie aus dem brennenden Gebäude herausholen wollte, hat sie seine Zeichen durch das Fenster missgedeutet und ist auf den Weg nach unten den Flammen zum Opfer gefallen. Für den Wachmann mehr als ein Schock.

Doch für den Brand selbst war der Wachmann nicht zuständig. Den hat jemand ganz anderes gelegt. Und zwar niemand anderes als Hanno Senoner im Auftrag der Familie Hechtle. Er hat den Ofen nach dem Brand klammheimlich ausgetauscht und die Spuren für Blohm und Eden bewusst in Richtung Familie Hechtle gelegt. Auch deshalb hat er die Beziehung zu Kommissarin Blohm begonnen – denn so kannte er stets den aktuellen Stand der Ermittlungen.

Den Wachmann wiederum hatte Senoner mit Geld bestochen, damit dieser ihn gewähren lässt – und ihn durch einen Brandanschlag eliminiert, bevor er den Kommissaren die ganze Wahrheit verrät.

Krimi thematisiert Gegensatz von Münchener Ober- und Unterschicht

„Funkensommer“ arbeitet zwischen all dem Krimidrama auch die Unterschiede zwischen der Welt der einflussreichen Unternehmer auf der einen Seite und den prekären Arbeitsbedingungen von einfachen Menschen auf der anderen Seite ab. Während sich Hechtle-Sohn Sandro (Frederic Linkemann) lautstark und cholerisch über ein klemmendes Garagentor an seiner Villa aufregt und mit einem Luxuswagen durch die Gegend fährt, quält sich die ausländische Putzfrau mit 6 Euro die Stunde und ohne offizielle Dokumente durchs Leben.

Leider bleibt es bei dieser doch recht oberflächlichen Betrachtung hängen, weil der Krimi mit der Liebesromanze um Blohm und Senoner einen anderen Handlungsstrang in den Fokus stellt.

Kommissarin auch in der Liebe cool

Denn das Feuer brennt auch zwischen der Münchener Kommissarin und dem Brandexperten ziemlich ordentlich. Jedoch bleibt „Crissi“ Blohm auch in der Liebe überraschend kühl und beherrscht. Schade, dabei wäre es interessant gewesen, in ihrem zweiten Fall eine neue Seite der Ermittlerin kennenzulernen.

Dass die beiden Ermittler-Darsteller und insbesondere Gerhard Wittman, der den Wachmann Busch spielt, ihre Rollen überzeugend darbieten können und die vor allem gegen Ende doch arg ziehende Handlung retten, ist auch der gelungenen Regie von Alexander Adolph (er schrieb auch das Drehbuch) und der Kamera-Arbeit von Alexander Fischerkoesen zu verdanken. Diese setzen das Drama des Gebäudebrandes und der tragischen Folgen für Putzfrau Valentina und Wachmann Andreas ebenso wie die Rekonstruktion des Tathergangs von Kommissarin Blohm visuell und musikalisch sehr dramatisch und emotional um. Und auch die Stadt München und die idyllische Natur- und Bergregion im Süden Deutschlands bekommen von ihnen die gebührende Aufmerksamkeit.

Das Fazit zum Polizeiruf aus München

Doch auch sie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Auflösung des Falls im Laufe des Krimis immer offensichtlicher wird – zumal, weil sowohl die Hechtles als auch der Wachmann Busch als Hauptschuldige nach und nach wegfallen (oder im Falle von Busch selbst Opfer eines Brandanschlags werden). Als dann Senoners Leidenschaft für Pyrotechnik deutlich wird, ist klar, worauf die Sache hinausläuft. Entsprechend kommt es am Ende auch zum Höhepunkt, als die Kommissarin ihren Geliebten mit der Tat konfrontiert.

„Funkensommer“, der letzte neue Polizeiruf vor der Krimi-Sommerpause, ist ein sehenswerter Krimi, der es allerdings nicht schafft, die spannenden Themen und Konstellationen, die er im Laufe der neunzig Minuten aufmacht, allesamt mit der gebührenden Tiefe zu behandeln. So gerät die Liebesromanze Blohms an einigen Stellen kitschig, auch das Männer-Gehabe von Eden und seinem Brandermittler-Kollegen wirkt etwas klischeehaft. Das Ende wiederum ist alles andere als Klischee.