So war der „Tatort“ aus der SchweizEin Feuerwerk der ausgelutschten Klischees
Köln – Mit dem „Tatort: Der Elefant im Raum“ haben sich die Schweizer Ermittler Flückiger und Ritschard vom ARD-Sonntagskrimi verabschiedet.
Der Fall
Reto Flückiger ließ sich von seiner Freundin überreden, sie zu einem Dinner auf einem Ausflugsschiff auf dem Vierwaldstättersee zu begleiten. An Bord war die Elite Luzerns, eingeladen hatte der zwielichtige Politiker Planker (Andrea Zogg). Doch dann wurde ein Anschlag verübt.
Für „Tatort“-Fans
„Tatorte“ gibt es viele: klassisch, experimentell, spannend oder doch eher langweilig? In unserer Vorschau erfahren Sie immer bereits ab Samstag, wie der kommende „Tatort“ werden wird.
Direkt im Anschluss an jede Sendung am Sonntagabend folgt dann unsere „Tatort“-Kritik.
Lichtblitze, Rauch, der Kapitän starb an Herversagen – und ein Passagier, Kantonsrat Ineichen (Martin Hug), der sich vorher mit Planker angelegt hatte, verschwand. Seine Leiche wurde später im Wasser gefunden.
Bei den Ermittlungen wurden Flückiger und seine Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer) auf Schritt und Tritt von Frédéric Roux (Fabian Krüger) verfolgt, der das Nachrichtenportal „Veritas News“ betrieb, der Politik und den „Mainstream-Medien“ den Kampf angesagt hatte und gerne auch mal das Loblied auf alternative Fakten sang.
Die Auflösung
Christian Streuli hatte vor einigen Jahren sein Restaurant verloren und musste nun als Servicekraft arbeiten. Bei dem Dinner traf er auf Planker, dem er die Schuld an seinem Abstieg gab. In einer Kurzschlussreaktion plante er als eine Art Weckruf den Anschlag.
Ineichen, den er eigentlich bewunderte, stieß er in Panik vom Boot, als dieser ihn erwischte und nicht unterstützen wollte. Streuli war Fan von „Veritas News“ und wollte am Ende Planken und die Chefredakteurin der örtlichen Tagesszeitung töten. Reto Flückiger konnte ihn allerdings aufhalten.
Das Thema
„Der Elefant im Raum“ sollte wohl ein gesellschafskritischer Fall über windige Geschäfte und die Gefahr von Fake News sein. Doch leider zündeten die Autoren Felix Benesch und Mats Frey vor allem ein Feuerwerk der ausgelutschten Klischees: Journalisten sind, um mal Flückiger zu zitieren, arrogante Klugscheißer, die es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Politiker sind schmierig und korrupt. Und geldgeil sind irgendwie alle.
Das war nicht nur ärgerlich, sondern vor allem kontraproduktiv. So fies, wie hier alle Vertreter aus Medien und Politik erschienen, musste man sich nicht wundern, wenn die Leute der Demokratie nicht mehr vertrauen.
Und manchmal war auch einfach falsch, was hier vorgetragen wurde. Wenn etwa „Veritas“Chef Frédéric Roux (Fabian Krüger, der es mit seinem Spiel ganz gewaltig übertrieb) Flückiger während eines Gesprächs einfach filmte und das dann hinterher so zusammenschnitt, dass dessen Aussagen im Sinn verzerrt wurden, entgegnete die Kollegin auf Flückigers berechtigte Kritik nur, das sei halt Pressefreiheit. Eben nicht. Aussagen zu verfälschen hat nichts mit Pressefreiheit zu tun.
So geriet die Botschaft des Films schon fast gefährlich: Wer sich ans Gesetz hält, ist der Dumme. An das Motto hielt sich dann auch Flückiger selbst. Wohnungsdurchsuchung ohne Beschluss? Illegale Methoden, um an Infos zu kommen?
Für Flückiger alles kein Problem. Es wirkte fast so, als arbeiteten die Autoren mit der Brechstange auf Flückigers Abschied vom Polizeidienst hin. Leider war dieses plötzliche Rambo-Gebaren überhaupt nicht nachvollziehbar.
Fazit
Nein, die große Liebe war es nie zwischen den TV-Zuschauern in Deutschland und dem „Tatort“ aus der Schweiz. Die Quoten waren meist mäßig, die Fälle leider häufig auch. Und dann kam noch das Problem der Synchronisation hinzu, die oft hölzern klang und Distanz schuf. Jetzt ist Schluss für Reto Flückiger und Liz Ritschard (Delia Mayer).
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Mit „Der Elefant im Raum“ verabschiedeten sie sich aus dem Kreis der „Tatort“-Ermittler. Im kommenden Jahr wird ein Frauen-Team aus Zürich übernehmen. Man hätte Gubser und Mayer einen würdigeren Abschied gewünscht, denn nach diesem verkorksten Fall wird ihnen vermutlich niemand eine Träne nachweinen.